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Quelle: dpa/Jens Kalaene

Fragen und Antworten

Was der Grundsteuerbescheid aussagt - und wann man widersprechen sollte

Schon das Ausfüllen der Grundsteuererklärung war für viele Immobilienbesitzer kompliziert - die Bescheide, die nun ausgestellt werden, werfen oft noch mehr Fragen auf. rbb|24 erklärt wichtige Punkte der Berechung und wann Widerspruch sinnvoll ist.

Nach einer Grundsteuerreform vor vier Jahren müssen in Deutschland Millionen Immobilien neu bewertet werden. Besitzer von Häusern, Wohnungen oder Grundstücken wurden daher in den vergangenen Monaten um eine Grundsteuererklärung gebeten. Inzwischen werden die Bescheide verschickt, nach denen - so ist es geplant - die Städte und Gemeinden ab 2025 eine Steuer neu festsetzen.

Die Bescheide aber haben es in sich, denn Immobilienbesitzer erwartet ein ganzer Katalog an Fachbegriffen und Daten - und lässt wohl viele mit den Fragen zurück: Was wird mir hier bescheinigt? Wie kann ich sichergehen, das richtig gerechnet wurde? Und: Soll ich zur Sicherheit einfach mal Widerspruch einlegen?

Wichtige Fragen und Antworten im Überblick:

Fristende 31. Januar

Ein Viertel der Grundsteuererklärungen fehlt noch in Berlin und Brandenburg

Was steht in den beiden Bescheiden, die die Finanzämter verschicken?

Die Finanzämter verschicken den Grundsteuerwertbescheid und den Grundsteuermessbescheid gemeinsam in einem Brief. Erst später folgt ein Grundsteuerbescheid samt Zahlungsaufforderung. In Berlin wird der Grundsteuermessbescheid erst im Jahr 2024 verschickt.

Was besagt der Grundsteuerwert?

Der Grundsteuerwert wird ab dem Jahr 2025 erstmalig zur Berechnung der Grundsteuer herangezogen. Mit diesem Wert bestimmen die Finanzämter den Grundsteuerwert von Grundstücken, Häusern und Wohnungen.

Der Grundsteuerwert ist neu und ersetzt den bisherigen Einheitswert, den das Bundesverfassungsgericht 2018 für verfassungswidrig erklärt hatte. Diese Gerichtsentscheidung ist der Grund, weshalb die Bundesregierung überhaupt eine Reform der Grundsteuer beschlossen hatte. Bis zum Ablauf des Jahres 2024 wird die Grundsteuer aber noch auf der Grundlage des Einheitswerts erhoben.

Für die Festsetzung des neuen Wertes sind in Berlin und in Brandenburg jeweils dieselben Faktoren ausschlaggebend: Bodenrichtwert, Grundstücksfläche, Grundstücksart, Alter des Gebäudes sowie eine statistisch ermittelte Nettokaltmiete.

Was besagt der Grundsteuermessbetrag?

Im zweiten Schreiben übermittelt das Finanzamt den Grundsteuermessbetrag - dieser ergibt sich aus der Multiplikation des Grundsteuerwerts mit einer gesetzlich festgelegten Grundsteuermesszahl, die mit der Grundsteuerreform auf ein Zehntel des bisherigen Werts deutlich gesenkt worden ist.

Die Steuermesszahl für Ein- oder Zweifamilienhäuser oder Miet- und Eigentumswohnungen von 0,35 Prozent auf 0,031 Prozent gesenkt. Für Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum und sonstige bebaute Grundstücke auf ist sie auf 0,034 Prozent gesunken.

Wie prüfe ich, ob mein Grundsteuerbescheid korrekt ist?

Der Grundsteuerwert ist abhängig von vielen Faktoren. Wenn dieser falsch berechnet wurde, dann ist wahrscheinlich auch der ermittelte Grundsteuermessbetrag fehlerhaft - denn dieser bemisst sich auch nach dem Grundsteuerwert. Der korrekte Grundsteuerwert ergibt sich aus einer Reihe von Zahlen, deshalb ist die Prüfung eine Rechenaufgabe.

Was bedeuten die Begriffe ...

