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Video: rbb24 | 11.01.2022 | Material: rbb24 Abendschau | Quelle: IMAGO/Daniel Ingold

Fragen und Antworten

Grippewelle in Berlin und Brandenburg rückläufig - aber noch nicht vorbei

Auch wenn die Zahlen rückläufig sind: Noch immer erkranken in Berlin und Brandenburg überdurchschnittlich viele Menschen an der Influenza. Woran liegt's? Ist ein Ende der Grippewelle in Sicht? Und lohnt sich noch die Impfung? Alle Antworten im FAQ.

Wie hoch sind die Krankenstände?

Nach einem extrem starken Anstieg der Zahl der Grippe-Erkrankungen landesweit seit Ende November ist die Zahl über die Weihnachtsfeiertage laut RKI stark zurückgegangen. Doch noch immer sind die Krankenstände höher als im Vergleichszeitraum der vergangenen Jahre.

Vom Start der Grippesaison am 3. Oktober bis zum Neujahr sind in Brandenburg 11.185 Influenza-Fälle registriert worden, wie das Gesundheitsministerium unter Berufung auf Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) mitteilte. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 18 Fälle. Für Berlin waren es im gleichen Zeitraum 2022 über 9.000 positive Influenza-Testungen - die meisten davon im November und Dezember.

Den aktuellen Zahlen des RKI zufolge gehen zwar auch in Berlin und Brandenburg im Januar die Zahlen wieder zurück, die Region ist bundesweit jedoch weiter Spitzenreiter: Insgesamt sind hier 2.400 Fälle in der ersten Kalenderwoche registriert worden, teilte das RKI an diesem Mittwoch mit.

Ist die Grippewelle mit den sinkenden Zahlen überwunden?

Das lässt sich im Moment noch nicht gut einschätzen, sagt der Berliner Hausarzt Wolfgang Kreischer. "Wir haben das Phänomen, dass sich dieses Jahr drei Wellen überschneiden: Covid, Grippe und RS-Virus", so der Allgemeinmediziner. Für Laien sei schwer einschätzbar, ob es sich bei ihrer Erkrankung um eine Grippe handle. Zudem würden nicht alle Erkrankten einen Arzt aufsuchen. Kreischer zufolge bildeten die Zahlen nicht mehr die Realität ab, weil sich viele gar nicht testen lassen. Die Dunkelziffer an Grippe-Fällen dürfte dementsprechend höher liegen.

Auch das RKI teilt mit, dass erst in den kommenden Wochen beurteilt werden könne, wie sich die Grippewelle entwickelt. Weil viele Bundesländer in der ersten Kalenderwoche noch Schulferien hatten, lassen sich zum einen die Fälle zwischen den Ländern schlechter vergleichen, zum anderen nimmt in den Ferien erfahrungsgemäß die Zahl der Infektionen ab. Die letzte schwere Grippewelle war übrigens 2018.

Covid, RS-Virus, Grippe oder grippaler Infekt – was habe ich?

Eine Grippe erkennt man meist daran, dass sie sehr plötzlich auftritt. Als erste Symptome treten Fieber, Halsschmerzen und ein schweres Krankheitsgefühl auf. Eine Corona-Erkrankung baut sich meist langsamer auf und verschlimmert sich im Verlauf der ersten Tage. Zudem sind Corona-Infektionen oft mit einer plötzlichen Störung des Geruchs- und Geschmackssinns verbunden. Das passiert bei der Grippe eher selten und wenn dann auch erst schleichend. RS-Viren treten bei Erwachsenen selten auf, dabei handle es sich eher um eine typische Kleinkind-Infektion, so Allgemeinarzt Kreischer.

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Nicht zu verwechseln ist die Grippe mit dem grippalen Infekt, der von einer Vielzahl anderer Viren, nicht aber den Influenza-Viren ausgelöst wird. Am leichtesten erkennt man den Unterschied an den anfänglichen Symptomen: Der grippale Infekt kündigt sich ebenfalls schleichender an. Zudem sind Fieber und Gliederschmerzen bei einem grippalen Infekt seltener als bei einer Influenza. Sofern keine Komplikationen auftreten, dauert eine Erkältung auch nicht so lang wie die Grippe.

Ob bei Covid oder Grippe: Bei beiden Infektionen rät der Arzt zur Isolation. Bei Grippe dürfte die Isolationszeit aber meist schneller wieder vorbei sein: "Da reicht es, bis die Hauptsymptome abgeklungen sind, spätestens nach drei bis fünf Tagen dürfte man nach unserer Einschätzung nicht mehr ansteckend sein", so Kreischer.

Wie lange dauert eine Grippe-Erkrankung im Durchschnitt?

Insgesamt dauert eine Grippe im Durchschnitt zwischen fünf und sieben Tagen. In einigen schweren Fällen kann die Erkrankung länger dauern. Und auch die Begleitsymptome wie Husten und Schnupfen halten sich oft hartnäckiger, bis zu drei Wochen. Kinder sind durchschnittlich länger betroffen, etwa acht bis zehn Tage dauert eine Grippe bei ihnen.

