Berlinerinnen unter den Opfern
Im Terrorismusprozess zum Lkw-Anschlag in Nizza im Jahr 2016 mit 86 Toten sind zwei Freunde des von der Polizei erschossenen Täters zu je 18 Jahren Haft verurteilt worden. "Sie haben den Täter moralisch und materiell unterstützt", sagte der Vorsitzende Richter Laurent Raviot am Dienstag in Paris.
Die beiden Angeklagten wussten laut Staatsanwaltschaft um die Gesinnung des Mannes und dass er in der Lage sei, einen Anschlag zu begehen. Auch sollen sie in die Suche nach einer Waffe eingebunden gewesen sein. Die beiden Freunde des Täters, der 47-jährige Mohamed Ghraieb, der die französische und tunesische Staatsangehörigkeit hat, und Chokri Chafroud, ein 43 Jahre alter Tunesier, wurden wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung verurteilt.
Das Gericht verhängte zudem zwölf Jahre Haft für den Mann, der dem Attentäter die Schusswaffe besorgt hatte, die der beim Anschlag benutzte. Die weiteren fünf Beschuldigten in dem Prozess, die laut Urteil ebenfalls in die Beschaffung der Pistole oder einer weiteren Waffe involviert waren, sollen zwischen zwei und acht Jahre in Haft. Die Angeklagten können noch Berufung gegen die Entscheidung des Gerichts einlegen.
Der 31-jährige Tunesier Mohamed Lahouaiej-Bouhlel, der am Nationalfeiertag 2016 mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge auf der Uferpromenade von Nizza gefahren war, habe "so viele Menschen wie möglich töten wollen", sagte der Richter. "Das Gericht ist überzeugt, dass der Anschlag am 14. Juli ein terroristischer Akt war." Der Prozess habe gezeigt, dass der Täter zwar ein Persönlichkeitsproblem gehabt habe, aber nicht psychisch krank gewesen sei.
Bei dem Terroranschlag waren auch zwei Schülerinnen sowie eine Lehrerin aus Berlin ums Leben gekommen.
Die Mutter der bei dem Anschlag getöteten Lehrerin aus Berlin reagierte enttäuscht auf das Urteil. "Ich hätte mir härtere Strafen gewünscht", sagte Barbara Bielfeldt. Ihre 29-jährige Tochter war zum Zeitpunkt des Anschlags auf Klassenfahrt in Nizza. Der Prozess habe die Erinnerung an die schlimme Zeit aufgewühlt, als sie in Nizza nach ihrer Tochter gesucht habe. "Das kann man nicht vergessen", sagte sie.
Die Anwältin zweier Hinterbliebener aus Berlin begrüßte dagegen das Urteil. Es habe ein Ende gesetzt, sagte Alexandra de Brossin de Méré der Deutschen Presse-Agentur (DPA) am Dienstagabend in Paris. Für die Hinterbliebenen beginne eine neue Zeitrechnung. Die Anwältin vertrat in dem Verfahren die Mutter einer der zwei beim Anschlag getöteten Berliner Schülerinnen und die der getöteten Lehrerin.
Sendung: rbb24 Abendschau, 13.12.2022, 19:30 Uhr
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