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Audio: rbb24 Inforadio | 25.09.2023 | Markus Streim | Quelle: Graefekiezfüralle

Modellprojekt in Berlin-Kreuzberg

Vandalismus gegen Parkplatz-Wegfall im Graefekiez

Parkplätze im Kreuzberger Graefekiez werden seit dem Frühjahr im Rahmen eines Modellprojekts umgestaltet: etwa zu Beeten oder Grünflächen. Doch nun sind diese mit kritischen Parolen besprüht - zum Ärger des Bezirks und mancher Anwohner.

Fast alle neuen Holzbänke und Blumenkästen sind schon beschmiert, mit Parolen gegen die rot-grüne Bezirkspolitik in Friedrichshain-Kreuzberg. "Kein Parkverbot im Kiez", "Fuck Rot-Grün" oder "Stop Project Graefekiez" ist seit mehr als einer Woche auf Hausfassaden oder Schildern rund um die Graefe- und Böckhstraße zu lesen.

Die Schmierereien richten sich offensichtlich gegen das im Frühjahr gestartete Modellprojekt im Graefekiez, mit dem binnen eines Jahres bis zu 400 private Auto-Stellplätze zugunsten von Grünflächen, Beeten, Fahrradständern oder sogenannten Parklets weichen sollen.

"Das sieht für mich nach derselben Schrift aus, es ist also eine Figur, die sich da geärgert hat", äußert eine Anwohnerin ihre Vermutung im Gespräch mit dem rbb am Montag. "Ich finde es sehr befremdlich, wenn jemand so ein Projekt so beschmiert, das ist doch peinlich", sagt ein anderer.

Quelle: Graefekiezfüralle

Bezirk: Kritik möglich, aber keine Sachbeschädigung

Auf rbb-Anfrage teilte das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg am Montag mit: "Dass das Projekt Graefekiez Befürworter*innen und gleichzeitig auch Gegner*innen hat, hat sich bereits nach dem ersten BVV-Beschluss gezeigt." Es gebe diverse Möglichkeiten, Kritik zu äußern. Hierbei handele es sich jedoch um Sachbeschädigung. Auch ein Infoschild sei beschmiert worden. Wer hinter dem Vandalismus stecken könnte, dazu habe das Bezirksamt keine Erkenntnisse, hieß es.

Tatsächlich wurde das Projekt bereits nach einem Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) im Juni 2022 kontrovers diskutiert. Eine Initiative aus Anwohnern sammelte mit Unterstützung der CDU in dem Bezirk mehr als 1.400 Unterschriften gegen das Vorhaben. Auch deshalb entschloss sich das Bezirksamt, von ursprünglichen Plänen über den Wegfall von bis zu 2.000 Parkplätzen im gesamten Kiez vorerst abzurücken.

Der Bereich, in dem das Modellprojekt im Graefekiez läuft | Quelle: rbb/Projekt Graefekiez

"Wenn man hier wohnt, braucht man auch Parkplätze"

Bislang sind im Kernbereich an der Graefe- sowie der Böckhstraße knapp 100 Parkplätze verschwunden. Anwohner haben teilweise selber die Möglichkeit, die Flächen umzugestalten. Zudem sollen an 13 Standorten Stationen für Sharing-Fahrzeuge wie Autos, Elektroroller, Fahr- oder Lastenräder sowie bis zu 37 Lade- und Lieferzonen für den Wirtschaftsverkehr entstehen.

Die zuständige Bezirksstadträtin für Verkehr, Annika Gerold (Grüne), nannte als Ziele des Projekts zum Start im März mehr Verkehrssicherheit, mehr Aufenthaltsqualität, Anpassung an den Klimawandel und bessere Bedingungen für den Wirtschaftsverkehr.

Doch auch ein knappes halbes Jahr später stößt das Projekt bei manchen Anwohnern auf Widerstand. "Ich finde es ätzend, dass man hier nicht mehr parken kann. Wenn man hier wohnt, braucht man auch Parkplätze. Hier ist es immer voll", sagt Daniel. Und auch Amiri halte Ausweichmöglichkeiten am Hermannplatz oder dem Kottbusser Tor für zu weit weg, sagt er. Betroffene können darüberhinaus ihr Auto für 50 Euro monatlich in einem Parkhaus unterstellen.


Parolen sollen entfernt werden - Strafanzeigen erstattet

Die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg sprachen vor wenigen Tagen bei X, vormals Twitter, bezüglich der Schmierereien von "groteskem Hass". Es seien durch das Verkehrsprojekt Wünsche der Anwohner umgesetzt worden. Nach Angaben des Bezirks sollen die Parolen in Kürze entfernt werden. Es wurden demnach auch Anzeigen erstattet.

Das Projekt, das auch die Sperrung eines Straßenzugs für den Durchgangsverkehr und Tempolimits umfasst, soll noch bis zum Frühjahr 2024 weitergehen. Dann soll die Bezirksverordnetenversammlung entscheiden, ob es fortgesetzt wird.

Sendung: rbb24 Inforadio, 25.09.2023, 15 Uhr

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