... Liegenschaftszinssatz für das Grundstück: Der Liegenschaftszins ist eine Art Prognose für die Wertsteigerung einer Immobilie, mit der sich Erträge erwirtschaften lassen.

Die Höhe hängt von der Art des Eigentums ab und eventuell auch vom Bodenrichtwert. Wie hoch dieser Zinssatz sein muss, findet sich im § 256 Bewertungsgesetz: Er beträgt 2,5 Prozent für Ein- und Zweifamilienhäuser, 3 Prozent für Wohnungseigentum, 4 Prozent für Mietwohngrundstücke mit bis zu sechs Wohnungen und 5 Prozent für Mietwohngrundstücke mit mehr als sechs Wohnungen.

... Restnutzungsdauer des Gebäudes: Formal beträgt die Gesamtnutzungsdauer von Gebäuden normalerweise 80 Jahre. Von diesem Wert muss das Alter des Gebäudes subtrahiert werden, um die Restnutzungsdauer zu ermitteln. Sie beträgt aber immer mindestens 24 Jahre.

... Rohertrag für die Wohnung: Dieser Wert setzt sich zusammen aus der Nettokaltmiete und der Mietniveaustufe. Die statistische Nettokaltmiete findet sich in Anlage 39 Bewertungsgesetz. Darin ist ein Prozentsatz der Mietniveaustufen aufgeführt, der die Nettokaltmiete entweder je nach Fall mindert oder erhöht. Welche Mietniveaustufe gilt, lässt sich in dieser Tabelle ablesen [pdf]. Die Nettokaltmiete muss mit dem Faktor 12 multipliziert werden, um den korrekten Rohertrag für die Wohnung zu erhalten.

... Rohertrag der Garagenstellplätze: Für Garagen gilt ein pauschaler Betrag von 35 Euro - auch dieser wird mit der jeweiligen Mietniveaustufe angepasst. Wie bei dem Rohertrag der Wohnung muss das Ergebnis wieder mit 12 multipliziert werden, um den Rohertrag für Garagen zu erhalten. In Addition mit dem Rohertrag für die Wohnung ergibt sich der Rohertrag für das gesamte Grundstück.

... Reinertrag des Grundstücks: Vom Rohertrag des Grundstücks müssen die sogenannten Bewirtschaftungskosten für Verwaltung, Instandhaltung und Mietausfallwagnis subtrahiert werden. Anlage 40 Bewertungsgesetz schlüsselt auf, welche Prozentsätze dafür gelten.

... Kapitalisierter Reinertrag des Grundstücks: Der Reinertrag des Grundstücks muss zur Prüfung dieses Wertes hier noch einmal multipliziert werden - womit, lässt sich in dieser Tabelle ablesen.

... Umrechnungskoeffizient: Dieser bemisst sich nach der Größe des Grundstücks und lässt sich im Bewertungsgesetz in Anlage 36 ablesen.

... Abzinsungsfaktor: Dieser lässt sich anhand Anlage 41 nachvollziehen.

... Abgezinster Bodenwert: Auch hier lässt sich die Korrektheit nur anhand einer Rechenaufgabe prüfen: Die Grundstücksfläche muss mit dem Bodenrichtwert und dem Umrechnungskoeffizienten multipliziert werden. Das Ergebnis wird dann aber noch einmal multipliziert mit dem Abzinsungsfaktor: Am Ende erhält man den abgezinsten Bodenwert.

... Grundsteuerwert: Ausschlaggebend hierfür ist erneut der kapitalisierte Reinertrag des Grundstücks. Er muss addiert werden mit dem abgezinsten Bodenwert.

Grundsteuerreform in Deutschland

Was die Grundsteuerbriefe vom Finanzamt zu bedeuten haben

Während viele ihre Grundsteuererklärung noch gar nicht ausgefüllt haben, bekommen die ersten bereits Post vom Finanzamt. Sibylle Barent von Haus und Grund erklärt, was die Briefe bedeuten und warum die neue Grundsteuer darin noch nicht zu finden ist.

