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Audio: Fritz | 07.12.2022 | Max Käther & Helena Daehler | Quelle: dpa/J. Stratenschulte

Lange Wartezeiten deutschlandweit

Digitalisierung lässt Bafög-Auszahlungen stocken

Studierende warten aktuell länger auf ihre Bafög-Auszahlungen. Grund dafür ist ausgerechnet die Digitalisierung. Anträge können zwar online eingereicht werden, müssen dann aber im Amt ausgedruckt werden. Von Kira Pieper

Studentenwerke kämpfen mit den Auswirkungen einer misslungenen Digitalisierung der Bafög-Anträge. Das führt aktuell dazu, dass Studierende oft Monate lang auf ihre Bescheide und Geld warten müssen. Erschwerend kommen ein hoher Krankenstand und Fachkräftemangel in den Ämtern hinzu. Das haben Recherchen von funk, dem jungen Angebot von ARD und ZDF ergeben.

Auch in Berlin ist das Problem ersichtlich. Die Sprecherin des Berliner Studierendenwerks, Jana Judisch, sagte auf Nachfrage des rbb: Im Schnitt dauere es acht bis zehn Wochen, ehe Anträge bewilligt seien. Wenn einzelne Dokumente fehlten, könne es auch länger dauern.

Erstanträge sind besonders arbeitsintensiv

In Berlin haben im Jahr 2021 laut Statistischem Bundesamt 32.746 Studierende staatliche Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög) bekommen. Damit sind die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (32.280 im Jahr 2020). 625 Euro bekamen die Studenten 2021 im Schnitt monatlich ausgezahlt.

Um Bafög zu erhalten, müssen die Studierenden Formblätter ausfüllen und Nachweise – insbesondere Einkommensnachweise der Eltern – vorlegen. Vor allem Erstanträge – und davon gibt es im August und September besonders viele – sind oft nicht fehlerfrei, sie müssen also mehrfach überarbeitet werden. Und das kostet zusätzliche Zeit. Dazu kommen noch die Folgeanträge von Studierenden höherer Semester.

Digitale Anträge müssen ausgedruckt werden

Seit September 2021 können Bafög-Anträge auch digital eingereicht werden. Das klingt zunächst nach einer Erleichterung, ist es aber in der Praxis nicht. Denn um eine Akte anlegen zu können, müssen die Bafög-Anträge händisch ausgedruckt werden. Um diese Aufgabe zu bewerkstelligen, mussten in den Bafög-Ämtern Deutschlands – also auch in Berlin – Personal eingestellt werden. Und neben dem Personalmangel kam dann noch ein weiteres Problem hinzu: Papiermangel.

Das Bundesbildungsministerium bezeichnet auf Nachfrage des rbb die Bafög-Digitalisierung zwar als Erfolg. Schreibt aber gleichzeitig, dass die vollständige Digitalisierung in den Ämtern aktuell das größte Hindernis sei. Erst wenn die voll-digitale Antragstellung und Bearbeitung möglich sei, werde sich "der Erfolg auch auf Seiten der Ämter voll entfalten".

Zwar gehen den Studierenden keine Gelder seit Antragsstellung verloren, sie werden nur später ausgezahlt. Aber auch das ist ein Problem, denn Kosten wie Miete, Nebenkosten und Lebensmittelkosten laufen weiter.

Studierende wünschen sich Planungssicherheit

Für Student Ole, er studiert Geotechnologie an der Technischen Universität (TU) Berlin, ist die längere Wartezeit auf Geld eine Herausforderung. "Ich muss an mein Erspartes, um meine Miete zu bezahlen", sagt er im Gespräch mit dem RBB.

Studentin Luane wünscht sich ebenfalls mehr Sicherheit. Sie studiert Wirtschaftsingenieurswesen im 5. Semester und hatte im Oktober einen Folgeantrag gestellt. "Ich hatte dann noch eine Benachrichtigung gekriegt, dass ich einige Formulare nachreichen soll. Das ist auch schon wieder drei bis vier Wochen her", sagt sie. Bis heute stehe die Benachrichtigung aus, ob sie nun Bafög bewilligt bekommt und in welcher Höhe. Sie habe noch Glück, sagt sie, denn ihre Eltern könnten sie Unterstützung. "Aber viele Studenten bekommen das nicht."

Studierendenwerk hofft auf E-Akte

Die Sprecherin des Berliner Studierendenwerks, Jana Judisch, würde eine vollständige Digitalisierung bei der Bearbeitung der Bafög-Unterlagen sehr begrüßen. Aktuell würde sehr viel Zeit für das Ausdrucken der Unterlagen "verplempert" werden, sagt sie dem rbb. Es gibt Hoffnung, dass das bald kommen könnte: In Sachsen-Anhalt wird die E-Akte im kommenden Jahr eingeführt. Judisch hofft, das Berlin dann 2024 folgen wird.

Das Bundesbildungsministerium sagte auf rbb-Nachfrage ebenfalls: Wichtig sei, dass die E-Akte nun zügig in allen Bundesländern eingeführt werde. Immerhin sollen demnächst die Bescheide digital zugestellt werden können.

Sendung: Fritz, 07.12.2022, 08:25 Uhr

Beitrag von Kira Pieper

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