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Quelle: rbb|24/Caroline Winkler

Virus rückt näher

Was bei einem Schweinepest-Fall in Deutschland passiert

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) rückt stetig näher. In Polen hat es bereits mehr als 2.000 infizierte Tiere gegeben - und Tiere halten sich bekanntlich nicht an Grenzen. Was genau passiert eigentlich, wenn das erste Tier in Brandenburg gefunden wird?

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) rückt näher. Im Nachbarland Polen hat es in diesem Jahr nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts [fli.de] bereits mehr als 2.170 Fälle (Stand Anfang Dezember 2019) gegeben.

Anfang Dezember war das Virus bei einem toten Wildschwein nur gut 42 Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt gefunden worden.  

Nur für Schweine tödlich

Die Afrikanische Schweinepest ist eine schwere Virusinfektion, die für Haus- und Wildschweine in der Regel tödlich verläuft, während sie für den Menschen ungefährlich ist. In der Regel stirbt ein infiziertes Schwein innerhalb von einer bis anderthalb Wochen.

Das Virus ist äußerst widerstandsfähig und behält lange die Fähigkeit, sich vermehren zu können - monatelang in frischem, gepökeltem, geräuchertem Fleisch oder Wurstwaren, jahrelang in Gefrierfleisch. Zudem überlebt es in Blut und Körperflüssigkeiten. Einen Impfstoff gibt es nicht.

So gehen Brandenburg und Berlin vor, wenn ein mit ASP infiziertes Schwein gemeldet wird:

Das Vorgehen im Ernstfall

Schweinepest-Verordnung

Vorgehen bei infiziertem Schwein in Deutschland

Variante 1

Infiziertes Wildschwein

Wird die Afrikanische Schweinepest (ASP) bei einem Wildschwein nachgewiesen, wird rund um den Fundort eine Sperrzone eingerichtet. Dabei handelt es sich um ein Gebiet von mindestens 15 Kilometern rund um den Fundort. Dieses gilt dann als gefährdetes Gebiet. Sollte es zu einem Schweinepest-Ausbruch in Brandenburg kommen, sieht der Seuchenalarm-Plan drei Restriktionszonen vor mit einer Kernzone von drei Kilometern um den Fundort des verendeten Wildschweins. Aus diesem dürften keine Hausschweine mehr herausgebracht werden. Sie dürfen aber auch nicht mehr draußen gehalten werden und Grünfutter innerhalb der Sperrzone nicht mehr an Hausschweine verfüttert werden. In der Realität werden daher die meisten Halter ihre Tiere töten lassen. Intensiviert wird in der Sperrzone nach einem Fund die Bejagung von Schwarzwild: Je näher der Fundort, desto intensiver die Maßnahmen zur Reduktion des Bestands. Ziel ist es, unbedingt zu vermeiden, dass möglicherweise erkrankte Tiere aus der Kernzone abwandern.

Das Veterinäramt kann den Sperrkreis frühestens sechs Monate nach dem letzten Nachweis von ASP bei Wildschweinen aufheben.

Variante 2

Infiziertes Hausschwein

Variante Hausschwein: Infiziert sich ein Hausschwein mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP), müssen alle Tiere des Betriebs sofort getötet und unschädlich beseitigt werden. Zudem wird es zwei Schutzzonen um das Gelände geben: Zum einen drei Kilometer um den betroffenen Betrieb einen Sperrbezirk. Für alle Schweine in diesem Schutzraum gibt es innerhalb von einer Woche eine klinische Untersuchung durch die Behörden. Selbst Haustiere dürfen nur mit Genehmigung in oder aus der Sperrzone gebracht werden. Hunde und Katzen müssen im Haus bleiben. Zusätzlich zum Sperrbezirk gelten mindestens sieben Kilometer um die Sperrzone als Beobachtungsgebiet.

In beiden Zonen gilt ein Transportverbot für Schweine und ein Verbot für künstliche Besamung. Die Behörde kann die Maßnahmen frühestens aufheben, wenn nach Grobreinigung und Desinfektion des Betriebes innerhalb von 45 Tagen kein weiterer ASP-Fall im Sperrbezirk aufgetreten ist.

Zudem sollen elektrische Netze verhindern, dass bereits infizierte Wildschweine mit Schweinen aus der Landwirtschaft in Kontakt kommen.

