Urteil am Landgericht Berlin
Der Mann, der im Sommer 2022 an der Gedächtniskirche sein Auto in eine Fußgängergruppe gesteuert hatte, soll dauerhaft in eine Psychiatrie. Er leide an einer paranoiden Schizophrenie und sei deshalb schuldunfähig, urteilte das Landgericht.
Mehr als zehn Monate nach der Todesfahrt am Berliner Ku'damm ist am Freitag das Urteil gegen den Fahrer ergangen. Der psychisch kranke 30-Jährige solle dauerhaft in der Psychiatrie untergebracht werden, so das Landgericht Berlin am Mittag. Zudem verhängte das Gericht eine lebenslange Führerscheinsperre gegen den Mann.
Das Gericht verurteilte den 30-Jährigen in einem sogenannten Sicherungsverfahren, in dem es unter anderem um den Vorwurf des Mordes sowie 16 Fälle des versuchten Mordes ging. Der Mann leide jedoch an einer paranoiden Schizophrenie und sei deshalb schuldunfähig, hieß es. Bei dem 30-Jährigen handele es sich um einen schwerkranken Mann, dessen Zerfall voranschreite, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Groß.
Die Unterbringung in einer Psychatrie sei zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich. Die Richter folgten damit dem Antrag von Staatsanwaltschaft und Nebenklage. Der Prozess gegen den Mann hatte am 7. Februar begonnen.
Der angeklagte Mann soll am 8. Juni 2022 mit einem Auto auf dem Kurfürstendamm (Ku'damm) und der Tauentzienstraße in Fußgängergruppen gefahren sein. Der Mann sei mit Absicht in die Menschengruppen gefahren, sagte Staatsanwältin Silke van Sweringen in ihrem Plädoyer. Arg- und wehrlose Passanten seien ihm ausgeliefert gewesen - "eine albtraumhafte Tat". Dem Fahrer sei bewusst gewesen, dass es Todesopfer geben könnte, so die Anklage. Das habe er billigend in Kauf genommen.
Laut einem Gutachten sei der an einer chronischen paranoiden Schizophrenie erkrankte Mann bei der Tat schuldunfähig gewesen und könne nicht bestraft werden, so die Staatsanwältin. Ohne Behandlung sei zu befürchten, dass der Beschuldigte weitere gefährliche Taten begehe. Die Anklägerin beantragte zudem eine lebenslange Führerscheinsperre gegen den Mann.
Besonders betroffen von der Todesfahrt des beschuldigten Mannes war eine Schulklasse aus Hessen. Deren 51-jährige Lehrerin kam ums Leben, ein Kollege sowie elf Schülerinnen und Schüler wurden verletzt, manche lebensgefährlich. Auch eine 14-jährige Berlin-Besucherin gehörte zu den Betroffenen. Außerdem wurden eine 32-Jährige, die im siebten Monat schwanger war, sowie zwei vor einem Imbiss stehende 29 und 31 Jahre alte Männer erheblich verletzt.
Nach der Todesfahrt hatten die Behörden insgesamt 142 Betroffene registriert. Sie kommen aus Hessen sowie sieben weiteren Bundesländern und drei anderen EU-Staaten.
Die Frage nach dem Motiv des Fahrers sei im Prozess offen geblieben, hieß es in den Plädoyers. Ohne erkennbaren Anlass habe der 30-Jährige auf das Gaspedal getreten. Der Beschuldigte hatte im Prozess geschwiegen.
Sein Verteidiger sagte, aus seiner Sicht seien wegen der schweren psychischen Erkrankung seines Mandanten keine Mordmerkmale anzunehmen. Der Anwalt erklärte in seinem Plädoyer weiter, er trete einer Anordnung der Unterbringung seines Mandanten in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht entgegen.
Sendung: rbb24, 21.04.2023, 13:00 Uhr
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