Kommentar zum Institut für Jüdische Theologie
Auch wenn viele Vorwürfe nicht belegt sind: Die Vorgänge am Abraham-Geiger-Kolleg und am Institut für Jüdische Theologie der Uni Potsdam sind ein Beispiel dafür was passiert, wenn die Macht in der Hand Weniger liegt. Von Hanno Christ
Der Bericht der Untersuchungskommission der Universität Potsdam hat es in sich. Auf 16 Seiten listet er die Vorwürfe auf, die sich maßgeblich gegen den Chef des Abraham-Geiger-Kollegs, Walter Homolka, richten – in diesem Fall in seiner Rolle als Professor am Institut für Jüdische Theologie der Uni Potsdam.
Von einem "Klima der Angst" etwa ist die Rede, von sprachlichen Herabwürdigungen. Das Institut für jüdische Studien aber auch weitere Einrichtungen gerieten weltweit in die Schlagzeilen. Der Bericht setzt keinen Schlusspunkt unter die teils vergifteten Debatten, sondern allenfalls eine Wegmarke. Der Schaden war groß und wird es auch nach diesem Bericht bleiben.
Die Kommission macht in ihren Empfehlungen an die Universität deutlich, dass es mehr Transparenz braucht, unabhängige Kontrollen und eine Überprüfung von Geschäftsordnungen. Und: Sie dringt auf eine Entflechtung der Leitungsfunktionen von Walter Homolka, zugleich Professor an der Uni Potsdam und Gründer und bisheriger Rektor des Abraham-Geiger-Kollegs.
Sie zeigt damit unmissverständlich nicht nur auf den einflussreichen Macher an der Spitze des Abraham-Geiger-Kollegs, sondern auch auf jene, die der Ämterhäufung und dem unkontrollierten Aufwuchs der jüdischen Institutionen zugeschaut haben. Universität und Landesregierung hätten es genauer wissen können. Stattdessen haben sie einen Apparat gedeihen lassen und co-finanziert, der auf nur eine Person zugeschnitten war. Es ist ein Versagen mit Ansage.
Brandenburg war lange Zeit das einzige Bundesland, das mit keiner Synagoge in einer Landeshauptstadt aufwarten konnte. Das lag maßgeblich an den zerstrittenen jüdischen Gemeinden Potsdams. Trotz Verwerfungen konnte der Bau nun begonnen werden, die Aussichten, dass er fertiggestellt wird, stehen gut. Bis dahin schuf der Streit auch eine große Repräsentations-Lücke jüdischen Lebens im Land.
Eine Lücke, die durch den umtriebigen Homolka geschlossen wurde. Wie kein anderer engagierte er sich für den Neuaufbau des liberalen Judentums in Deutschland. Potsdam, ja Brandenburg war plötzlich Nabel jüdischen Lebens in Deutschland. Es ist eine Leistung Homolkas, die auch die Untersuchungskommission anerkennt. Eine Leistung, mit der sich auch Brandenburgs Landesregierung schmückte.
Dabei vergessen wurde, dass auch vermeintlich honorige Funktionäre und Bundesverdienstkreuzträger einer Kontrolle durch Dritte bedürfen. Das Geflecht, das sich Homolka geschaffen hatte, schaut sich heute atemberaubend intransparent und verworren an. Homolka ist nun selbst darüber gestolpert. Die Frage ist, ob er die Institutionen, die er selbst geschaffen hat, auch mit sich in einen Abgrund reißt.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 26.10.2022, 19:30 Uhr
Beitrag von Hanno Christ
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