Grußkarten-Produktion in Hennigsdorf
"Frohe Weihnachten" oder "Schöne Adventszeit": Sekundenschnell sind solche Botschaften per Handy versendet. Doch auch die gute alte Grußkarte ist immer noch nicht ausgestorben. Davon profitiert auch ein Grußkartenproduzent aus Hennigsdorf. Von Karsten Zummack
Ein permanentes Rattern und Klappern schallt aus allen Ecken durch die riesige Fabrikhalle in einem Industriegebiet am Rande von Hennigsdorf (Oberhavel). Da füttert eine Mitarbeiterin eine eckige Industrieanlage stapelweise mit Grußkarten. Hier werden sie verpackt — 75 Stück pro Minute. Und natürlich werden die Produkte hier gedruckt und bedruckt.
Mediengestalter Marvin Hänisch steuert per PC einen großen digitalen Drucker an. Der spuckt lang gezogene Bögen aus. Auf jedem befinden sich vier Weihnachtskarten, bunt mit roten Häusern und grünen Tannen. Doch es handelt sich hier keineswegs um eine Last-Minute-Produktion für Kurzentschlossene, versichert der junge Mitarbeiter.
Stattdessen ist das Unternehmen mit seiner Herstellung der Zeit sogar voraus, in der Regel ein Jahr. Die Karten sind bereits für Weihnachten 2023. "Das hat mit langen Entscheidungswegen zu tun", erklärt Hänisch. Er verweist darauf, dass ein Entwurf entstehen muss. Anschließend gehe es an die Umsetzung, Dateien müssen angelegt werden. Deshalb spuckt der Drucker eben jetzt schon Weihnachtskarten aus, die wohl erst im kommenden Herbst den Weg in den Handel finden dürften.
Seit 87 Jahren bereits stellt die Kurt Eulzer Druck GmbH Grußkarten und Ähnliches her. Gegründet in Berlin, ist das Unternehmen 1997 nach Hennigsdorf umgezogen. Hier beschäftigt es aktuell etwa 90 Mitarbeiter. Sie stellen mithilfe moderner Maschinen etwa zehn Millionen Grußkarten im Jahr her, die im gesamten deutschsprachigen Raum verkauft werden.
Doch das Geschäft ist deutlich schwieriger geworden, nicht nur wegen neuer technischer Möglichkeiten. Auch ein Teil der Absatzmöglichkeiten ist weggebrochen. "Es gab früher 27.000 Lottoläden in ganz Deutschland, jetzt sind es 17.000. Dadurch fallen potenziell einige Kunden weg", beklagt Unternehmens-Juniorchef Benjamin Nowozin. Dieser Rückgang kann durch andere neu entstandene Geschäfte teilweise kompensiert werden. Zunehmend verkauft das Unternehmen ihre Produkte außerdem über Supermärkte.
Nicht nur die Vertriebswege ändern sich, sondern natürlich auch die Geschmäcker. Noch immer stellt das Hennigsdorfer Unternehmen die ganze Bandbreite an Grußkarten her. Die sind für Geburtstage bestimmt, für Glückwünsche zur Babygeburt, für traurige Anlässe sowie natürlich für Ostern und Weihnachten.
Doch kaum etwas scheint älter als die Grußkarte vom vergangenen Jahr. Deshalb müssen sie sich in so einem Verlag ständig neu erfinden. In der Grafikabteilung werden die Emotionen auf Papier entworfen, überarbeitet, hier wird experimentiert. "Die Zeiten sind schnelllebiger geworden", sagt Grafikerin Ramona Siegert mit Blick auf die vielen neuen Medien. Durch die per Handy verbreiteten Bilder müsse auch auf den Grußkarten "immer Neues zu sehen sein". Deshalb fließen Trends aus Whatsapp, Facebook oder Instagram inzwischen mit ein in die Hennigsdorfer Grußkartenproduktion.
Nach einer Flaute zu Beginn der 2000er-Jahre hat sich das Geschäft inzwischen stabilisiert. Das Hennigsdorfer Unternehmen setzt acht Millionen Euro im Jahr um. Und obwohl heute fast jeder ein Smartphone zum ganz schnellen Grüße-Versenden in der Tasche hat, glauben sie hier fest an die Zukunft ihrer Branche.
"Eine Grußkarte ist ein sehr emotionales Produkt. Über eine persönliche Karte, die man aus dem Briefkasten nehmen kann oder die persönlich übergeben wird, freut man sich mehr", glaubt Juniorchef Benjamin Nowozin. Das aktuelle Weihnachtsgeschäft macht ihm da Mut. Deshalb will das Unternehmen weitere zwei Millionen Euro investieren in die eigene Zukunft und die Weihnachtskarten von morgen.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 03.12.2022, 19:30 Uhr
Beitrag von Karsten Zummack
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