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Quelle: dpa/Sebastian Gollnow

Teure und dreckige Holzöfen?

Heimeliger Feuerschein mit Nebenwirkungen

Die Energiekrise bringt viele Menschen dazu, nach Heiz-Alternativen zu suchen. Schornsteinfeger verzeichnen deswegen eine erhöhte Nachfrage nach Holzöfen. Doch Heizen mit Ofen ist nicht mehr günstig. Und auch nicht gerade sauber. Von Kira Pieper

Wärme braucht jede:r im Winter, allerdings ist Energie in diesem Winter teuer. Auf der Suche nach Heiz-Alternativen schaffen sich aktuell viele Berliner:innen und Brandenburger:innen Öfen an oder wollen alte Öfen reaktivieren. Zum Leid ihrer Nachbarn. rbb|24 erreichten einige Zuschriften, in denen Nutzer:innen von verrauchter Luft berichten.

Nach einer Berechnung des Umweltbundesamts (UBA) entsteht bei der Verbrennung von Holz im Schnitt 2.500 Mal mehr Feinstaub als bei einer Gasheizung. Offenbar ist das auch in der Region besonders an kalten Tagen draußen deutlich zu riechen und zu spüren. So schreibt ein rbb|24-Nutzer aus Pankow über die verrauchte Luft in seiner Wohngegend: "Ich konnte nicht mehr das Schlafzimmer meines dreijährigen Sohnes lüften, weil durch das Öffnen des Fensters verrauchte Luft in die Wohnung gelang." Deswegen würden nun alle Fenster in der Wohnung geschlossen bleiben. Diese Situation sei nicht hinnehmbar.

Nachfrage nach Holzöfen boomt seit Ukraine-Krieg

Das Umweltbundesamt erklärt auf rbb|24-Nachfrage: 2019 gab es in Deutschland 11,2 Millionen Einzelraumfeuerungsanlagen. Darunter 6,2 Millionen Kaminöfen, 200.000 Pelletöfen und 900.000 Holzkessel.

Konkretere Zahlen aus Berlin und Brandenburg liegen zwar nicht vor. Aber Experten äußern den Eindruck, dass das Interesse an Öfen steige. Norbert Skrobek, Schornsteinfegermeister aus Berlin-Kreuzberg, bestätigt rbb|24 die höhere Nachfrage nach Holzöfen und dass diese nun mehr genutzt würden. Vor dem Ukraine-Krieg habe er innerhalb eines halben Jahres sechs Anfragen zum Einbau von Öfen erhalten. Mit Beginn des Krieges seien es sechs Anfragen pro Tag gewesen.

Schornsteinfeger: "Man spart da gar nichts"

Die Nachfrage ebbe nun aber langsam ab, sagt Schornsteinfegermeister Skrobek. "Die Menschen merken, dass die Wartezeit für den Einbau von Öfen lang ist." Sie betrage aktuell sechs bis acht Monate, sagt er. Außerdem lasse die Nachfrage nach, weil die Menschen mertken, dass die Brennstoffe mittlerweile sehr teuer seien. Es geht sogar so weit, dass der Fachmann mittlerweile von Öfen abrät. "Man spart da gar nichts."

Ein Blick in die Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis) zeigt: Die Preise für Brennholz und Holzpellets haben sich im August 2022 um 85,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat erhöht. Damit stiegen die Preise in diesem Bereich wesentlich stärker als die Verbraucherpreise insgesamt. Diese nahmen im selben Zeitraum um 7,9 Prozent zu.

Schornsteinfegermeister Skrobek glaubt nach eigener Aussage nicht, dass die zusätzliche Rauchbelästigung sich nur auf die Anzahl der Öfen zurückführen lässt. "Oft entsteht Rauchbelästigung, weil Menschen ihren Ofen falsch nutzen. Sie nutzen falsche Brennstoffe, zum Beispiel Kohle im Kamin, und sorgen für keine gute Luftzufuhr. Oder das Holz ist zu feucht, weil es gerade frisch geschlagen ist."

