Siebenstöckiges Hotel, vier Restaurants, 3D-Kino
Das umstrittene Aquarium-Projekt Coral World soll auch nach dem Platzen des "Aqua-Dom" gebaut werden. Der rbb hat Einblick in die Baupläne erhalten, aus dem neue Details hervorgehen. Hotel und Aquarium sollen zudem im selben Gebäude entstehen. Von Anja Herr
Ein Bauschild mit Informationen zu Coral World gibt es immer noch nicht, an der Rummelsburger Bucht in Berlin-Lichtenberg. Dabei ist eigentlich seit dem 18. März klar, was das Unternehmen genau vorhat. An diesem Tag hat der Bezirk die Baugenehmigung erteilt. Aber eine anschauliche Visualisierung wollte bislang weder der Bezirk noch das Unternehmen zur Verfügung stellen. rbb|24 beantragte daraufhin Akteneinsicht.
Der Bauantrag im Stadtentwicklungsamt Lichtenberg ist nur schwarz-weiß, aber die Worte werden schnell zu Bildern. Von verschiedenen Schau- und Erlebnisbereichen ist da die Rede. Sie tragen Namen wie "Blauer Planet", "Nordsee", "Rotes Meer", "Great Barrier Reef", "Mangroven". Aber auch ein 3D-Kino, ein Taucherbereich, eine Bootsplattform und ein Zuchtbereich werden in der Beschreibung aufgeführt.
Im Erdgeschoss ist ein Museumsshop geplant. Die Einrichtung werde grundsätzlich keine Säugetiere oder Reptilien halten, heißt es. Es werde ein fachkundiger Veterinärmediziner unter Vertrag genommen. Vorgesehen sind außerdem Quarantäne-Einrichtungen für tropische Fische. Verwiesen wird zudem auf eine hohe Anzahl von Technikbereichen – diese dienten vorwiegend dem Tierwohl und der Sicherheit, heißt es im Text.
Und dann ist da, im selben Gebäude, das Hotel, siebenstöckig. Durch eine Brandwand getrennt vom Museum, die Nutzungen werden getrennt voneinander betrieben. Allerdings sind die beiden oberen Stockwerke von Hotel und Aquarium laut Bauantrag miteinander verbunden.
Das Hotel hat 169 Doppelzimmer, einen Fitnessraum und ein Restaurant mit Dachterrasse. Letzteres soll "den Hotelgästen tagsüber und abends einen angenehmen Aufenthaltsort bieten", so die Beschreibung im Bauantrag. Aber auch Gäste von außerhalb können es prinzipiell besuchen.
Beides zusammen ist das so genannte Wasserhaus. Neben dem Restaurant auf der Dachterrasse soll es drei weitere Gastronomien geben: Ein Bistro, ein Café, einen Biergarten. 500.000 Gäste erwartet das Unternehmen pro Jahr, bis zu 3.200 Menschen können maximal gleichzeitig ins Gebäude.
Es stellt sich die Frage, was all das damit zu tun hat, was ursprünglich geplant war. Oder besser gesagt, was offiziell geplant war. Es gibt ein Grobkonzept, das 2016 als Grundlage diente für den Verkauf des landeseigenen Grundstücks, es liegt dem rbb vor. Hier ist weder von einem Hotel die Rede, noch von einem Beherbergungsbetrieb, auch nicht von vier Gastronomien. Dass es sich um zwei Nutzungen handelt – einem Hotel einerseits, einem Museum andererseits - ist hier gar nicht ersichtlich. Die Rede ist lediglich von einem Wasserhaus, das Erlebnisbereiche zu den Themen Wasser, Naturschutz und Ökologie enthält sowie Angebote für Bildungseinrichtungen. Es finden sich blumige Formulierungen wie diese: "Der Fokus der Ausstellung liegt nicht allein auf dem Was, sondern auch auf dem Warum."
In einem weiteren Abschnitt wird darauf verwiesen, dass in den Obergeschossen Büros, Veranstaltungsräume und ergänzende Gewerbenutzungen vorgesehen seien. Letztere entpuppten sich im März als ein Hotel mit 169 Doppelzimmern, auch die vier Gastronomien fallen darunter. Anders als im Grobkonzept vorgesehen, werden sich laut Bauantrag allerdings auch Hotelzimmer im Erdgeschoss und in den ersten beiden Etagen befinden.
Dazu kommt, dass das Wasserhaus insgesamt größer werden soll als laut Bebauungsplan eigentlich erlaubt: Wie bereits im Januar bekannt wurde, überschreitet es die erlaubte Geschossfläche um etwa sieben Prozent. Der Bezirk hat hierfür eine so genannte "Befreiung vom Bebauungsplan" erteilt, obwohl dieser ohnehin sehr umstritten war.
All das wurde also, wenn auch unter großem Protest verschiedener Initiativen, vom Bezirk genehmigt. Darüber hinaus wollte das Unternehmen erreichen, dass Berlinerinnen und Berliner das Aquarium mitfinanzieren. Hierfür beantragte es eine öffentliche Förderung, so genannte GRW-Mittel, in Höhe von rund sieben Millionen Euro.
Die Förderung wurde allerdings abgelehnt, wie die Senatsverwaltung für Wirtschaft Anfang Mai mitteilte. Coral World musste bei der Beantragung auch eine Planung zur Rentabilität einreichen – ob diese überzeugend war oder letztlich zum Scheitern des Antrags führte, ließ die Senatsverwaltung offen.
Bauen wollte und will Coral World trotzdem. Und wird bei Planung und Marketing unterstützt von der Firma Business Network Marketing und Verlagsgesellschaft, sie beantwortet auch Presseanfragen. Die Firma ist eng verwoben mit der Wirtschaftsförderung Berlin Partner und wirbt damit, Strategien für den Dialog mit Verantwortlichen aus Politik, Verwaltung und Medien zu entwickeln: "Als Part des inneren Kreises haben wir Zugang zu politischen Entscheidungsträgern auf allen Ebenen und adressieren Ihre Botschaft genau dort, wo sie gehört werden muss", steht auf der Website.
Wendet man sich als Journalistin an die Firma, beantwortet Fragen zu Coral World mitunter Ralf Jaksch, der bis Juni 2022 noch Pressesprecher der CDU war. Wobei die Antworten meist spärlich ausfallen – bereits seit Ende vergangenen Jahres wird auf eine demnächst stattfindende Pressekonferenz verwiesen, auf der alle Fragen beantwortet würden. Allerdings wurde diese immer wieder auf unbestimmte Zeit verschoben und fand bislang nicht statt. Nun aber soll es schon sehr bald losgehen. Das Unternehmen teilte Anfang der Woche mit, dass der Bau im Januar starten solle.
Sendung: rbb24 Inforadio, 23.12.2022, 08:00 Uhr
Beitrag von Anja Herr
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