Warum die Landwirtschaft ein Dürreproblem hat - trotz Regen
Die Böden sind trocken, Bauern fürchten um ihre Ernte, die Waldbrandgefahr steigt. Dabei regnet es langfristig betrachtet nicht weniger als früher, so die Statistiken. Trotzdem droht Brandenburg wieder ein trockenes Jahr. Warum eigentlich? Von Götz Gringmuth-Dallmer
Die Situation ist absurd: Ein Blick aus dem Fenster zeigt an vielen Orten ein sattes Grün. In den vergangenen Tagen hat es auch häufiger geregnet. Dennoch brennen in Brandenburg immer häufiger Wälder, die Spree ist auf Wasser aus sächsischen Talsperren angewiesen und Landwirte müssen in einigen Landkreisen aufgrund der Futterknappheit Pflanzen auf Brachflächen an ihre Tiere verfüttern.
Brandenburg hat in den vergangenen Jahren zunehmend mit Trockenheit zu kämpfen. Dabei regnet es aufs Jahr gerechnet nicht weniger, wie ein Blick auf die Niederschlagsstatistiken zeigt.
Aber: "Das Wasser kommt zu spät", sagt Andreas Marx vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Boden und Pflanzen würden das Wasser in der Blütephase, also im Frühjahr benötigen, der Winterweizen in der Kornfüllphase im Juni und Juli, so der Klimaforscher.
Der fehlende Regen im Frühjahr wird deutlich, wenn man die Niederschlagswerte im April seit 2014 betrachtet. Um zu erkennen, ob es eher viel oder wenig geregnet hat, schauen sich Klimaforscher einen 30-jährigen Referenzzeitraum von 1961 bis 1990 an. Innerhalb dieses Zeitraums kamen in Brandenburg im April im Mittel 40,8 Liter pro Quadratmeter Niederschlag vom Himmel.
Im Vergleich dazu: Der seit 2014 niederschlagsreichste April war 2018 und kam lediglich auf 33,6 Liter pro Quadratmeter. Alle anderen Jahre liegen sogar unter diesem Wert. Besonders trocken war der April 2020: Gerade einmal durchschnittlich 11,1 Liter Niederschlag pro Quadratmeter wurden in Brandenburg gemessen. Auch der Juni 2020 war im Vergleich zu trocken.
Im langjährigen Mittel regnet es in Brandenburg jedes Jahr etwa gleich viel. Allerdings fehlt der Schnee im Winter. "Der Schnee hält den Boden aufnahmefähig und sorgt dafür, dass der Regen im Frühjahr normal versickern kann", sagt Carsten Linke vom Landesumweltamt Brandenburg.
Durch die steigenden Temperaturen beginnt gleichzeitig die Vegetationszeit früher. Der Niederschlag, der eigentlich das Grundwasser auffüllen sollte, geht ins Pflanzenwachstum. Dadurch verdunstet mehr Wasser an der Oberfläche. "Beim Grundwasser kommt dann deutlich weniger oder nichts mehr an", so Linke weiter.
Um diese steigende Verdunstung auszugleichen, müsste es wiederum deutlich mehr regnen als früher. Tut es aber nicht.
Es fehlt flächendeckender Landregen
Um die steigende Verdunstung auszugleichen, fällt also zu wenig Wasser vom Himmel auf die märkischen Felder - und dazu noch in der falschen Intensität. Denn die Landwirtschaft benötigt Landregen, also langanhaltenden gleichmäßigen Dauerregen.
Stattdessen fällt häufiger zu viel Regen in kurzer Zeit, den die Böden nicht aufnehmen können. Andreas Brömser, Agrarmetereologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD), erklärt: "Mit den durch den Klimawandel steigenden Temperaturen geht der Trend dahin, dass der größere Anteil des Niederschlags als Starkregen fällt. Also, dass die Menge zwar gleichbleibt, aber der flächendeckende Landregen seltener wird. Es regnet seltener, und wenn es regnet, dafür stärker."
Der Wald ist seit 2018 zu trocken
Besonders im tieferen Boden ist vom wenigen Regen, der in den vergangenen Monaten gefallen ist, offenbar nicht viel angekommen. Die folgende Grafik des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung zeigt, wie oft und wo seit 1952 in Brandenburg Dürre herrschte. Dürre bedeutet vereinfacht gesagt, dass der Boden verglichen mit dem langjährigen Mittel trockener ist. Der aktuelle Zustand weicht also von der langjährigen Statistik ab.
Dürremonitor für Brandenburg
Quelle: (Quelle: UfZ-Dürremonitor/ Helmholz-Zentrum für Umweltforschung, Friedrich Boening)
dunkelbraun = außergewöhnliche Dürre
Für den Wald in Brandenburg sieht es demnach im Moment schlecht aus. "Der Wald ist seit 2018 zu trocken, auch 2019 gab es ein Niederschlagsdefizit, so dass sich die Dürresituation im Gesamtboden verschärft hat", so Umweltforscher Marx. So sei es für den Gesamtboden wahrscheinlich, dass die Dürresituation anhält. "Das Wasserdefizit im Boden liegt flächendeckend jenseits von 100 Litern pro Quadratmetern. Daher helfen auch relativ hohe Niederschläge über einige Tage nur eingeschränkt. Nötig wäre überdurchschnittlicher Regen über mehrere Wochen bis einige Monate."
Fazit: Fehlender Schnee im Winter, Regen zur falschen Zeit, steigende Verdunstung sowie Starkregen, der vom Boden nicht aufgenommen werden kann, führen dazu, dass in Brandenburgs Böden anhalltender Wassermangel herrscht.