Wenn in Deutschland ein Seuchenfall (egal, ob Wild- oder Hausschwein) auftritt, darf deutsches Schweinefleisch außerhalb der Europäischen Union nicht gehandelt werden.

Variante 3

Infiziertes Schwein in Berlin

Gibt es einen Fall von Afrikanischer Schweinepest in Berlin, ist nicht der Senat, sondern sind die jeweiligen Berliner Bezirke selbst zuständig dafür, entsprechende Maßnahmen zu treffen. Dennoch gibt es von der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz Vorgaben: Auch in der Hauptstadt wird der Fundort des Wildschweines abgesperrt und desinfiziert. Im Anschluss wird es auch hier zwei Sperrkreise geben. Der unmittelbare Sperrkreis um den Fundort wird wahrscheinlich 1,5 Kilometer betragen. Um diesen soll es einen weiteren Beobachtungskreis geben. Die genauen Größen werden nach Angaben des Senats vom zuständigen Bezirksamt festgelegt.

Bei infizierten Hausschweinen gilt auch hier ein Sperrbezirk von mindestens 3 Kilometer und ein darumherumliegendes Beobachtungsgebiet von mindestens 10 Kilometern.

Da die Sperrkreise teils die Bezirksgrenzen überschreiten können, wird es in solchen Fällen einen sehr hohen Abstimmungsbedarf geben.

Welche Vorsichtsmaßnahmen werden ergriffen

Was das Verbraucherschutzministerium Brandenburg empfiehlt

- Zugang fremder Personen auf das unbedingt Nötigste beschränken

- Stall nur nach Desinfektion von Schuhen und mit Schutzkleidung betreten

- Zukauf von Tieren nur nach bekanntem Gesundheitsstatus

- keine Verfütterung von Speiseabfällen

- Einstreu und Futter vor Wildtieren geschützt lagern

- Schadnagerbekämpfung senkt Risiko von Seucheneinschleppung

- hygienische Trennung von Jagdzubehör und Schweinehaltung

- Freiland- und Auslaufhaltungen sollten mit doppelten sicheren Zäunen Kontakt zu Wildtieren ausschließen

Hygiene und manuelle Trennung

Jeder Kontakt von Haus- zu Wildschweinen muss ausgeschlossen werden.

Einige Landwirte treffen bereits Sicherheitsmaßnahmen, überprüfen etwa in hohem Takt alle Zäune oder schulen ihr Personal hinsichtlich Vorkehrungen. Landwirtschaftliche Fahrzeuge und Technik werden akribisch desinfiziert und gereinigt.

Nach Informationen des rbb sind auch Schilder mit der Aufschrift "Achtung! Betreten verboten, Seuchengefahr" gefragt. Landwirte aus den Landkreisen hätten sich außerdem bereits hinreichend mit Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln eingedeckt.

Jäger erhalten Geld für Blutprobe toter Tiere

Da ein erkranktes Tier mit bloßem Auge nicht erkennbar ist, sollen verdächtige Kadaver sowie Tiere mit Blut an Haut oder Schnauze sofort gemeldet werden. Jäger in Brandenburg, die tote Wildschweine melden und ihnen eine Blutprobe entnehmen erhalten eine Aufwandsentschädigung von 50 Euro.

Jagdquote und Abschussprämien für Wildschweine sind inzwischen auch in Berlin erhöht worden. Pro erlegtem Tier gibt es jetzt 100 Euro für die sechs Stadtjäger, die in der Hauptstadt Schweine schießen dürfen.

Die Auswertung der Blutprobe dauert etwa 24 Stunden. Anfassen oder gar transportieren solle man tote oder erkrankte Schweine auf keinen Fall, warnte DJV-Experte Reinwald. Bei verdächtigen Tieren wird eine Blutprobe entnommen, die dann in der Tierseuchendiagnostik im Landelabor Berlin-Brandenburg untersucht wird. Zudem sollte der genaue Fundort vermerkt werden.

Brandenburgs Landestierarzt Stephan Nickisch sagte, bei einem ASP-Nachweis werde ein Krisenstab einberufen und mit den Bekämpfungsmaßnahmen - wie dem Einrichten einer Sperrzone – begonnen.

