Ex-US-Präsident in der Mercedes-Benz-Arena
Berlin war die letzte Station der Europatournee von Barack Obama. Der ehemalige US-Präsident wurde am Abend mit lautem Jubel empfangen. Er kann noch immer Menschen begeistern, sonderlich konkret wurde es allerdings nicht. Von Sabina Matthay
Barack Obama war schon öfter in Berlin, doch diesmal ging es für ihn, nun Privatier, ums Geldverdienen. Wer den früheren US-Präsidenten erleben wollte, musste für einen Platz in der Mercedes-Benz-Arena zwischen 61 und 550 Euro zahlen. Offenbar war das nicht zu viel verlangt, die allermeisten Plätze waren jedenfalls besetzt, als Obama kurz nach zwanzig Uhr unter dem lauten Jubel des Publikums zur Talk Show antrat. Die Einnahmen sollen nach Darstellung des Ex-Präsidenten und seines Teams seiner Stiftung zugutekommen.
Es war der letzte von drei solcher Abende in Europa. Wie schon in Amsterdam und Zürich ging es um – so das Programm – "die großen Herausforderungen und Chancen unserer Zeit": um Klimawandel und Demokratie, um den Umgang mit künstlicher Intelligenz, Desinformation und die Polarisierung der Gesellschaft.
Berliner glauben gern, dass Barack Obama ein besonderes Verhältnis mit ihrer Stadt verbindet. Schließlich hatten hier 2008 mehr als 200.000 Menschen die Rede des damaligen Präsidentschaftskandidaten an der Siegessäule gefeiert.
Doch Obama streifte nur kurz die Treffen mit seiner alten Freundin Angela Merkel und mit deren Nachfolger Olaf Scholz – stärker beeindruckt hatte ihn offenbar die niederländische Tulpenzüchterin, die ihn um seine Freundschaft mit Bruce Springsteen beneidete.
Obama ist der erste Afroamerikaner, der es ins Weiße Haus schaffte, selbst ein Rockstar - der politischen Art. Die angenehme Stimme, die wohlgesetzten Pointen, die geschickten Kunstpausen – auch ein deutlicher Kontrast zu seinen Nachfolgern.
Der Charismatiker Obama kann noch immer Menschen begeistern und für sich einnehmen. Das Berliner Publikum nahm ihm auch nicht übel, dass er an diesem Abend in Berlin weder in die Tiefe ging noch sonderlich konkret wurde.
Dabei hätte man gern mehr erfahren: was etwa hat seine Präsidentschaft zur Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft beigetragen? Und wie sieht Barack Obama sein außenpolitisches Vermächtnis, hat seine Zurückhaltung Putin vielleicht ermuntert, den russischen Herrschaftsanspruch immer aggressiver durchsetzen – siehe Syrien, siehe Ukraine? Darauf aber spricht der Moderator ihn nicht an.
Nach genau einer Stunde ist die Vorstellung in Berlin zu Ende, Barack Obama schließt sie ab mit einem leidenschaftlichen Appell an die Jugend: deren Enthusiasmus und Idealismus werde gebraucht, um die Politik zu heilen und die Welt zu retten. Und die Alten? - "Geht aus dem Weg!", scherzt der Politpensionär, der sich so umtriebig auf die lukrative Vermarktung seine politischen Ansichten und privaten Einsichten verlegt hat, und verlässt winkend die Bühne. Es geht zurück nach Hause, in die USA.
Sendung: rbb24 Inforadio, 04.05.2023, 06.00 Uhr
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