Berlin-Mitte
Ein Bündnis aus Gewerbetreibenden und Anwohnern will sich gegen die erneute Sperrung der Friedrichstraße für PKW wehren. Der Abschnitt zwischen Französischer und Leipziger Straße ist seit Montagmorgen wieder für Autos geschlossen.
Gewerbetreibende rund um die Berliner Friedrichstraße sowie Anwohner wollen massiv gegen die erneute Sperrung eines 500 Meter langen Abschnitts für Autos vorgehen. Das Bündnis "Rettet die Friedrichstraße!" kündigte an, dass Anrainer beim Bezirksamt Mitte Widerspruch gegen die Umwidmung der Straße zur Fußgängerzone einlegen. Die erneute Sperrung zwischen Französischer Straße und Leipziger Straße gilt seit Montagmorgen.
Außerdem sind demnach Klagen vor dem Verwaltungsgericht mit dem Ziel geplant, dass dieses eine aufschiebende Wirkung der Widersprüche anordnet. Sollte das Gericht dem folgen, müsste die Straße bis zum Abschluss der Widerspruchsverfahren offengehalten werden.
Als möglichen nächsten Schritt nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens behält sich das Bündnis eine Klage in der Hauptsache vor dem Verwaltungsgericht vor, wie Anwalt Marcel Templin ankündigte. Notfalls werde man dann durch alle Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht gehen.
Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) hatte am vergangenen Mittwoch die dauerhafte Sperrung der Straße zwischen Leipziger Straße und Französischer Straße für den motorisierten Verkehr angekündigt. Dieser Abschnitt war von August 2020 bis November 2022 schon einmal für Autos tabu, musste aber nach einer Gerichtsentscheidung, wonach es dafür nach Abschluss eines Verkehrsversuchs 2021 keine Rechtsgrundlage gab, zunächst wieder freigegeben werden.
Jarasch will die gesamte historische Mitte Berlins "fußgängerfreundlich" gestalten. Eine autofreie Friedrichstraße sei ein Baustein. Laut dem entsprechenden Amtsblatt dürfen nur noch Fußgänger, Radfahrer, kleine E-Fahrzeuge, Einsatzkräfte und Lieferwagen den Abschnitt nutzen. Dabei gelte "ein ganz klarer Vorrang für Fußgänger", sagte Jahrasch. So dürften etwa E-Scooter und Radler nur Schrittgeschwindigkeit fahren. Das Bündnis "Rettet die Friedrichstraße!" vermisst ein Konzept. Ihm gehören Gewerbetreibende und Initiativen an, unterstützt wird es vom Handelsverband Berlin-Brandenburg und dem Hotel- und Gaststättenverband Dehoga.
Verkehrssenatorin Jarasch hatte die Maßnahme mitten im Wahlkampf am vergangenen Mittwoch angekündigt. Das stieß auf heftige Kritik, auch in den Reihen der Regierungskoalition.
Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte, diese Aktion sei nicht mit dem Senat abgestimmt, sie halte diesen Alleingang nicht für durchdacht. Es fehle ein Gesamtkonzept. Man könne nicht einfach die Straße sperren und danach überlegen, was man dann tue. Ähnlich äußerte sich Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos). Damit stelle man die Idee einer echten Beteiligung von Anwohnern und Händlern infrage.
Linken-Vorsitzende Katina Schubert nannte die Ankündigung "Wahlkampfgeklingel". Auch Vertreter der Opposition und aus der Wirtschaft kritisierten die Sperrung. Jarasch verteidigte dagegen ihre Entscheidung. Die Friedrichstraße solle ein moderner Stadtraum werden.
Die Berliner CDU forderte am Montag ein Machtwort von Giffey. Eine "unabgestimmte Zwangsentwidmung der Grünen auf dem Rücken der Betroffenen" sei nicht hinnehmbar, heißt es in einem Statement der Partei. "Teilsperrungen in der Friedrichstraße ohne Sinn und Verstand bringen niemandem etwas – im Gegenteil. Frau Giffey hat sich mal wieder von den Grünen vorführen lassen", wird Kai Wegner, der Vorsitzende der CDU-Fraktion in Berlin in der Mitteilung zitiert.
"Morgen im Senat wird sich zeigen, ob ihre Empörung hier nur gespielt war. Wir erwarten ein klares Machtwort. Es kann nicht sein, dass Grünen-Politiker Gerichtsurteile ignorieren und Teilsperrungen auf dem Rücken von Betroffenen und dem Rest der Stadt erzwingen", sagte der 50-Jährige weiter.
Sendung: rbb24 Inforadio, 30.01.2023, 06:30 Uhr
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