Leitlinien für Gestaltung vorgestellt
Nach einer Neugestaltung soll der Checkpoint Charlie die historische Dimension des Ost-West-Konfliktes besser veranschaulichen. Dafür wurden nun Richtlinien aufgestellt. Die Chefin der Berliner Architektenkammer zeigt sich von den Plänen enttäuscht.
Mit insgesamt 22 Leitlinien will die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sicherstellen, dass das Areal um den ehemaligen Grenzkontrollpunkt Checkpoint Charlie zu einem würdigen Gedenkort wird. Die Leitlinien wurden im Rahmen eines städtebaulichen Dialogverfahrens erarbeitet und am Dienstagabend vorgestellt.
An dem im vergangenen Oktober gestarteten Dialogprozess "Checkpoint Charlie – neue Wege" waren alle betroffenen Bundes-, Landes- und Bezirksverwaltungen, das Landesdenkmalamt sowie die Stiftung Berliner Mauer beteiligt.
Die Leitlinien sehen unter anderem Auflagen für einen privaten Investor vor, der am Checkpoint Charlie zwei Grundstücke bebauen will. So soll etwa die Neubaufassade auf dem östlich der Friedrichstraße gelegenen Grundstück unterhalb von elf Metern Höhe "geschlossen" sein, das heißt, keine Fenster haben. Beim Grundstück auf der westlichen Seite soll dies zumindest für das Erdgeschoss gelten.
Damit solle beispielsweise verhindert werden, dass in den unteren Etagen Läden mit bunten Schaufenstern einziehen, die der Würde des geschichtsträchtigen Ortes nicht gerecht würden, hieß es am Abend. Auch für Außengastronomie, Werbung und andere kommerzielle Nutzungen soll es laut den Leitlinien rund um den Checkpoint Charlie Restriktionen geben.
Die Stadt selbst will auf den von ihr erworbenen Flächen einen Bildungs- und Erinnerungsort schaffen. Dabei sollen sich Ausstellungselemente sowohl im Innern eines Gebäudes als auch im Freiraum finden, etwa durch Markierungen im Bodenbelag. Insbesondere die historischen Brandwände der bestehenden Häuser am Checkpoint Charlie sollen als Geschichtszeugnisse "größtmögliche Sichtbarkeit" erlangen.
Auch die Verkehrssituation soll dem Gedenkort angepasst werden und die Friedrichstraße auf Höhe des ehemaligen Grenzkontrollpunkts verkehrsberuhigt werden. Touristenbusse dürfen dort dann nicht mehr unmittelbar am Ort halten. Die benachbarte Zimmerstraße soll zu einer Fahrradstraße umgewidmet werden.
Der Direktor der Stiftung Berliner Mauer, Axel Klausmeier, zeigte sich am Abend mit den in den Leitlinien gefunden Kompromissen zufrieden. "Das ist ein Ergebnis, das wir uns vor ein paar Jahren noch nicht vorstellen konnten", sagte Klausmeier dem rbb. "Ich denke, wir sind jetzt in eine Situation versetzt worden, einen Ort zu gestalten, der uns die historische Dimension vermitteln kann: Wir wollen Berliner Geschichte erzählen, wir wollen aber auch zeigen, dass diese Mauer Teil eines weltumspannenden Systemkonflikts gewesen ist."
Enttäuscht reagierte die Präsidentin der Berliner Architektenkammer, Theresa Keilhacker. Sie gehörte im Rahmen des Dialogverfahrens einem beratenden Gremium an. Sie kritisiert vor allem die Vorgaben zu den Neubaufassaden und spricht von einem "Berliner Kompromiss", die Fassade auf der Hälfte zu teilen. "Absurder kann es kaum noch gehen", sagt sie dem rbb.
Sie selbst hatte sich dafür stark gemacht, dass auch dort Brandwände geschaffen würden. Diese Variante hatte allerdings das Landesdenkmalamt abgelehnt. Die historischen kennzeichneten den Ort, deshalb "wollen wir keine zusätzlichen Brandwände, die es dann gewissermaßen unleserlich machen: Was ist hier historisch und was ist neu?", so Landeskonservator Christoph Rauhut zum rbb. "Insofern ist die Lösung, die jetzt in den Leitlinien formuliert ist, auch eine klare Abgrenzung zu den historischen Brandwänden."
Für das geplante Gebäude östlich der Friedrichstraße soll im Februar ein geschlossener Realisierungswettbewerb mit sieben Architekturbüros starten. Im Mai sollen Ergebnisse vorgestellt werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 25.01.2023, 8:00 Uhr
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