Debatte um Lärmbelästigung - Trinken vorm Späti: Diese Regeln gelten in den Berliner Bezirken
Keine Bänke und Stühle mehr vor Spätis: Das ist der Plan des Bezirks Pankow, weil sich Anwohner über Lärm, Müll und Fäkalien beschwert haben. Wie handhaben die anderen Berliner Bezirke das Thema? Laura Kingston hat nachgefragt.
Es ist günstiger als Kneipe, geselliger als zu Hause und es geht einigen Anwohnern auf die Nerven: Das Trinken vor Spätis. Der Bezirk Pankow will Sitzgelegenheiten vor Spätis in Zukunft verbieten. "Es geht um Menschen, die Schlaf brauchen, weil sie im Schichtdienst arbeiten. Und um Fälle, wo nicht die Toilette im Spätkauf aufgesucht wird, sondern wo man sich an Hauseingängen erleichtert", begründet Ordnungsstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) die Entscheidung in der "Berliner Morgenpost" [Bezahlinhalt]. Zu weiteren Details wollte sich der Bezirk gegenüber dem rbb nicht äußern
Mitte hat das Sitzen vor Spätis 2020 eingeschränkt
Von den elf anderen Bezirken hat nur einer eine ähnliche Regelung wie diejenige, die der Bezirk Pankow anstrebt. Das Bezirksamt Mitte gibt an, im Mai 2020 "aufgrund immenser Beschwerden von Anwohnenden seine Festlegungen zur Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen im Hinblick auf Schankvorgärten" geändert zu haben. Das sei vom Verwealtungsgericht Berlin im Eilverfahren bestätigt worden [Mitteilung des Bezirksamts Mitte].
Gleichzeitig beteuert der Bezirk auf rbb-Anfrage: "Dem Bezirksamt ist die Berliner Späti-Kultur sehr wichtig. Spätis sind beliebte Treffpunkte im Kiez. Es ist leider nicht möglich, für einen Einzelfall und nur für die 'friedlichen, ruhigen' Anlaufstellen die allgemeine Regelung aufzuheben."
Kein anderer Bezirk plant Einschränkungen von Spätis
Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf sagt auf rbb-Anfrage, dem zuständigen Ordnungsamt lägen gar keine Beschwerden vor.
Nur drei Beschwerden gingen 2022 im Ordnungsamt in Lichtenberg ein. Es bestehe keine Notwendigkeit, Spätis mit Sondernutzungsregelungen ihre Lizenz wieder zu entziehen, heißt es aus dem Bezirk.
Auch Neukölln gibt auf rbb-Anfrage bekannt, dass "nur vereinzelte Beschwerden der Anwohnenden" eingegangen seien, vor allem im Schillerkiez. Die Spätis mit Sondergenehmigungen für Sitzbänke sollen in Neukölln nach Bezirksangeben weiterhin offen bleiben. Bei wiederholten begründeten Beschwerden gegenüber einzelnen Standorten sei es "natürlich auch möglich, dass die jeweilige Sondernutzungserlaubnis widerrufen wird".
Sonderregelungen können in Einzelfällen widerrufen werden
Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg verfährt ähnlich - einzelne Beschwerden gebe es "vor allem in den urbanen Innenstadt-Bereichen". Aktuell gebe es keine Planungen, Sondernutzungsrechte von Spätis einzuschränken.
Der Bezirk Reinickendorf weist darauf hin, dass Sondergenehmigung für Spätis "versagt bzw. widerrufen werden, wenn es das öffentliche Interesse erfordert" Das bedeute, dass bei einer entsprechenden Beschwerdelage genauer hingeschaut werde. Ein generelles Verbot von Sitzgelegenheiten bezeichnet der Bezirk Reinickendorf als "unverhältnismäßig und vermutlich rechtlich auch nur schwer umzusetzen".
Friedrichshain-Kreuzberg teilt auf rbb-Anfrage mit: "Als erlaubnisfreie Gaststätten dürfen Spätis alkoholische Getränke lediglich verkaufen, nicht jedoch vor Ort ausschenken." Lärmstörungen durch große Gruppen und wildes Urinieren im Bereich des Spätkaufs kämen auch dort vor. Dennoch gebe es "derzeit in Friedrichshain-Kreuzberg keine Planungen, vor Spätis grundsätzlich keine Sondernutzungen mehr zu erteilen".
Steglitz-Zehlendorf will landesweite Regelung
Steglitz-Zehlendorf spricht von zehn bis 15 Lärmbeschwerden durch Späti-Betrieb pro Jahr. Das Ordnungsamt gibt auf rbb-Anfrage an: "Eine landesweite Regelung wäre zielführend und ist wünschenswert."
22 Sondernutzungserlaubnisse für Tische und Stühle gibt es für Spätis in Charlottenburg-Wilmersdorf, so ein Sprecher des Bezirks. Auch hier gebe es Beschwerden über nächtlichen Lärm, "nächtliche Saufgelage etc." Mit der Thematik des Verbots des Herausstellens von Tischen und Stühlen habe sich der Bezirk noch nicht so konkret befasst.
Spandau und Treptow-Köpenick haben sich bislang auf die rbb-Anfrage noch nicht zurückgemeldet.