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Fragen und Antworten

Wie gefährlich sind Lithium-Ionen-Batterien?

Meldungen von brennenden Lithium-Ionen-Akkus mehren sich genauso rasant wie die Energiekraftpakete in unserem Alltag. Zuletzt brannte eine Wohnung in Berlin-Friedrichshain aus. Wird die revolutionäre E-Technik zum Sicherheitsrisiko? Von John Hennig

Dass Lithium-Ionen-Batterien die Welt verändert haben, ist offiziell festgehalten. Vor vier Jahren erhielten drei Wissenschaftler den Chemie-Nobelpreis, weil sie die "technologische Revolution" mit angeschoben hatten. Die "leichten, wiederaufladbaren Akkus" würden heute in allen Bereichen des Alltags eingesetzt und könnten zudem erhebliche Mengen an Energie aus Sonnen- und Windkraft speichern, begründete die Königliche Akademie der Wissenschaften in Stockholm ihre Entscheidung.

Lithium-Ionen-Batterien versorgen tragbare Elektrogeräte wie Smartphones und Notebooks mit Strom und ermöglichten die Entwicklung von Elektroautos mit größerer Reichweite. Doch wie jede neue Technik birgt auch diese eine Gefahr: Lithium ist sehr reaktionsfreudig. Die Batterien fingen gerade in der Entwicklungsphase immer wieder Feuer oder explodierten. Und beschäftigen deshalb Wissenschaft, Elektrotechnik und Feuerwehr gleichermaßen.

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Wie häufig brennen Akkus von E-Fahrzeugen?

"Wir sehen das schon, dass sich das nicht nur gefühlt häuft: Brände, verursacht durch Lithium-Ionen-Batterien", sagt Rolf Erbe von der Berliner Feuerwehr. Zwar gebe es noch keine Zahlen der durch E-Akkus verursachten Brände, aber im Alltag sei das spürbar, dass die Feuerwehr öfter deswegen ausrücken muss, so Erbe.

E-Autos würden dabei gar nicht die große Rolle spielen, auch wenn brennende Elektroautos wegen ihrer heftigen und schwer zu löschenden Flammen oft besonders im Fokus stehen. Viel mehr Probleme bereiteten die Akkus für elektrische Zweiräder, so Erbe. Die würden oft auch zu Hause in der Wohnung geladen werden.

Zuletzt war in Berlin-Friedrichshain eine Wohnung komplett ausgebrannt. Wie die Polizei auf Nachfrage von rbb|24 mitteilte, haben die Ermittlungen ergeben, dass es sich um keine Straftat handelte, sondern eines der Akkus einen technischen Defekt hatte und das Feuer dann wiederum andere Akkus entzündete.

Weil Brände durch Lithium-Ionen-Batterien generell in der Regel nicht absichtlich herbeigeführt würden und es sich um keine Straftaten handele, hat auch die Polizei keine aktuellen Zahlen, wie oft so etwas vorkommt. Auch der Gesamtverband der Versicherer (GDV) sagt, dass es bislang keine Erhebung gebe.

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Die Akkus für kleinere Fahrzeuge, elektrische Fahrräder oder Roller, können hingegen auch in der eigenen Wohnung geladen werden. Allerdings sind dabei einige Dinge zu beachten: Die Akkus sollen etwa nur in intakten und zugelassenen Stromnetzen aufgeladen werden. Normalerweise zählt dazu jede Steckdose im Haus, allerdings sollte der Akku nicht unbeaufsichtigt geladen werden, um schnell reagieren zu können.

Experten empfehlen auch, die Akkus auf feuerfesten Unterlagen zu laden, etwa auf einer Fläche mit Steinen oder Fliesen. Das gelte im Grunde auch bei kleineren elektrischen Geräten mit Lithium-Ionen-Akkus, betont etwa Rolf Erbe von der Feuerwehr. Zudem empfiehlt er, die Akkus in der Nähe eines Rauchmelders zu laden. Ideal ist ein wettergeschützter Ort außerhalb von Haus oder Wohnung.

Wie lange eine Komplettladung dauert, hängt laut Erbe von der Kapazität des Akkus und dem verwendeten Ladegerät ab. Demnach kann es zwischen zwei und sechs Stunden dauern, bis der Ladezustand bei 100 Prozent liegt.

Warum sind die Akkus so gefährlich?

Lithium-Ionen-Akkus sind als Energiespeicher wegen ihrer hohen Energiedichte so beliebt, aber eben auch riskant. Fast in allen Bereichen des täglichen Lebens finden sie sich, nicht nur in elektrischen Fahrzeugen, sondern auch in Smartphones, Notebooks und Tablets, Handstaubsaugern oder gar E-Zigaretten. Die Technologie ist dabei äußerst empfindlich.