Entsorgung von Speiseresten

Wer aus von der Schweinepest betroffenen Regionen nach Deutschland einreist, sollte Speisereste ausschließlich in geschlossenen Behältern (Abfallbehältern) entsorgen. In rohem Fleisch, gepökelten oder geräucherten Fleischwaren wie Schinken und Würsten (z.B. Salami) ist das Virus monatelang ansteckungsfähig.

Wie reagieren andere betroffene Länder

Bis Anfang Dezember 2019 waren in Polen laut dem Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) Greifswald, das in großem Umfang über die Tierseuche forscht, insgesamt 2.170 infizierte Wildschweine erfasst worden. Hausschweine waren hier nur 48 infiziert.

Die meisten infizierten Hausschweine gab es bislang in diesem Jahr mit 1.691 betroffenen Tieren in Rumänien. In allen anderen Ländern sind die Zahlen maximal zweistellig.

Binnen eines Jahres breitete sich der für Haus- und Wildschweine tödliche Erreger in großen Teilen Chinas und Vietnams aus. Auch Osteuropa, Russland, die Mongolei, weitere asiatische und viele afrikanische Staaten sind betroffen.

Als einzigem der in Europa vom aktuellen Seuchenzug betroffenen Länder gelang es bisher Tschechien, Infektionsherde hermetisch abzuriegeln und das Virus wieder loszuwerden. Etwa ein Jahr nach einem Ausbruch im Jahr 2017 galt das Land wieder als seuchenfrei.

Dänemark will seinen Schweinebestand mit einem etwa 70 Kilometer langen Zaun entlang der Grenze zu Deutschland schützen. Auch die Ausdünnung der in einigen Bundesländern sehr großen Schwarzwildbestände gilt als ein Mittel zur Seuchenprävention. Auch in Brandenburg werden wegen der drohenden Schweinepest-Gefahr mehr Wildschweine gejagt.

Zu erwartende wirtschaftliche Folgen

Was bedeutet ein Schweinepest-Fall für den Landwirt

Einer Mitteilung des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg aus dem Dezember 2018 zufolge, halten Viehbauern rund 750.000 Schweine in Brandenburg (laut Senatsverwaltung werden in Berlin nur rund 1.000 Schweine gehalten). Ein ASP-Befall – und auch schon nur ein infiziertes Schwein - kann für Landwirte den wirtschaftlichen Ruin bedeuten. Beim Nachweis bei einem Hausschwein muss der ganze Bestand getötet werden.

Zwar seien Landwirte im Fall eines Seuchenbefalls versichert, erklärt Landesbauernpräsident Wendorff dem rbb. "Wir haben natürlich Vorsorgeversicherungen, sogenannte Tierseuchenversicherungen, die für den Schaden aufkommen." Sie ersetzt dem Landwirt den Nettowert der Tiere.  Allerdings würden diese in der Regel nicht für Folgeschäden aufkommen. Müsse der komplette Schweinebestand im Fall einer Schweinepest gekeult werden und stünde der Stall infolge dessen ein Jahr leer, sei der Landwirt auf sich allein gestellt, so Wendorff.  

Beispiel China

Etwa ein Viertel aller Schweine auf der Welt dürfte an der Afrikanischen  Schweinepest sterben. Das prognostizierte der Präsident der Weltorganisation für Tiergesundheit. Dies mache Schweinefleisch teurer und könne Engpässe bei dem Lebensmittel und anderen aus Körperteilen des Schweins hergestellten Produkten nach sich ziehen, darunter der Blutverdünner Heparin.

Die Tierseuche hat im vergangenen Jahr China erreicht, wo die Hälfte aller Schweine auf der Welt lebt, was eine globale Krise entfacht hat. Der Preis von Schweinefleisch hat sich in China innerhalb eines Jahres verdoppelt. Auch in Deutschland ist dadurch der Preis für Schweinefleisch merklich angestiegen.

Schon heute hat die Schweinepest in China mehr als eine Billion Yuan, umgerechnet 127 Milliarden Euro, an direkten wirtschaftlichen Schäden angerichtet, schätzte ein Mitarbeiter von Chinas Landwirtschaftsuniversität.

Sendung: Brandenburg aktuell, 10.12.2019, 19:30 Uhr

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