Schäden durch Hochhausbau in Berlin
Die Bauarbeiten am Covivio-Tower haben den Tunnel der U2 unter dem Alexanderplatz beschädigt. Ein spezielles Verfahren soll nun den Tunnel absichern: Gebraucht werden Zement, Stahl und sehr, sehr lange Spritzen. Von Sebastian Schöbel und Boris Hermel
Oben Hochhäuser, unten die U-Bahn: Im Masterplan für den Berliner Alexanderplatz von Star-Architekt Hans Kollhoff gehörten beide Welten untrennbar zusammen. In der Mitte des "Alex" hatte Kollhoff sogar extra eine große, runde Glaslinse geplant: Man sollte von oben hinab in den U-Bahnhof blicken können, wie ein Schaufenster in die rastlose Berliner Unterwelt. Dass ausgerechnet die von Kollhoff erdachten Hochhäuser am Alex einmal genau diese U-Bahn-Tunnel gefährden würden, hatte 1993 aber mutmaßlich niemand erwartet.
Nun aber ist genau das geschehen: Die Baugrube für den Turm, den der französische Investor Covivio neben dem Park Inn Hotel plant, hat den Tunnel der U-Bahnlinie 2 beschädigt. Seit vier Monaten ist der U-Bahn-Verkehr unterbrochen. Nach jetzigem Stand pendelt die U2 bis August nur zwischen Klosterstraße und Senefelderplatz.
Behördenunterlagen, die dem rbb vorliegen, zeigen das Ausmaß der Schäden: Die Stützwände, die die Baugrube absichern sollen, haben dem Druck des Grundwassers nicht standgehalten und wurden um mehr als fünf Zentimeter eingedrückt - so stark, dass daraufhin der ebenfalls im Grundwasser liegende Tunnel der U2 direkt daneben auf einer Seite um fast vier Zentimeter abgerutscht ist. Das klingt wenig, hat aber schon zu Wassereinbrüchen im Tunnel geführt, heißt es in den Unterlagen.
Über die Schuldfrage wird noch zu reden sein: Wurde bei der Genehmigung geschlampt? Oder hat der Investor das Risiko unterschätzt? Dass der Alexanderplatz kein einfaches Baufeld ist, war bekannt. So hatte sich bei einer Baustelle direkt nebenan der US-Investor Hines für sein Hochhaus mit der BVG nach langen Verhandlungen auf eine 30 Millionen Euro teure Absicherung des U5-Tunnels geeinigt. Beim Covivio-Turm hingegen beließ man es bei Sensoren, die bei einer möglichen Beschädigung des U-Bahn-Tunnels Alarm schlagen sollten - was im Oktober dann auch geschah.
Zunächst soll es aber erst einmal darum gehen, Lösungen zu finden. Am Montag treffen sich Vertreter von BVG, Covivio, Bezirk und Senat, um zu besprechen, wie die Baugrube und der U-Bahnhof abgesichert werden können.
Im Gespräch ist nach rbb-Informationen ein aufwändiges Verfahren: Zunächst sollen Stahl-Anker die Baugrube stabilisieren. Danach will Covivio sogenannte Injektionslanzen von der Grube aus durch die Wand unter den Bahnhof einbringen und eine spezielle Emulsion einspritzen, um den Grund unter dem Bahnhof härter zu machen. Danach wird mit den Lanzen eine weitere Zement-Emulsion direkt unter den Bahnhofstunnel gespritzt, um den Tunnel um knapp vier Zentimeter anzuheben.
Bis Ende der Sommerferien, im August, soll die U-Bahn wieder rollen. So zumindest lautet der Plan, auf den sich alle Beteiligten geeinigt haben sollen. Über die Kosten für den Investor wurde bislang geschwiegen, mehrere Millionen Euro aber dürften es wohl werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 06.02.2023, 19:30 Uhr
Beitrag von Sebastian Schöbel und Boris Hermel
Artikel im mobilen Angebot lesen