Das Risiko besteht in der gespeicherten komprimierten Energie, es herrscht eine meist buchstäbliche Sprengkraft. Wird der Akku etwa beschädigt, entlädt er sich schlagartig. Im Zusammenspiel mit Sauerstoff entflammt er und kann sogar explodieren. Bei einem Kurzschluss im Inneren des Akkus fließt der Strom unkontrolliert und führt eine Entzündung herbei.

Wenn die Akkus beginnen zu brennen, passiert das also schlagartig. Außerdem sind sie äußerst schwer zu löschen und verursachen dadurch meist hohen Schaden, da das Feuer schnell und leicht auf weitere Gegenstände überspringen kann. Rolf Erbe von der Berliner Feuerwehr betont aber, dass das bei klassischen Energieträgern auch nicht anders sei: "Wenn gespeicherte Energie plötzlich freigesetzt wird, dann erzeugt das Wärme, das wäre bei der gleichen Menge brennbarer Flüssigkeit genauso, wenn die sich entzündet."

Kann ich ein brennendes Akku löschen?

Grundsätzlich geeignet sind (sehr viel) Wasser und Kühlung. Wenn es einer kleineren Batterie spürbar "nicht gut geht", wie Erbe es nennt, sie also Geräusche von sich gibt, funkt oder aufbläht, dann sollte man sie mit Handschuhen rausbringen.

Wenn sie aber schon brennt oder Gas austritt, sollte man in jedem Fall die Feuerwehr rufen und auch schon beim Notruf vorwarnen. Es sei zudem ratsam, dann den betroffenen Raum zu verlassen und die Tür zu schließen, dann gewinne man etwas Zeit, so Erbe.

Er empfiehlt, sich von größeren brennenden Batterien fernzuhalten. Gerade bei dem Versuch, die Batterien zu löschen oder aus der Wohnung zu tragen, hätten sich zuletzt Menschen auch verletzt. Neben der Brandgefahr besteht bei Lithium-Ionen-Batterien zudem ein hohes Gesundheitsrisiko durch austretende giftige Gase. Deshalb sollte man das Löschen den Experten überlassen.

Durch die hohe Energie enstehen schnell heftige Flammen und teilweise auch Explosionen. Gefährlich wird es vor allem, wenn mehrere Akkus parallel geladen werden, wie es etwa sogenannte Juicer tun, die nachts die in der Stadt verteilten E-Roller und -Scooter einsammeln und bei sich zu Hause laden.

Besteht Gefahr nur beim Laden?

Lithium-Ionen-Akkus können sich auch während des Gebrauchs erhitzen. Sollte man das feststellen, gilt es, sie abkühlen zu lassen, indem man etwa das Gerät pausieren lässt oder vom Strom nimmt, so es angeschlossen ist.

Ein weiteres Risiko birgt die unsachgemäße Entsorgung. Verbraucher müssen alte Akkus, Batterien und Elektrogeräte zu den Wertstoff- und Recyclinghöfen bringen. Ein Großteil landet laut des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) aber im Hausmüll, sei es in der schwarzen Restmülltonne, in gelbem Sack oder gelber Tonne - der mit vornehmlich Plastikverpackungen besonders leicht brennbares Material enthält - oder sogar in der blauen Papiertonne.

Das aber ist gefährlich. Denn wird ein Akku beschädigt, etwa durch die Pressen in einem Müllauto oder durch Schredder und Sortiergreifer auf einem Recyclinghof, kann ein Kurzschluss entstehen und in der Folge eine chemische Reaktion, bei der viel Energie freigesetzt wird.

Senftenberg (Oberspreewald-Lausitz)

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Um das Problem mit den Lithium-Ionen-Akkus besser in den Griff zu bekommen, sieht die Versicherungswirtschaft die Hersteller der jeweiligen Produkte in der Pflicht, ihre Kunden noch besser aufzuklären. So wurden etwa Kampagnen gestartet, die auf die richtige Entsorgung der Batterien hinweisen.

Überhaupt müssen die verschiedenen Branchen erst auf die neue Technologie reagieren: Feuerwehr, Wissenschaft, Elektrotechniker und Versicherer. Es gibt erste Broschüren zum richtigen Umgang mit Lithium-Ionen-Batterien und zahlreiche Videos - und die Batterien würden ja auch noch weiterentwickelt, betont Erbe.

Wenn Akkus in Brand geraten, übernimmt in der Regel die Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung den Schaden. Ein Knackpunkt ist oft die Frage der groben Fahrlässigkeit, also ob die Akkus unsachgemäß oder unbeaufsichtigt geladen wurden. Angesichts der zunehmenden Zahl an Geräten und den verbundenen Risiken sollte stets geprüft werden, ob die Hausrat- oder Gebäudeversicherung solche Schäden mit absichert, vor allem wenn regelmäßig elektronische Geräte mit Lithium-Ionen-Akkus geladen werden.

Erbe und andere Experten betonen: Die Technik an sich ist eigentlich sehr sicher. Das Problem ist der Mensch.

Beitrag von John Hennig

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