Was für Gartenbesitzer bequem ist, kann für manch kleines Wildtier lebensgefährlich sein: Mähroboter. Igel tragen bei einer Begegnung mitunter schlimmste Verletzungen davon. Ein Besuch in der Igelstation in Bernau. Von Annette Miersch
Igel Biesi schnauft und faucht. Sein schwarzes, feuchtes Näschen wackelt aufgeregt. Denn Igelschützerin Daniela Grübner muss sein Kranken-Nest in Ordnung bringen. Dafür wechselt sie das verschmutzte Papier in einer Katzen-Transportbox aus. "Der hat nun auch noch Durchfall und so viel gekackt, dass wir jetzt schnell mal sauber machen müssen", erklärt Grübner und reißt frische Zeitungsstreifen ab. Biesi verschwindet in der raschelnden Wolke, meckert noch ein Weilchen und ist dann wieder still.
Der braun-schwarze Igelmann hatte sich in einem Netz verfangen und wurde dabei fast stranguliert, erzählt die ehrenamtliche Tierpflegerin. Beim Igelverein in Bernau wird er jetzt wieder hochgepäppelt.
Biesi gehört zu den normalen Fällen, hat gute Heilungschancen. Mähroboter-Unfälle dagegen können wesentlich brutaler sein, wie Vereinsgründerin Grübner sagt. Die Igel geraten oft mit der Schnauze oder dem Gesicht zuerst unter die Klingen. "Halbe Gesichter, Schädeldecken, Ohren, Schnauzen werden dabei einfach abgefräst." Igel Keks zum Beispiel sei ein besonders schwerer Fall gewesen, erinnert sie sich: "Dem wurde der komplette Rücken weggesägt." Da seien keine Haut und Stacheln mehr gewesen, nur ein kreisrundes Loch und das blanke Muskelfleisch.
Das Problem: So große Hautschäden würden, wenn überhaupt, nur sehr langsam zuwachsen, erklärt Daniela Grübner. Da komme es dann darauf an, dass die Helfer schneller als die Fliegen sind. Denn die würden sofort Eier in die Wunden legen. Jetzt im Sommer entstehen daraus ruckzuck Maden und die fressen den Igel auf.
Ein durch einen Mähroboter verletzter Igel. | Quelle: dpa/Tierschutzverein München/Lydia Schübel
Der Igel läuft nicht weg
Zwölf von Mährobotern verletzte Igel wurden der Station im vergangenen Jahr gebracht. Nur fünf von ihnen hätten überlebt, so schwer seien die Tiere durch die rotierenden Klingen zugerichtet worden, berichtet sie.
Doch wie kann es dazu kommen? Beim Nachbarn dürfen wir uns seinen Mähroboter in Aktion anschauen: Mit einer App wird er gestartet. Dann zieht das halbovale Gefährt seine Bahnen, stoppt und wendet an den programmierten Rasenkanten.
Doch auf meine Füße mitten im Gras ist dieser Roboter nicht vorbereitet. Er rollt weiter auf mich zu: 3 Zentimeter vor dem Aufprall springe ich erschrocken weg - der Igel tut das nicht: "Weil er kein Fluchttier ist. In dem Moment, wo der Roboter ankommt, kriegt der Igel Angst und bleibt stehen. Er rollt sich nicht zusammen und er rennt nicht weg. Und dann ist er halt dran", sagt Grübner.
Es gibt inzwischen viele unterschiedliche Geräte, die wenige hundert oder einige tausend Euro kosten können: Mähroboter mit und ohne Begrenzungskabel, mit mehr oder weniger Sensoren zur Hinderniserkennung und -umfahrung, mit verschiedenen Gehäusen, die das Schneidwerk abdecken.
Doch wirklich sicher für Kleinsttiere oder auch Kinder im Gras war bislang fast keiner. Das habe die Stiftung Warentest in ihrem letzten Mähroboter-Test [test.de] erneut ermittelt, bestätigt Test-Leiterin Christiane Böttcher-Tiedemann. Dem rbb24-Inforadio sagt sie: "Es ist nicht so, dass jede Kollision den Igel verletzt. Viele Mähroboter drehen ab, weil sie das Hindernis erkennen. Auszuschließen ist es aber gerade bei kleinen Igeln nicht."
Der Sommer ist Wurfzeit für die Igel. Bereits jetzt schon ist erster Nachwuchs mit den Müttern unterwegs. Entsprechend rechnet Grübner von der Igelstation Bernau täglich damit, dass die Zahl der Mähroboter-Unfälle wieder in die Höhe geht.
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Die Nacht und die Dämmerung den Igeln lassen
Sie sagt, da helfe es nur, selbst Verantwortung zu übernehmen, wenn man einen Rasenroboter hat. Das heißt vor allem: Niemals das Gerät nachts und in der Dämmerung laufen lassen, damit sich die nachtaktiven Igel und die Roboter nicht in die Quere kommen.
Und was, wenn es trotzdem einen Igel im eigenen Garten trifft? Dann sollte man dazu stehen und helfen: "Gern bei uns melden, Einsicht zeigen und für die Tierarztkosten geradestehen", wünscht sich Igelschützerin Daniele Grübner. Sie hofft außerdem auf den technischen Fortschritt: Offenbar gibt es inzwischen schon erste Rasenmähroboter mit Fotosensoren und bilderkennender Künstlicher Intelligenz.