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Audio: rbb24 Inforadio | 03.08.2023 | Hannah Burmeister | Quelle: dpa/H.P.Albert

Mehr Hunde als Zwinger

Tierheim Berlin beklagt Überfüllung

Eigenen Angaben zufolge ist das Berliner Tierheim das größte in Europa. Dennoch schlägt es Alarm: Der Platz für Hunde reicht nicht mehr aus - eine Folge der Corona-Pandemie und das Ergebnis falscher Erwartungshaltung. Von David Donschen

Balu steht hechelnd am Zaun des Rondells. Hier hat der drei Jahre alte Rottweiler im Hundehaus des Berliner Tierheims etwas Auslauf. Ansonsten sind er und seine Artgenossen gerade länger in ihren Zwingern, als es Mareen Esmeier lieb ist: "Die Situation ist dramatisch", sagt die Leiterin des Berliner Tierheims im Ortsteil Falkenberg dem rbb am Mittwoch.

Rottweiler Balu (3): Schwer vermittelbar | Quelle: rbb/D.Donschen

300 Hunde lebten aktuell im Tierheim. Dabei gäbe es lediglich 270 Zwinger für sie. Seit acht Jahren arbeitet Esmeier hier. So voll sei es seitdem noch nie gewesen. "Für unsere Pfleger bleibt kaum Zeit, um sich um die Tiere zu kümmern", sagt sie. Aus der Not heraus müssten Tiere inzwischen in kleinen Boxen oder Hunde in Katzengehegen untergebracht werden.

Spätfolgen der Pandemie

Dass die sieben Hundehäuser des Tierheims derzeit überbelegt sind, ist auch eine Folge der Corona-Pandemie. Rottweiler Balu steht dabei exemplarisch für das Schicksal vieler Hunde und die Überforderung vieler Familien. 2021 schaffte sich eine Familie Balu als Welpen an. Es war der erste Hund für die Familie. Doch Rottweiler sind nicht leicht zu erziehen.

"Balu wurden von seinen Haltern keine Grenzen aufgezeigt", erklärt Esmeier. In der Folge entwickelte der Rottweiler ein Verhalten, das die Familie überforderte. Als er auch nach dem Kind in der Familie schnappte, brachten sie ihn ins Tierheim. Nicht mal ein Jahr blieb Balu bei der Familie.

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Übrig bleiben verhaltensauffällige Hunde

Das Problem: Hunde mit einem Verhalten, wie auch Balu es zeigt, sind schwer vermittelbar. Dabei ist es nicht so, als gäbe es keine Interessenten für Hunde. Die meisten suchen aber nach kleinen, pflegeleichten Tieren. Doch wer sich die Fotos anschaut, die an jedem Hundehaus von den dort lebenden Tieren hängen, stellt fest, dass es solche gerade im Tierheim kaum gibt.

"Welpen oder kleine Hunde sind meistens nicht länger als zwei Wochen bei uns", erklärt Mareen Esmeier. Übrig blieben schlecht erzogene und verhaltensauffällige Rottweiler, Staffordshire-Terrier und Schäferhunde. Sie machten 90 Prozent des Hundebestandes im Tierheim aus. Zum Teil dauere es dann mehrere Jahre, bis ein Halter für sie gefunden werden könne, sagt Esmeier.

Notlösung wird zum Dauerzustand

Viele Interessenten kämen auch mit sehr verkitschten Bildern im Kopf ins Tierheim, sagt Esmeier weiter. "Der Hund soll sich uns aussuchen", so der Wunsch. Doch dass da dann ein Vierbeiner steht, der einen lieb und treu hinter den Gitterstäben anschaut, das gibt es im Tierheim nicht. Die Realität ist das komplette Gegenteil.

Als Mareen Esmeier in einem Hundehaus zu den Zwingern geht, bellen und knurren die Hunde so laut, dass man sein eigenes Wort kaum versteht. Statt in liebe Hundeaugen schaut man auf gefletschte Zähne.

Die Informationskarten an jedem Zwinger vervollständigen das Bild. Da ist zum Beispiel Husky-Mix Chiko. "MK- und Leinenzwang" steht auf der Karte. MK steht für Maulkorb. Dazu der Vermerk "Drei Bissvorfälle mit Menschen". Seit April 2021 lebt Chiko im Tierheim.

Aktuell sind vor allem große und verhaltensauffällige Hunde im Berliner Tierheim | Quelle: rbb/D.Donschen

Mangel an kompetenten Interessenten

Die Tierpfleger versuchen den Hunden beizubringen, wie sie sich richtig verhielten, sagt Esmeier. Bei manchen dauere es aber Wochen oder Monate, bis sie sich überhaupt anleinen ließen, sagt Esmeier. Durch die Überbelegung dauere es eher noch länger, da für diese Arbeit kaum noch Zeit bleibe.

Was insgesamt fehle, seien Interessenten mit Hundeerfahrung zum Beispiel für Balu. "Der braucht einen souveränen Halter, der weiß, wie man so einen jungen, unerzogenen Rüden an Alltagssituationen heranführen kann", so Tierheimleiterin Esmeier.

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Generell plädiert sie für die Zukunft für strengere Gesetze, damit es nicht noch einmal zu so einer Situation wie in der Corona-Pandemie kommt. Als Vorbild könne Niedersachsen dienen. Dort ist ein Hundeführerschein Pflicht. Vor dem Kauf eines Hundes müssen potenzielle Halter zunächst eine theoretische Prüfung ablegen.

Im ersten Jahr mit dem Hund steht zudem eine praktische Prüfung mit dem Tier an. Ähnliches wünscht sich Esmeier für Berlin, wie sie sagt. "Es darf nicht mehr sein, dass sich Menschen einen Hund in so einer Schnellschuss-Entscheidung zulegen können."

Sendung: rbb 88.8, 03.08.2023, 6:16 Uhr

Beitrag von David Donschen

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