Verlegungen auch nach Brandenburg
Die Lage in den Berliner Kinderkliniken ist angespannt, erste Kinder wurden in Brandenburger Krankenhäusern untergebracht. Die Charité will nun einen Überblick über die verfügbaren Kapazitäten erstellen.
In den Berliner Kinderkliniken gibt es zurzeit Engpässe. Der Direktor der Klinik für Pädiatrie und Intensivmedizin an der Charité, Markus Mall, sagte am Donnerstag im rbb24 Inforadio, die Situation sei insgesamt angespannt. Es komme zu längeren Wartezeiten in den Rettungsstellen. Die Charité habe schon Kinder zur stationären Behandlung nach Brandenburg verlegen müssen.
"Unsere Stationen, einschließlich der Intensivstation, sind seit mehreren Wochen stark belegt", teilte die Charité selbst mit. Immer häufiger müssten planbare Behandlungen und Operationen abgesagt werden. "Auch wir müssen aus unserer Notaufnahme Kinder in andere Kliniken in Berlin und Brandenburg verlegen, was sich aufgrund der allgemein angespannten Situation jedoch oftmals schwierig gestaltet."
Mall führte die Probleme darauf zurück, dass jahreszeitlich bedingt die Fälle von Atemwegsinfektionen bei Kindern stark gestiegen sind. Das treffe Berlin in einer Situation, in der Krankenhausbetten für Kinder ohnehin knapp seien.
Die Kliniken sind momentan vor allem durch die hohe Zahl von Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) belastet. In den kommenden Wochen sei mit weiter steigenden Zahlen zu rechnen, hatte es im Corona-Wochenbericht des Robert Koch-Instituts vergangene Woche geheißen. An RSV kann man in jedem Alter erkranken, aber vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern ist der Erreger bedeutsam. Er kann eine einfache Atemwegsinfektion hervorrufen, aber auch schwere Verläufe bis hin zum Tod sind möglich. Zu Risikopatienten zählt das RKI zum Beispiel Frühgeborene und Kinder mit Lungen-Vorerkrankungen, aber auch generell Menschen mit Immunschwäche oder unterdrücktem Immunsystem.
Die Charité will deshalb in den kommenden Tagen mit den anderen Kinderkliniken ein Netzwerk aufbauen, um einen genaueren Überblick über die verfügbaren Betten zu erhalten und die Versorgung zu verbessern, wie Mall sagte.
Vergleichbar sei das Vorgehen mit der Hochphase der Corona-Pandemie, hieß es von der Charité. Hier habe die Charité berlinweit die Belegung der Intensivbetten gesteuert und die schwersten Fälle versorgt. Das jetzige Vorgehen werde durch die Senatsverwaltung für Gesundheit unterstützt.
Kinderarzt Jakob Maske, Bundessprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, führte das Kapazitäten-Problem vor allem auf Personalmangel zurück. Hier müsse die Politik gegensteuern, damit medizinische Berufe attraktiver werden, hatte er am Freitag im rbb24 Inforadio gesagt.
Zuvor hatten Verbände von Kinder- und Jugendmedizinern in einem gemeinsamen offenen Brief an die Berliner Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) die Zustände in ihrem Bereich kritisiert. Es fehle generell an Pflegekräften, dadurch müssten immer weiter Betten abgebaut werden.
Trotz aller Bemühungen habe sich in den vergangenen Jahren wenig bis nichts getan. Auch die Bitten um ein Treffen mit der Senatorin seien bislang unbeantwortet geblieben, deshalb solle mit dem Offenen Brief wieder die Aufmerksamkeit auf das Problem gelenkt werden, hieß es.
Sendung: rbb24, 01.12.2022, 16:00 Uhr
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