Studie
Ausbildungsplätze können nicht besetzt werden - diese Klage war in den letzten Jahren oft zu hören. Dabei beginnen einer Studie zufolge immer mehr Abiturienten eine Lehre. Für andere junge Menschen sieht es allerdings schlechter aus.
- Mehr als 47 Prozent der Abiturienten haben laut einer Studie zuletzt eine berufliche Lehre begonnen
- Anteil der Hauptschüler, die eine Lehre aufnehmen, ist deutlich gesunken
- DGB fordert Chancen auch für Jugendliche mit Hauptschulaubschluss
- IHK sieht Mangel an beruflicher Orientierung während der Schulzeit
Fast die Hälfte aller Abiturientinnen und Abiturienten entscheidet sich nach dem Schulabschluss mittlerweile für eine Lehre. Von noch 35 Prozent im Jahr 2011 ist ihr Anteil auf 47,4 Prozent im Jahr 2021 gestiegen.
Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie im Auftrag der Bertelsmann-Studie hervor. Von einer mangelnden Attraktivität der Berufsausbildung für Abiturienten und Abiturientinnen könne keine Rede sein, sagte Studienautor Dieter Dohmen laut Mitteilung.
Dagegen tun sich junge Menschen mit Hauptschulabschluss immer schwerer, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Innerhalb von zehn Jahren verringerte sich ihr Anteil um ein Fünftel. Im Jahr 2011 lag die Quote laut Studie sogar bei über 100 Prozent, weil in dem Jahr mehr Menschen eine berufliche Ausbildung begonnen, als im gleichen Jahr die Schulen mit Hauptschulabschluss verlassen haben - beispielsweise weil Personen aus früheren Schuljahrgängen eine Lehre aufnahmen. Inzwischen ist die Quote auf 84,4 Prozent gesunken.
Noch schlechter sieht es der Studie zufolge für junge Menschen ohne Schulabschluss aus. Im Jahr 2011 starteten von ihnen etwa 35 Prozent eine berufliche Ausbildung - zehn Jahre später lag die Quote nur noch bei 30 Prozent. Weitgehend gleich geblieben - bei gut 80 Prozent - ist der Anteil der Personen mit mittlerem Schulabschluss, die eine Lehre beginnen.
Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack sagte, es passe nicht zusammen, wenn Arbeitgeber einerseits über fehlende Bewerber klagten, auf der anderen Seite aber vielfach eine "Bestenauslese" betrieben. "Auch Jugendliche mit Hauptschulabschluss brauchen Chancen auf einen Ausbildungsplatz." Es gebe ein enormes Potenzial für mehr Ausbildung und damit zur Linderung des Fachkräftemangels, mahnte Hannack. Das ungenutzt zu lassen, könne sich die Gesellschaft nicht leisten. Bei der geplanten Ausbildungsgarantie müsse nachgebessert werden. Die Ampelparteien haben die Garantie in ihrem Koalitionsvertrag verankert.
Das hält die Deutsche Industrie- und Handelskammer für den falschen Weg. "Die Ausbildungschancen für junge Menschen sind heute besser denn je - von der Hauptschule bis zum Abitur", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Zuletzt habe es dreimal mehr offene Ausbildungsstellen als Bewerber gegeben. "Wir haben daher momentan keinen Mangel an Chancen, sondern vielmehr einen Mangel an Orientierung." Ein Ausbau der Berufsorientierung und eine bessere Vermittlung seien die richtigen Maßnahmen.
Die Zahl der Ausbildungsverhältnisse ging der Studie zufolge im langfristigen Vergleich zurück: während beim letzten Höchststand 2007 gut 844.000 Menschen in Ausbildung waren, lag die Zahl 2021 bei 706.000. Zu dem Einschnitt kam es während der Pandemie. In den Jahren davor war die Zahl leicht gestiegen.
Sendung: Fritz, 24.01.2023, 13:30 Uhr
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