Durchsuchungen bei Mitgliedern
Die Staatsanwaltschaft Neuruppin wirft der Gruppe "Letzte Generation" vor, eine kriminelle Vereinigung zu sein. Sie habe sich zu Straftaten verabredet. Trifft dies auf die Klima-Aktivisten zu? So klar ist es nicht, meint ARD-Rechtsexperte Klaus Hempel.
Am Dienstag wurden bundesweit mehrere Wohnungen von Mitgliedern der Gruppe "Letzte Generation" durchsucht. Neben "Störung öffentlicher Betriebe" werde den Aktivisten der Vorwurf der "Bildung und Unterstützung krimineller Vereinigungen" gemacht, teilte die zuständige Staatsanwaltschaft Neuruppin mit.
Der Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung könne dadurch gegeben sein, wenn sich Beschuldigte wiederholt zu Straftaten verabredeten, sagte Staatsanwalt Cyrill Klement der Deutschen Presse-Agentur (DPA).
Für Brandenburgs Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) ist die Gruppe ebenfalls eine kriminelle Vereinigung an. "Eine Gruppierung, die gemeinschaftlich darauf ausgerichtet ist, planmäßig Straftaten zu begehen", erfülle den Tatbestand, "auch wenn die Straftaten einem vermeintlich höherwertigen Ziel dienen sollen", teilte die Politikerin mit.
Bei einer kriminellen Vereinigung muss es sich zunächst einmal um drei Personen handeln, erklärt Klaus Hempel aus der ARD-Rechtsredaktion. "Diese müssen die Vereinigung gegründet haben, um Straftaten zu begehen. Der Zweck dieser Vereinigung muss genau darauf hinauslaufen."
Der Zusammenschluss muss demnach auch auf Dauer angelegt sein. "Ein loses oder spontanes Zusammenkommen, um irgendwelche Straftaten zu begehen, reicht nicht aus", sagt der ARD-Rechtsexperte.
Im vorliegenden Fall sollen sich mehrere Personen gezielt zusammengeschlossen haben, um immer wieder die Öl-Raffinerie in Schwedt (Uckermark) zu attackieren, um dort den Ölhahn zuzudrehen. Das wäre nach Angaben Hempels das "gezielte Verabreden zu Straftaten".
Man könnte aber auch in Frage stellen, ob es sich wirklich um die Bildung einer kriminellen Vereinigung handelt. Denn den Klimaktivisten gehe es in erster Linie nicht darum, Straftaten zu begehen. "Diese sind aus ihrer Sicht nur ein Mittel zum eigentlichen Zweck der Aktionen – nämlich auf den Klimawandel aufmerksam zu machen", sagt der ARD-Rechtsexperte.
So könnten beispielsweise auch die Verteidiger der Beschuldigten argumentieren. Dem könnte man allerdings entgegenhalten, dass den Klima-Aktivisten durchaus bewusst ist, dass sie etwas Strafbares tun, um Aufmerksamkeit zu erregen.
Der vorliegende Fall verdeutliche, so Hempel, dass man sich streiten könnte, ob es sich um die Bildung einer kriminellen Vereinigung handelt. "Das ist nicht hundertprozentig sicher." Am Ende müssten dies die Gerichte klären.
Sendung: rbb24 Inforadio, 13.12.2022, 16:30 Uhr
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