Vollautomatisierter Küchenzauber
Bestellt wird per App, zubereitet wird das Essen dann von einem Roboter: Was nach Hightech aus dem Labor klingt, ist in einer Berliner Kantine bereits im Einsatz. Wie es funktioniert - und wie es schmeckt. Von Lisa Splanemann
Ein grauer Roboterarm schwingt nach vorn, greift nach einem tiefen Topf, hebt ihn an und transportiert ihn nach links unter eine Öffnung. Ein Portion Nudeln fällt hinein. Erneut schwingt der Roboterarm nach vorn und setzt den befüllten Topf auf eine Induktionsplatte.
Was nach Hightech aus dem Labor klingt, ist in der Kantine bereits im Einsatz. Der Kantinenroboter wurde von dem jungen Berliner Unternehmen Aitme entwickelt und soll die Arbeitsabläufe in der Unternehmenskantine erleichtern. Der Roboter ist an einigen Standorten in Deutschland zu finden.
Der Kantinenroboter steht unter anderem auf dem AI Campus in Berlin-Gesundbrunnen. Die etwa acht Quadratmeter große Maschine befindet sich in einem großen, lichtdurchfluteten Raum mit bodentiefen Fenstern. Der Innenraum ist mit vielen grünen Pflanzen dekoriert, die Tische sind groß und werden durch helle Stühle umstellt. In einer Ecke steht eine große Couch umringt von Sesseln und Regalen. Die Einrichtung ist modern und funktional.
Neben dem Roboter steht eine Küchenzeile, auf der ein großes Tablet montiert ist. Kunden können von dort aus ihre Bestellung aufgeben. Zu ihnen gehört auch Nick le Fevre. Der Brite ist vor kurzem aus London nach Berlin gezogen und arbeitet für ein Unternehmen, das Startups fördert. Le Fevres Arbeitsplatz liegt auf dem AI Campus. Mehrmals pro Woche nutzt er den Kantinenroboter und bestellt sich darüber sein Mittagessen. "Das Essen war immer sehr gut und lecker, sodass ich immer wiederherkomme, um zu bestellen", so der Brite. Zuletzt habe er Nudeln mit Tomatensoße bestellt und auch diesmal entscheidet er sich für ein Nudelgericht.
Die Kunden bestellen vor Ort via Tablet oder per App auf dem Smartphone. Die Gerichte können bereits am Morgen vorbestellt und zur angegebenen Uhrzeit beim Roboter abgeholt werden. In einem digitalen Menü können die Kunden täglich aus bis zu fünf Mittagessen auswählen.
Nick le Fevre tippt auf dem Tablet-Bildschirm das Udon-Nudelgericht an. In der Übersicht kann er auswählen, auf welche Zutaten er verzichten und welche er hinzufügen möchte. Der Roboter stellt das Mittagessen im Anschluss individuell zusammen. Sobald der Bestellvorgang abgeschlossen ist, kann Nick le Fevre bezahlen.
Das Angebot des Kantinenroboters reicht vom Nudelgericht über Salatbowls bis hin zu Kaiserschmarrn. Das junge Unternehmen tüftelt immer wieder an neuen Gerichten. "Pommes kann der Robi nicht, dafür ist es aber möglich, Currywurst in einer speziellen Variante zu bestellen", erklärt Laura Wulff von Aitme. Sie ist eine der rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Berliner Unternehmens.
Aitme wurde 2019 gegründet und beschäftigt sich seitdem mit der Entwicklung und Optimierung des Küchenroboters. Am Berliner Standort am AI Campus steht der Prototyp – hier werden beispielsweise neue Gerichte ausprobiert. Damit alles reibungslos funktioniert, wird der Kantinenroboter überwacht. Der Operator ist für den technischen Support zuständig und greift im Notfall ein.
"Auf der linken Seite des Roboters befinden sich die Zutaten, die erhitzt werden wie etwa Nudeln", erklärt Operator Levin Meinke. Er hat Maschinenbau studiert und arbeitet nun für das Kantinenroboter-Unternehmen. In einem der sechs Töpfe werden die Zutaten vermengt und gleichzeitig erhitzt. Dabei wird der Kochtopf kontinuierlich über einer weißen Induktionsplatte gedreht. Ist der Vorgang abgeschlossen, greift der Roboterarm nach dem gefüllten Topf und schwenkt zur rechten Seite über. "Dort befinden sich die kalten Toppings – etwa Paprika für Salate oder die Salatdressings. Der Vorgang, bis ein Gericht fertiggestellt ist, dauert etwa fünf Minuten." Kunden wird auf einer digitalen Anzeige neben dem Roboter dargestellt, wann die Bestellung abholbereit ist.
Wenn das Gericht fertig ist, schiebt der zweite, rechte Roboterarm die bestellte Mahlzeit in ein Fach. Von dort aus können die Kunden das Gericht herausnehmen.
Der Kantinenroboter kann das Mittagessen zwar zusammenstellen und erhitzen, ist aber auch auf eine Küche im Hintergrund angewiesen. So müssen die Paprikastücke etwa bereits in der richtigen Größe vorgeschnitten sein. Drei Mal pro Woche wird der Roboter mit Lebensmitteln beliefert.
Bei Investoren konnte die Berliner Firma bereits viel Geld einsammeln. Aktuell ist der Kantinenroboter an zwei Standorten im Regelbetrieb, weitere sollen folgen. Ein Kantinenroboter kostet rund eine Viertel Million Euro, wird aber auch im Leasing-Modell angeboten.
"Der Kantinenroboter soll kein Personal ersetzen, wir verstehen das Modell vielmehr als Ergänzung zur bereits bestehenden Kantine", erklärt Laura Wulff von Aitme. So solle der Roboter beispielsweise zu Randzeiten oder nachts zum Einsatz kommen, wenn der reguläre Kantinenbetrieb nicht stattfindet. Auch in Hotels könnte sich ein solches Konzept anbieten, etwa, wenn Reisende erst spät abends einchecken und noch etwas essen möchten.
Nick le Fevres Gericht ist inzwischen fertig. Er öffnet eine Klappe, zieht den Pappbehälter aus dem Fach und setzt sich mit seinem Mittagessen an einen der vielen Tische. Er probiert eine handvoll Nudeln, nickt und sagt, "schmeckt gut, besser hätte ich es auch nicht kochen können" und spießt die nächste Portion Nudeln auf seine Gabel.
Sendung: 13.2.2023, Abendschau, 19:30 Uhr
Beitrag von Lisa Splanemann
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