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Quelle: dpa/F. Hammerschmidt

Ölkäfer im Porträt

Schwarzblau, lebt auf Wiesen, hochgiftig

Nicht anfassen und erst recht nicht essen - wer sich daran hält, hat bei einer Begegnung mit einem Ölkäfer nichts zu befürchten. Häufig sind sie ohnehin nicht in Brandenburg. Von Anna Bordel

Der Ölkäfer ist giftig - soviel steht fest. Fraglich ist aber, ob er aber den Ruf des Killers, der sich ausbreitet, verdient, den er in der aktuellen Berichterstattung, hat - beispielhaft hier (infranken.de), hier (merkur.de) und hier (express.de).

Tatsächlich sieht man den Käfer hierzulande nur selten - er ist in Deutschland als gefährdet eingestuft. Und das Gift des Käfers wird für Menschen erst dann gefährlich, wenn man auf die Idee käme, ihn zu verspeisen. Uneinigkeit herrscht aber darüber, wie viele Käfer zu einer tödlichen Dosis führen. "Sie müssten nicht nur einen, sondern schon ein paar essen", sagt Axel Kruschat, Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Brandenburg. "Bereits ein einziger Käfer enthält eine tödliche Dosis Cantharidin für einen Erwachsenen", heißt es wiederum in einer Mitteilung des Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut Müncheberg (SDEI).

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Ölkäfer kommen in Deutschland selten vor

Ob einen oder mehrere - die exotische Idee, einen Ölkäfer zu essen, sollte man am besten einfach vergessen. "Das hätten Sie vermutlich auch ohne meinen Rat nicht getan", sagt Kruschat vom BUND. In Deutschland ist laut der Umweltorganisation Nabu bisher kein Fall bekannt, in dem ein Mensch an einem Ölkäfer-Mahl gestorben ist. Er fliegt einem auch nicht in den Mund.

Sehr appetitanregend sieht der Schwarzblaue Ölkäfer ohnehin nicht aus. Diese Unterart des Ölkäfers gibt es in Mitteleuropa am häufigsten in Brandenburg. Er ist ein bis drei Zentimeter lang, trägt einen schwarz bis schwarzblauen Panzer und hat lange, knotige Fühler. Er lebt vor allem auf natürlichen Wiesen mit sandigen Bereichen. Sehr gerne verzehrt er Bärlauch und Buschwindröschen.

Ein Käfer unter 1.000 Larven

Verantwortlich für das seltene Vorkommen des Ölkäfers sei vor allem der Lebensraumverlust durch Pestizide, so Kruschat vom Bund. Und auch wenn ein Weibchen und ein Männchen für die Paarung zueinander gefunden haben, bedeute das noch lange nicht, dass daraus eine Menge Nachfahren entstehen. Experten gehen davon aus, dass sich nur jede Tausendste Ölkäfer-Larve zu einem Käfer entwickelt. Immerhin, beim Ölkäfer sind die Weibchen beim Eierlegen ziemlich produktiv: Ein Weibchen kann fünf- bis sechsmal im Abstand von ein bis zwei Wochen je 3.000 bis 9.500 Eier legen. Ein Ölkäfer lebt zwar nicht besonders lange, nur etwa einen Monat. Trotzdem könnte ein Weibchen theoretisch um die 38.000 Eier legen und hätte damit umgerechnet 38 potenzielle Nachfahren in die Welt gesetzt.

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Ölkäfer-Jahre

Dass aus so wenigen Larven fertige Käfer werden, liegt übrigens daran, dass das Aufwachsen nicht nur von den Käfereltern, sondern noch von anderen Insekten abhängt. Die Larven krabbeln nach dem Schlüpfen auf Blüten. Dort müssen sie auf ganz bestimmte Wildbienenarten warten, an denen sie sich festhalten und so in die Bienennester gelangen können.

Im Bienennest leben sie vom Pollenvorrat, verpuppen sich und nach dem Winter schlüpfen - zwischen März und Mai - die Käfer. Prinzip: Kuckuck. Gelingen tut das mit dem Schmarotzen nicht immer. Manche Larven hängen sich an die falschen Bienensorten, oder es kommt eben einfach niemand Geeignetes vorbei und dann verhungern sie.

Dass es in manchen Jahren mehr Ölkäfer gibt, als in anderen, unterliege natürlichen Schwankungen, erklärt BUND-Sprecher Kruschat. "Dieses Jahr ist anscheinend ein Ölkäfer-Jahr, deshalb tritt er vermehrt auf." Das sei aber auch bei anderen Insektenarten zu beobachten. Der Ölkäfer ist laut Kruschat aber heimisch in Brandenburg, "ausbreiten" tue er sich also, entgegen aktueller Meldungen, nicht.

Wehenmittel, Liebessaft, Mordgetränk

Früher wurde das Gift des Käfers laut Entomologischem Institut auch genutzt, um beispielweise Wehen zu erzeugen, die Potenz zu steigern oder Menschen hinzurichten. Heute sind die Tiere - zumindest in Deutschland - streng geschützt. Wer einen zu sehen bekommt, hat also eine Besonderheit vor sich.

Anfassen sollte man den Käfer jedoch nicht, weil er bei Bedrohung ein öliges Sekret ausstoßen kann, das besagtes Gift enthält. Das kann zu Blasen und Verätzungen auf der Haut führen. Hunde schnuppern in der Regel erst einmal - stößt der sich verteidigende Käfer sein brennendes Gift aus, dürften Haustiere beim Spaziergang ihr Interesse an ihm schnell verlieren. Lange werden die seltenen Sonderlinge in diesem Jahr ohnehin nicht mehr zu sehen sein: Wenn die letzten Käfer im Mai schlüpfen, dann ist der letzte Ölkäfer in einigen Wochen dahingerafft.

Sendung: Fritz, 20.05.2023, 06:23 Uhr

Beitrag von Anna Bordel

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