Wohnungsmarkt
Den 39 Mieterinnen und Mieter des Logenhauses in Berlin-Wilmersdorf wurden die Mietverträge gekündigt. Das Haus gehört Freimaurern und soll saniert werden. Von Carl Winterhagen
Johanna Bauer war geschockt, als ihr ein Vertreter der Hausverwaltung vor zwei Wochen die Kündigung für ihre Wohnung überreichte. Seit 2017 wohnt sie mit ihrer Tochter in der Emser Straße 12-13, ist zwischendurch vom zweiten in den dritten Stock gezogen. Jetzt soll sie bis Ende September ausziehen.
Die alleinerziehende Mutter macht sich große Sorgen: "Wo sollen wir denn hin? Wo soll ich mit meiner Tochter hin?" So schnell eine Wohnung zu finden, am besten noch in der Nähe, sei unmöglich, sagt Johanna Bauer.
Als Grund für die Kündigung gibt die Vermieterin Logenhaus GmbH an, dass das Haus marode sei und grundlegend saniert werden müsse: Stromleitungen, Wasserrohre, Fußböden – alles soll erneuert werden. Die Bauarbeiten werden voraussichtlich zwei Jahre dauern.
Probleme wie Wasserschäden oder ein defekter Aufzug sind für die Mieter nicht neu, die sich am Mittwochnachmittag vor dem Haus versammeln, um sich zu besprechen. Aber es sei eben auch 20 Jahre lang nichts richtig saniert worden, sagen sie.
Das Logenhaus wurde 1912 von Freimaurern gebaut und gehört ihnen auch heute. Der Männerbund wirkt etwas aus der Zeit gefallen, aber deutlich harmloser, als es in landläufigen Verschwörungserzählungen klingt.
Die Logen, die in dem Haus residieren, schreiben sich Werte wie Humanität und Toleranz auf die Fahne. Deshalb sind die Wohnungen im Logenhaus auch immer günstig gewesen. Dementsprechend bunt gemischt sind auch die Bewohner: Da sind Rentnerinnen, Sozialhilfeempfänger, Menschen mit Behinderung.
Aufgeregt, aber auch etwas ratlos ist die Stimmung unter den Mietern. Johanna Bauer hat jetzt einen Mieterschutzverein eingeschaltet und versucht, die Bewohner untereinander zu vernetzen.
Andreas Mechler aus dem vierten Stock wohnt seit 34 Jahren im Logenhaus. Wegen der gesetzlichen Fristen muss er bis Ende März ausziehen, eigentlich. "Wenn meine Kündigung fällig ist, werde ich in meiner Wohnung wohnen bleiben. Die müssen mich erst einmal rausklagen!", sagt Mechler.
Die Vermieter wollen sanieren - so im Juradeutsch - wegen Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung. Das heißt vereinfacht gesagt: Die Vermieter erwirtschaften durch die Vermietung nicht mehr genug Geld. Es sei für sie ein Verlustgeschäft, so weiterzumachen. Nach der Sanierung sollen die laufenden Kosten niedriger sein. Sollte der Fall vor Gericht landen, wird zu prüfen sein, ob dies so zutrifft.
Doch Jürgen Oehmke gibt sich dem rbb gegenüber beschwichtigend. Er ist Geschäftsführer der Logenhaus GmbH. "Es geht wirklich nicht ums Geld", sagt er. Es sei gefährlich, die Wohnungen so zu lassen, wie sie jetzt sind. Man müsse Brandschutz-Auflagen erfüllen, erklärt der Vermieter.
Die Kündigungen seien etwas "fatal rübergekommen", so Oehmke. Er sei sich der besonderen Situation einiger Mieter bewusst und kündigte an, Hilfsangebote zu erarbeiten. Eventuell könne die Sanierung auch etagenweise durchgeführt werden, sodass nicht alle Mieter auf einmal ausziehen müssten. In dem Kündigungsschreiben der Hausverwaltung wird das noch explizit ausgeschlossen.
Generell seien die Vermieter gesprächsbereit, kommende Woche soll es nähere Informationen für die Bewohner geben. Johanna Bauer macht sich dahingehend aber keine großen Hoffnungen. Bisher habe man ihr angeboten, die Umzugskosten zu übernehmen und einen Möbelgutschein auszustellen, erzählt sie und fügt an: "Aber was nutzt mir das, wenn ich auf der Straße lande?"
Sendung: rbb24 Inforadio, 14.07.2023, 17:26 Uhr
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