Welche Variante ist diesen Winter besonders ansteckend?

Dominant ist in diesem Winter die sogenannte Influenza-A-Variante mit dem Subtyp H3N2, daneben kommt diesen Winter in geringerem Maße Typ A im Subtyp H1N1 sowie selten die Victoria-Viren vom Typ B vor.

Wie tödlich ist die Grippe diesen Winter?

Die Grippewelle ist in dieser Saison ungewöhnlich früh gestartet, deshalb stiegen auch die Todesfälle recht früh an. Seit der 40. Kalenderwoche 2022, also ab dem 3. Oktober, sind bis jetzt bundesweit 286 Todesfälle mit Influenzavirusinfektionen beim RKI gemeldet worden. Dabei handelt es sich um 272 Fälle mit der Influenza-A-Virusinfektion, zwölf nicht nach Influenza A beziehungsweise B differenzierte Fälle und zwei Infektionen mit den Influenza-B-Viren.

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Was Sie über das RS-Virus wissen sollten

Die Kinderkliniken in Berlin und Brandenburg sind aktuell überfüllt mit Kindern, die sich mit dem RS-Virus infiziert haben. Gefährlich kann das ausgerechnet für die ganz Kleinen werden.

Wie hoch ist die Impfquote bei der Grippeschutzimpfung?

Das RKI berechnet die Impfquote auf Datengrundlage der Kassenärztlichen Vereinigung. Für die aktuelle Saison gibt es noch keine abschließende Auswertung. In der vergangenen Saison lag die Impfquote bundesweit bei 43,3 Prozent – Berlin und Brandenburg lagen jeweils weit darüber mit 53 und 58,6 Prozent. Die Quote lag allerdings unter der Quote der Vorsaison 2020/21. Die Europäischen Union sieht eine Zielimpfquote von 75 Prozent bei älteren Menschen ab einem Alter von 60 Jahren vor – diese wird in der Region verfehlt.

Macht Impfen jetzt noch Sinn? Wenn ja, für wen und wann?

Generell sei in dieser Grippewelle für einen Schutz gegen einen schweren Verlauf noch nicht zu spät für eine Impfung, sagt die stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverband, Nicola Buhlinger-Göpfarth. Bis ein vollständiger Impfschutz aufgebaut ist, dauert es laut RKI zehn bis 14 Tage. Wie auch bei der Impfung gegen das Corona-Virus ist eine Impfung insbesondere für ältere Menschen und Risikogruppen empfehlenswert.

Die STIKO spricht sich hingegen nicht ausdrücklich dafür aus, immungesunde Kinder und jüngere Erwachsene gegen die Influenza zu impfen. Denn schwere Verläufe und Folgeerkrankungen seien bei Kindern und Jugendlichen selten. Allerdings übertragen die immungesünderen Jüngeren laut die Influenza wesentlich häufiger, ihre sogenannte "Secondary Attack Rate" ist deutlich höher [Studie: BMC].

Ein Drittel aller unter 18-Jährigen ist laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung infiziert auch ansteckend, obwohl sie keine Symptome entwickeln [BZgA.de]. Deshalb gilt bei ihnen: Eine Grippeschutzimpfung ist empfehlenswert, wenn sie viel Kontakt zu vulnerablen Personen wie zum Beispiel den Großeltern haben.

Sind in diesem Jahr die Impfstoffe weniger wirksam als in anderen Jahren?

Nein, im Gegenteil: Diese Saison ist ein besonders effektiver Grippeimpfschutz herausgebracht worden. Der Grippeimpfstoff wird jährlich angepasst auf die neuen Viren, sogenannte Mutanten. Dabei sammelt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit nach zirkulierenden Influenzaviren. In dieser Saison enthält der Impfstoff den aus der Südhalbkugel-Zirkulation bekannten Varianten des Influenza Typs A (H1N1 sowie H3N2) und des Typs B – vor allem Typ A (H3N2) löst in unserer Region dieses Jahr viele Influenza aus.

Wie verträglich sind Grippeschutz- mit Corona-Booster-Impfungen?

Anders als zu Beginn der Pandemie vermutet, können Impfungen laut Stiko-Empfehlung gleichzeitig stattfinden. Geimpft wird dann in unterschiedliche Arme. Da aber eine erhöhte Immunantwort zu erwarten ist, können verstärkt Impfreaktionen wie Schmerzen an den Einstichstellen, Rötungen und Schwellungen am Arm sowie allgemeine Erkältungssymptome auftreten. Bestehen aus persönlichen Gründen Zweifel an der Doppelimpfung, sollten Patientinnen und Patienten das Gespräch mit ihrem Allgemeinarzt oder der Hausärztin suchen.

Sendung: Inforadio, 11.01.2022, 17:29 Uhr

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