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Video: rbb24 Abendschau | 27.10.2022 | Marek Walde | Quelle: rbb/Marek Walde

Ausgezeichnet mit Mobilitätspreis

Zwei Tüftler verpassen der guten alten "Simson" einen E-Motor

Mopeds aus der DDR haben heute auch im Westen Kultstatus. Per Bausatz können Fans bald ihre "Simson" auf Elektro-Antrieb umstellen. Zwei Tüftler aus Berlin haben sich das ausgedacht - und haben den Mobilitätspreis in der Kategorie "Young Vision" gewonnen. Von Marek Walde

Ein DDR-Moped mit Elektro-Antrieb! Diese Vision entwickelte Carlo Schmid 2020 in einem Uni-Seminar. Nach zwei Jahren Entwicklung sind jetzt die ersten Elektro-Antriebe für die Kult-Zweiräder der Marke "Simson" fertig. "Ab und zu realisiere ich, was eigentlich gerade hier passiert - und das ist der absolute Wahnsinn. Also das ist auch ein großes Abenteuer für mich, so ein Unternehmen zu gründen", sagt der 24-Jährige.

7. Deutscher Mobilitätspreis

Für die Gründung von "Second Ride" hat sich der studierte Maschinenbauer Carlo Schmid den Betriebswirt Sebastian Marten mit ins Boot geholt – ebenfalls ein "Simson"-Fan: "Mein allererstes Fahrzeug war genau bei Carlo die "Simson". Das war der verbindende Nenner. Mich hat die Idee total angesprochen, und nachdem ich den Prototypen einmal gefahren bin war klar: Da will ich dabei sein."

Startgeld über Crowdfunding gesammelt

Anfang 2022 war der offizielle Übergang vom Uni Projekt zum Fahrzeug-Start-Up. Im Sommer haben die beiden rund 80.000 Euro über Crowdfunding gesammelt und so die ersten 30 Elektroantriebe finanziert.

Diese sind jetzt fast fertig und sollen in den nächsten Wochen verschickt werden. Denn: Den Antrieb müssen die Käufer selbst montieren. Die bisherige Sitzfläche wird gegen ein neues Polster ausgetauscht, in dem der Akku versteckt ist. Anstelle des Verbrennungsmotors wird ein Elektro-Antrieb montiert. Das Umrüsten soll in wenigen Stunden gelingen.

Das Unternehmen wächst

3.000 Euro soll ein Bausatz künftig kosten, rund 500 davon wollen sie 2023 verkaufen. Die Warteliste sei bereits gut gefüllt. Das Unternehmen wächst, in Niederschöneweide haben sie eigene Räume bezogen und einen Mitarbeiter neu eingestellt. "Wir sind hier vor vier bis sechs Wochen eingezogen, da lagen nur ein paar Paletten rum. Und jetzt sind die Regale voll, die Polsterei hat die ersten Sitzbänke geliefert, die Motoren sind da. Es ist ein schönes Gefühl, jetzt endlich so weit zu sein, die Sachen wirklich in die Hände der Leute zu geben, die schon darauf warten, elektrisch mit ihren "Simsons" zu fahren", sagt Sebastian Marten.

Umrüsten eines Fahrzeugs nachhaltiger als Neubau

Aktuell gibt es ihren Antrieb für die "Simson"-Baureihen S50, S51 und den Klassiker "Schwalbe". Weitere Modelle sollen nächstes Jahr folgen. Die Tüftler werden sich dabei langfristig nicht auf eine Marke festlegen, sondern ihr Produkt massentauglich machen.

Auch Autos wollen sie dafür ins Visier nehmen. Denn das Umrüsten eines bestehenden Fahrzeugs sei bedeutend nachhaltiger als der Neubau. Zumal sich der Trend in der Automobilindustrie aus der Sicht von Sebastian Marten in eine falsche Richtung bewegt: "Ich habe davor in der Automobilbranche gearbeitet, die jetzt auch in Richtung Elektro geht. Aber eben mit riesigen SUVs, die jetzt zwar mit Elektromotor produziert werden – doch fürs Klima eigentlich keinen Deut besser sind. Neben der Passion für "Simson" ist das für mich ein Grund gewesen, aus diesem Konzern rauszugehen und das Abenteuer mit Carlo zu starten."

Mitarbeiter in der Gründerszene

Start-ups klagen über Steuern auf Gewinne, die es nie geben könnte

In den USA sichern sich Start-ups kluge Köpfe, indem sie sie am möglichen Erfolg der Unternehmen beteiligen. In Deutschland gibt es steuerliche Hürden für solche Beteiligungsprogramme - zum Nachteil für Mitarbeiter. Von Franziska Ritter

Für dieses Abenteuer ist "Second Ride" jetzt in der Kategorie "Young Vision" für den Deutschen Mobilitätspreis nominiert. Für Carlo Schmid ist die Nominierung für eine der wichtigsten Auszeichnungen im Bereich Digitales und Mobilität eine "große Ehre". Außerdem werde dadurch die Aufmerksamkeit generell auf das Thema gelenkt, ergänzt Sebastian Marten. "Denn Retro-Fit, also die Umrüstung von bestehenden Fahrzeugen auf E-Mobilität, ist in Deutschland noch nicht so präsent, wie in anderen europäischen Ländern, was etwa Förderung angeht oder auch die Verknüpfung der Branche, der verschiedenen Start-Ups, die sich da formiert haben. Alleine schon nominiert zu sein, ist eine tolle Sache, um das Thema Retro-Fit einfach präsenter zu machen."

Sendung: rbb24 Abendschau, 27.10.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Marek Walde

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