Starkes Beschleunigen, lautes Motorenheulen: Dagegen will Berlin mit dem bundesweit ersten Lärmblitzer vorgehen. Doch erst sind eine Reihe von Tests notwendig. Immerhin: Das Gerät ist schon einmal da - und lauscht nun am Ku'damm mit.
Wer den Motor seines Fahrzeugs extra laut aufheulen lässt, mag sich für einige Sekunden cool fühlen, meistens versetzt er oder sie aber nur die Mitmenschen in Stress - und dann bleibt die Aktion meistens auch noch straffrei. Möglicherweise nicht für immer: Seit Mittwoch steht ein Lärmblitzer am Kurfürstendamm in Berlin. Es ist der erste seiner Art in Deutschland.
Konkret ist das Gerät auf dem Mittelstreifen auf Höhe der Gedächtniskirche im Einsatz und sammelt acht Wochen lang Daten für ein wissenschaftliches Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin (TU). Geprüft wird, wie gut laute Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr erfasst werden können.
Verkehrssenatorin: keine Strafverfolgung
Die Technik befindet sich also noch im Prototyp-Stadium. Ausgestattet ist der Lärmblitzer mit vier Mikrofonen und einer 180-Grad-Weitwinkel-Kamera. Das Gerät detektiert laut Senat derzeit lediglich die Schallquelle – Halterdaten oder Gesichter werden bei den Tests in Berlin nicht erfasst, auch eine Ahndung erfolgt somit nicht.
Es gehe derzeit rein um die wissenschaftliche Auswertung, sagte die Berliner Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) bei der Vorstellung des Geräts am Mittwochmittag. Flackerndes Blitzlicht wie bei einem Messgerät von Geschwindigkeiten gibt es nicht. "Das wollten wir auch gerne vermeiden. Wir wollen nicht auch noch Wasser auf die Mühlen geben und eine Egobestätigung erzeugen", sagte Schreiner wohl mit Blick auf die Berliner Auto-Poser.
Im Vordergrund stehe die Klärung technischer Fragen wie "Warum ist das erfasste Auto jetzt zu laut? Ist das legal oder wurde das Auto manipuliert?". Die gesammelten Daten müssten am Ende beweissicher sein, damit eines Tages auch Ahndungen erfolgen könnten, so Schreiner.
"Hydre" kommt aus Frankreich
Die neue Technologie stammt aus Frankreich und soll in der Lage sein, sehr laute Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu identifizieren. Das Gerät ist eine bezahlte Leihgabe aus dem Nachbarland, in Paris wird es unter dem Namen "Hydre" bereits seit 2022 an verschiedenen Orten getestet. Möglicherweise ein Trend - auch in Großbritannien kommen Lärmblitzer zum Einsatz [theguardian.com].
Gesetzliche Ahndung bei Auto-Posing kaum möglich
Die Ergebnisse des Projekts sollen in den neuen Lärmaktionsplan für Berlin fließen, geplante Veröffentlichung: Juli 2024.
In der Straßenverkehrsordnung gibt es zwar für Auto-Posing und unnötigen Lärm ein Bußgeld von 100 Euro - genauere Abstufungen fehlen jedoch. Um Fahrerinnen und Fahrern bei Verstößen bestrafen zu können, ist eine Änderung der Gesetzeslage nötig. Bislang können Lärmvergehen per Gesetz in Deutschland nicht umfassend kontrolliert werden.
ADAC wenig begeistert von Lärmblitzern
Kritik gibt es derweil vom ADAC Berlin-Brandenburg: Die Einrichtung von stationären Lärmblitzern sei wenig erfolgversprechend bei der Ahndung von Verstößen, so Verkehrsvorstand Martin Koller. Die Standorte würden sich schnell herumsprechen und das Problem eher verlagern als es zu lösen, argumentierte er.
"Durch das vorsätzliche Aufheulen lassen des Motors im Stand, quietschende Reifen oder ständiges Hin- und Herfahren versuchen Poser in Berlin immer wieder, Aufmerksamkeit zu gewinnen", sagte Koller. "Um vorsätzliche Verstöße wie diese zu ahnden, braucht es unserer Ansicht nach mehr Kontrollen und Polizeipräsenz, insbesondere an Hot-Spots wie dem Kurfürstendamm."