Umweltbundesamt will in "zweite Phase" treten

Heizen mit Holz sollte maximal nur noch mit Filter gestattet sein

Heizen mit Holz und ohne Filter soll nach dem Willen des Umweltbundesamts nicht mehr gestattet sein. Damit könnte die Reduzierung der Feinstaubbelastung in eine neue Phase eintreten. Aber was heißt das jetzt für elf Millionen Holzöfenbesitzer?

Gefährliche ultrafeine Partikel

Bei der Holzverbrennung entstehen ultrafeine Partikel. Sie sind mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen, aber wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen: Sie dringen tief in die Atemwege vor. Und schaffen es sogar bis in den Blutkreislauf und bis in die Organe.

Die Folgen: Feinstaubpartikel im Körper können den Blutdruck erhöhen, die Lungenkapazität verringern und so Asthma begünstigen. Außerdem steht Feinstaub im Verdacht, Krebs zu erzeugen und Schlaganfälle auszulösen.

Die Europäische Umweltagentur (EEA) veröffentlichte für 2019 eine deutschlandweite Zahl zu Todesfällen. Demnach waren hierzulande 53.800 Menschen vorzeitig aufgrund von Feinstaub gestorben. Natürlich nicht nur, weil sie einer Ofenheizung ausgesetzt waren. Feinstaub entsteht auch an anderen Stellen, wie zum Beispiel im Straßenverkehr.

Feinstaubemissionen ähnlich wie im Straßenverkehr

Das UBA sagt allerdings, dass die Feinstaub-Emissionen der Holzfeuerungen in der Größenordnung der Emissionen aus dem Straßenverkehr lägen. Zum Vergleich: 2019 entstanden durch den Straßenverkehr im gesamten Jahr 18.590 Tonnen Feinstaub. Holzheizungen stießen – nur in der Wintersaison 2019 – 15.510 Tonnen Feinstaub aus. Gibt es nun tatsächlich mehr Holzheizungen, müsste auch die Feinstaubbelastung in dieser Saison höher ausfallen. Doch das UBA erklärt: Für den aktuellen Winter lägen noch keine Auswertungen vor.

Ähnlich fällt die Antwort aus dem Brandenburger Landesamt für Umwelt aus. Von dort heißt es: Bisher lägen keine Erkenntnisse über steigende Feinstaubimmissionen gegenüber den vorigen Jahren vor. Aber: Die vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass es einen Konzentrationsanstieg im Winterhalbjahr gebe. Es könnten allerdings keine konkrete Aussagen dazu getroffen werden, welchen Feinstaubanteil die Holzverbrennung dazu beigetragen habe.

Feinstaubbelastung durch Holzverbrennung teilweise bei 20 Prozent

Auch der Senatsverwaltung für Umwelt in Berlin liegen nach eigener Aussage noch keine aktuellen Feinstaub-Daten für diesen Winter vor. Die Heizsaison dauere noch zu kurz an, heißt es auf Nachfrage von rbb|24. Zudem spiele der Einfluss des Wetters bei der Partikelbelastung eine große Rolle, deswegen müssten größere Zeiträume untersucht werden, die Ergebnisse könnten somit erst zeitversetzt vorliegen.

Die Sprecherin teilte aber auch mit: Für die Beurteilung der Bedeutung von Partikeln aus der Holzverbrennung seien in Berlin in den vergangenen Jahren Untersuchungen durchgeführt worden. Für das Jahr 2017 etwa lag demnach an winterlichen Tagen mit erhöhten Partikelbelastungen der Anteil aus Holzverbrennung etwa bei 12 Prozent, in Spitzen auch bei mehr als 20 Prozent. Und: Ohne diese zusätzliche Belastung wären im Bezugsjahr deutlich weniger Überschreitungen des Tagesgrenzwerts zu verzeichnen gewesen.

Beitrag von Kira Pieper

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