Corona-Bericht für Berlin und Brandenburg
Homeoffice und Maskenpflicht haben dazu geführt, dass sich trotz Corona während der Pandemie weniger Menschen in Berlin und Brandenburg krankmeldeten. Auf dem Bau und im Gesundheitswesen gilt das nicht – hier ging der Krankenstand teils hoch. Von Angela Ulrich
Trotz Corona ist der Krankenstand in den vergangenen Jahren in der Region insgesamt gesunken. Von 2019 bis 2021 haben sich vor allem in Berlin immer weniger Beschäftigte krankschreiben lassen, heißt es im länderübergreifenden Gesundheitsbericht Berlin-Brandenburg 2022. Betrug der Krankenstand in Berlin im Jahr 2019 noch fünf Prozent, sank er bis 2021 deutlich auf 4,6 Prozent. Im gleichen Zeitraum war der Rückgang in Brandenburg weniger stark - von 6,5 Prozent der Beschäftigten 2019 auf 6,3 Prozent im Jahr 2021. Damit liegt der Krankenstand in Berlin unter dem Bundesdurchschnitt und in Brandenburg darüber.
Allerdings dauerten die Krankschreibungen im Schnitt länger: in Berlin fielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer statt 13,5 Kalendertage (2019) zwei Jahre später 15,8 Tage aus. In Brandenburg verlängerten sich Krankschreibungen von 14,9 auf 16,7 Tage. "Das sind schon deutlich längere Krankschreibungen", erklärte Kai Bindseil, Abteilungsleiter Gesundheit von Berlin-Partner, die die Studie koordiniert haben. Insbesondere im ersten Jahr der Pandemie gab es demnach deutlich mehr längere und weniger kurze Krankschreibungen.
Laut Bericht liegt der Rückgang der Fehlzeiten wohl auch daran, dass viele Menschen im Homeoffice gearbeitet haben. Sie haben sich weniger häufig angesteckt oder haben bei leichten Erkrankungen von zuhause weitergearbeitet. Auch im Gastgewerbe gab es weniger Krankmeldungen. Das lag allerdings nicht am Homeoffice, sondern daran, dass Beschäftigte in den Jahren 2020/21 dort nur eingeschränkt oder gar nicht arbeiten konnten. Ausnahmen gibt es für Branchen wie das Gesundheitswesen und das Baugewerbe, wo Homeoffice nicht möglich war – dort nahmen die Krankschreibungen gerade im Jahr 2020 gegen den Trend zu.
Auch bei der Frage, woran Berlinerinnen und Brandenburger erkrankten, gab es Veränderungen. So haben psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen zugenommen und sind 2021 in Berlin zur größten Erkrankungsgruppe geworden. Gefolgt von Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems, vor allem Rückenschmerzen, die aber leicht abgenommen haben. "Wir werden dies stärker in unseren Präventionsangeboten berücksichtigen und verstärkt auf psychische Erkrankungen schauen", kündigt Dirk Rothenpieler an, Abteilungsleiter Gesundheit in der Berliner Senatsgesundheitsverwaltung. In Brandenburg ist es genau andersherum – hier führen die Rücken- und andere Muskelschmerzen die Krankheits-Statistik an. Mentale Erkrankungen stehen auf Platz zwei.
In beiden Bundesländern sind hingegen Atemwegserkrankungen in den letzten drei Jahren deutlich zurückgegangen. Entsprechend sind die Fehltage durch solche Infektionen weniger geworden. Masken-Tragen hat geholfen, sagen die Studien-Autoren - durch die Maskenpflicht sind die Infektionserkrankungen seltener geworden.
Der Gesundheitsbericht vermerkt, dass die Zahl der anerkannten Berufskrankheiten während der Covid-Pandemie deutlich angestiegen ist. Betroffen sind vor allem Beschäftigte in der Krankenpflege und in anderen Bereichen des Gesundheitswesens. "Das macht uns Sorge", sagt der Brandenburger Gesundheitsstaatssekretär Michael Ranft, und fordert neben der Krankenhaus-Reform auch verstärkte Pläne des Bundes, um Pflegekräfte vor allem in der Langzeitpflege zu entlasten. "Diese stehen weiter unter enormem Druck", so Ranft.
Berlinweit meldet der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit 3,3 Prozent den niedrigsten Krankenstand, gefolgt von Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf. Die meisten Berlinerinnen und Berliner lassen sich in Spandau und Marzahn-Hellersdorf krankschreiben (5,8 Prozent), gefolgt von Reinickendorf. Dies liegt unter anderem in der Altersstruktur der Bezirke begründet – mit vielen jungen Leuten in der Innenstadt im Gegensatz zu Älteren in den Außenbezirken. In Brandenburg sind die Krankenstände insgesamt höher und unterschiedlicher als in Berlin: von 4,9 Prozent in Potsdam bis 7,3 Prozent im Elbe-Elster-Kreis.
Auch Langzeitfolgen durch Covid 19-Infektionen wurden im Gesundheitsbericht abgefragt. Allerdings räumen die Autoren ein, dass sie "nach wie vor noch wenig wissen" von dieser Erkrankung, die "vielfach Menschen im jüngeren und mittleren Erwerbsalter" trifft. "Hier müssen wir viel mehr forschen, zu Long und Post Covid", sagt Susanne Hertzer, Leiterin der TK-Landesvertretung für Berlin und Brandenburg, und kündigt Unterstützung der Krankenkassen an.
Der Länderübergreifende Gesundheitsbericht Berlin-Brandenburg 2022 vereint Daten von sechs gesetzlichen Krankenkassen, der Deutschen Rentenversicherung sowie der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Er ist zum sechsten Mal erschienen. Damit soll das betriebliche Gesundheitsmanagement weiterentwickelt werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 21.02.2023, 12 Uhr
Beitrag von Angela Ulrich
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