... Mindestwert: Hierzu müssen 75 Prozent des Bodenwertes vor Abzinsung berechnet werden. Ist das Ergebnis höher als der im Bescheid aufgeführte Grundsteuerwert, müsste er richtigerweise den Grundsteuerwert ersetzen.

Um zu erkennen, ob auch der Grundsteuermessbetrag richtig ist, muss das Finanzamt mit der korrekten Steuermesszahl gerechnet (vgl. oben) haben. Statt einer Prozentzahl steht dort zum Beispiel 0,31 oder 0,34 "v.T." angegeben. Dabei handelt es sich um eine Promilleangabe. Die Werte entsprechen den oben erwähnten 0,031 oder 0,034 Prozent.

Ich habe einen Fehler gefunden! Und nun?

Bei Ungereimtheiten, Zahlendrehern oder anderen Fehler im Bescheid aufgrund eigener Angaben oder einer falschen Berechnung der Behörde kann ein Widerspruch sinnvoll sein.

Ich hab zwar nicht nachgerechnet, soll ich trotzdem vorsorglich Widerspruch einlegen?

Viele der bislang versandten Grundsteuer-Messbescheide weisen teils stark gestiegene Beträge aus, weil die Bodenrichtwerte an die Preisentwicklung der letzten Jahrzehnte angepasst wurden, berichtete kürzlich das ARD-Magazin "Plusminus". Das sagt zwar noch nichts darüber ausber die genau zu erwartende Steuerlast ab 2025 aus, es gibt jedoch Befürchtungen, dass es in vielen Fällen tatsächlich deutlich höhere Belastungen geben könnte.

Der Bund der Steuerzahler und andere Organisationen rufen daher dazu auf, gegen hohe Bescheide Einspruch einzulegen, weil man sonst Gefahr laufe, von späteren Korrekturen nicht zu profitieren.

Es seien auch bereits 1,3 Millionen Einsprüche gegen Grundsteuer-Messbescheide eingegangen, berichtete "Plusminus" unter Berufung auf Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft (DStG). Deren Vorsitzender Florian Köbler forderte, alle Bescheide erst einmal grundsätzlich mit einem Vorläufigkeitsvermerk zu versehen.

Wie lange kann ich Widerspruch gegen meinen Grundsteuerbescheid einlegen?

In Berlin und in Brandenburg ist ein Widerspruch nur in den ersten vier Wochen nach Erhalt des Bescheids möglich. Ausschlaggebend für die genaue Berechnung des Stichtags ist das Datum drei Tage nach Erstellung des Grundsteuerbescheids durch das Finanzamt. Von diesem Datum ausgehend ist ein Widerspruch einen Monat lang möglich.

In Berlin kann zur Begründung eine korrigierte Erklärung übermittelt werden oder eine schriftliche Mitteilung mit den korrigierten Daten eingereicht werden. Bei erneuter Übermittlung der Erklärung sollte im Freitextfeld ein Hinweis erfolgen, dass es sich um eine Korrektur handelt und die geänderten Daten sollten benannt werden. Wer die Grundsteuererklärung per "Elster" eingereicht hat, kann unter derselben Grundsteuernummer jederzeit eine korrigierte Erklärung eingereichen.

Trotz Fristverlängerung

Immobilienbesitzer zögern weiterhin bei Grundsteuererklärung

Was passiert, wenn ich bisher noch keine Grundsteuererklärung abgegeben habe?

Vorerst verzichten die Finanzämter in Berlin und Brandenburg darauf, säumigen Steuerpflichtigen zur Strafe einen Verspätungszuschlag aufzubrummen. Vorher sollen die betreffenden Immobilienbesitzer noch einmal schriftlich zur Grundsteuererklärung aufgefordert werden, wie ein Sprecher des Brandenburger Finanzministeriums rbb|24 sagte. Auch die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen kündigte an, die Menschen im ersten Quartal in einem erneuten Schreiben an die Steuererklärung zu erinnern.

Wer seine Papiere aber hartnäckig nicht einreicht, riskiert am Ende Verspätungszuschläge oder Zwangszahlungen. Und es kann es passieren, dass das Finanzamt eine geschätzte Grundsteuer veranschlagt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.03.2023, 17:00 Uhr

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