Karlsruhe
Der Bundesgerichtshof hat das Mordurteil gegen den Hauptangeklagten der beiden Berliner Kudamm-Raser bestätigt. Über den zweiten Angeklagten muss das Berliner Landgericht dagegen nochmals verhandeln. Dessen Mordurteil hob der BGH in Karlsruhe auf.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Donnerstag das Mordurteil für einen der Berliner Kudamm-Raser bestätigt. Damit ist der Hauptangeklagte rechtskräftig verurteilt. Die Verurteilung wegen Mordes sei zuvor vom Berliner Landgericht "tragfähig" begründet worden, sagte die Vorsitzende Richterin Beate Sost-Scheible. Das Landgericht habe die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe fehlerfrei bejaht. Fehler bei der Beweiswürdigung zum Mordmerkmal der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln wirkten sich nicht auf die Strafe aus.
Dagegen muss das Berliner Landgericht den Fall des jüngeren Angeklagten zum dritten Mal verhandeln. Sein Wagen war nicht mit dem Auto des Unfallopfers kollidiert. Die Mittäterschaft des Angeklagten sei nicht belegt. "Mittäterschaft setzt einen gemeinsamen Tatentschluss voraus", sagte Sost-Scheible. Den habe das Landgericht aber nicht tragfähig begründet. Es gehe um Vorgänge, die sich in den Köpfen der Täter abspielen. Darin habe ein Tatrichter keinen Einblick. Sost-Scheible sprach von einer "außerordentlich schwierigen Aufgabe" für Gerichte, solche Fälle zu entscheiden. "Wir haben es nicht mit einem klassischen Tötungsdelikt zu tun."
Das Landgericht hatte die beiden Männer bereits zweimal wegen Mordes verurteilt. Dagegen gingen sie jeweils in Revision. Die Männer waren in der Nacht auf den 1. Februar 2016 mit über 160 Stundenkilometern über den Kurfürstendamm und die Tauentzienstraße gefahren. Sie lieferten sich über eine Strecke von etwa 1,5 Kilometern ein Autorennen mit hohen Geschwindigkeiten geliefert. Die roten Ampeln ignorierten sie.
Der Ältere der Beiden rammte auf einer Kreuzung mit bis zu 170 Kilometern pro Stunde ein Auto, das aus einer Seitenstraße kam. Der 69 Jahre alte Fahrer in dem Jeep, der durch den seitlichen Aufprall 25 Meter durch die Luft geschleudert wurde, hatte keine Überlebenschance, er starb noch am Unfallort. Die Wagen der Raser landeten in einem Hochbeet. Im Auto des Jüngeren saß eine Beifahrerin und wurde verletzt.
Die BGH-Richter beschäftigten sich bereits zum zweiten Mal mit dem Fall. Im Februar 2017 hatte das Berliner Landgericht beide Männer als Mörder verurteilt. Es war das erste Mordurteil gegen Autoraser in Deutschland. Die Verteidiger der Angeklagten legten daraufhin Revision ein. Der BGH hob das Mordurteil ein Jahr später wegen Rechtsfehlern auf, der Prozess begann von vorn. Das Berliner Landgericht verhängte im März 2019 wieder lebenslange Haft wegen Mordes.
Die Berliner Richter sahen drei Mordmerkmale erfüllt: Das Opfer sei völlig arg- und wehrlos gewesen. Bei der enormen Geschwindigkeit und unüberschaubaren Situation seien die Autos zum gemeingefährlichen Mittel geworden. Die Rücksichtslosigkeit und Selbstsucht der Männer spreche für niedrige Beweggründe.
Die beiden Männer, die seit vier Jahren und drei Monaten in Untersuchungshaft sitzen, legten erneut Revision ein. In der BGH-Verhandlung im April waren bereits vor allem bei dem zweiten Angeklagten Bedenken deutlich geworden, der den Wagen nicht selbst gerammt hatte. Das Berliner Landgericht hatte den zum Unfallzeitpunkt 24-Jährigen zweimal als Mittäter verurteilt.
Neben dem Verteidiger beantragte auch die Bundesanwaltschaft, das Mord-Urteil aufzuheben. Dass beide Männer sich ein illegales Rennen geliefert hatten, reiche für eine Verurteilung wegen Mordes nicht aus. Außerdem sei ungeklärt, ob der Unfall zu vermeiden gewesen wäre, wenn er das Rennen auf den letzten Metern abgebrochen hätte.
Sendung: Inforadio, 18.06.2020, 10:20 Uhr
Artikel im mobilen Angebot lesen