Keine Online-Anzeigen möglich
Bei der Polizei Brandenburg können momentan keine Online-Anzeigen erstattet werden. Die Behörde hat vorerst alle Serviceleistungen deaktiviert. Grund dafür ist ein Hackerangriff, von dem nicht nur Brandenburg betroffen ist.
Wegen einer Cyberattacke ist der Online-Auftritt der Polizei Brandenburg aktuell nicht voll funktionsfähig. Online-Services, wie beispielsweise Strafanzeige zu erstatten, seien derzeit nicht möglich, hieß es auf der Webseite auch am Mittwochmorgen.
Auch in anderen Bundesländern sind Polizeiauftritte oder offizielle Seiten von Landesregierungen davon betroffen, so in Berlin, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern.
Das Landeskriminalamt Brandenburg führe Ermittlungen wegen des Verdachts der Computersabotage, sagte Polizeisprecherin Beate Kardels. Seit Dienstagvormittag seien online keine Serviceleistungen mehr möglich. Mittlerweilse seien die Systeme technisch angepasst worden, so dass ein Angriff reduziert werde. Es sei nach bisherigen Erkenntnissen nicht davon auszugehen, dass Daten abgeflossen seien.
"Zu den Hintermännern können wir noch nichts sagen, da laufen die Ermittlungen. Wir wissen, dass es Bekennerschreiben gibt, angeblich von einer russischen Cyber-Gruppe, aber ob das tatsächlich so ist, das müssen die Ermittlungen jetzt erst einmal zeigen", so Kardels weiter.
Nach ersten Erkenntnissen handelt es sich um einen sogenannten DDoS-Angriff [bsi.bund.de], also eine gezielte Überlastung der angegriffenen Server. Polizeiinterne Netzwerke seien nicht betroffen, auch weil diese keine Verbindung zum Internet haben, so die Sprecherin weiter. Wegen der Betroffenheit anderer Bundesländer sei die Polizei in Brandenburg auch im Austausch mit dem Bundeskriminalamt, hieß es.
Auch Berliner Behörden sind betroffen. "Wir erleben heute den größten Angriff auf die Webseiten der Berliner Landesverwaltung. Und dies ist Teil eines Angriffs auf ganz Deutschland", sagte Ralf Kleindiek, Staatssekretär für Digitales in der Senatsverwaltung für Inneres, am Mittwoch dem rbb. Die Webseiten der Berliner Behörden seien dadurch langsamer erreichbar. Die Infrastruktur sei nicht betroffen, so Kleindiek. Das bedeute, Daten seien nicht abgeflossen oder gestohlen worden.
In Sachsen-Anhalt mussten die Internetseiten des übergeordneten Landesportals sachsen-anhalt.de abgeschaltet werden, damit die Landesverwaltung mit ihrem IT-System weiterarbeiten konnte. Auch hier erfolgte den Angaben zufolge ein sogenannter DDoS-Angriff. Sachsen-Anhalts Digitalministerin Lydia Hüskens (FDP) sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie gehe davon aus, dass die Angriffe in den verschiedenen Bundesländern zusammenhängen und koordiniert gewesen seien. Sie sprach auch von Vorkommnissen im Saarland.
Auch in Niedersachsen wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Computersabotage gegen Unbekannt eingeleitet. Es sei zu vermehrten Zugriffen ausländischer Adressen gekommen, erläuterte ein Sprecher des Justizministeriums in Hannover. Nach Angaben des Innenministeriums waren viele Internetseiten der Polizei im Bundesland am Dienstag nicht erreichbar. Der Cyberangriff dauere weiter an, hieß es am Mittag, die Webseiten seien aber mittlerweile wieder abrufbar. Es werde in alle Richtungen ermittelt, es gebe jedoch Hinweise auf einen pro-russischen Hintergrund, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden.
Dem IT-Dienstleister der Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern CERT MV zufolge habe sich eine russische Cybergruppe auf Social-Media-Kanälen zu dem dortigen Angriff bekannt, teilte die Landesregierung am Dienstag mit.
Wer wirklich hinter den Angriffen steckt, ist noch unklar. Christian Dörr, Professor für Cyber-Sicherheit am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam, sagte dem rbb: "Wir sehen seit Beginn des Ukraine-Krieges sehr viele Aktivitäten aus Russland. Immer, wenn es neue Hilfspakete, neue Statements aus dem Westen gibt, wird das normalerweise mit solchen Angriffen begleitet. Aber es kann ganz einfach auch jemand sein, der sich einen Jux macht."
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) strebt zwei Grundgesetzänderungen an, um Deutschland besser vor Cyberangriffen zu schützen. So soll das Bundeskriminalamt künftig im Fall eines Cyberangriffes mehr Verantwortung bekommen. Dazu gehört die Erlaubnis, im Falle eines großen Cyberangriffs gegen IT-Systeme im Ausland vorzugehen.
Die zweite geplante Änderung betrifft das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Es soll zu einer Zentralstelle ausgebaut werden, um besser reagieren zu können. Bisher ist die Gefahrenabwehr Ländersache. Hintergrund für die Änderungen sind Berichte über geplante und tatsächliche Cyber-Angriffe aus Russland im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine.
Sendung: rbb24 Inforadio, 04.04.2023, 20:00 Uhr
Artikel im mobilen Angebot lesen