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Video: rbb24 | 29.07.2023 | Vanessa Materla | | Quelle: IMAGO/Lutz Wallroth

Berliner Feuerwehr

Wie komme ich aus dem Haus, wenn es brennt?

Zwei Menschen sprangen aus einem Kreuzberger Hochhaus in den Tod - obwohl die Feuerwehr da war, sahen sie keinen anderen Weg. Wie verhält man sich im Brandfall? Diese Regeln gelten für Fluchtwege in Berliner Häusern. Von Julian von Bülow

Darauf ist die Feuerwehr nicht vorbereitet: Nachdem ein Feuer in der Wohnung ausbricht, retten sich ein Mann und eine Frau auf den Balkon im zwölften Stock. Während die Feuerwehr schon vor Ort ist und notdürftig ein Sprungpolster vorbereitet, springen die beiden aus dem zwölften Stock in die Tiefe. Schwer verletzt erliegen sie ihren Verletzungen vor Ort.

So schildern Polizei und Feuerwehr den Vorfall in einem Hochhaus in der Kreuzberger Lindenstraße am vergangenen Freitag. Warum der Mann und die Frau die Rettungswege im Inneren nicht nutzten, sei unklar, zitierte die "Morgenpost" die Feuerwehr. So blieb nur der Balkon.

Doch die Berliner Feuerwehr besitzt nur Drehleitern für Einsätze in bis zu 23 Metern Höhe. Ihre Sprungpolster sind nur für eine Fallhöhe von 16 Metern ausgelegt. "Eine Drehleiter hat eine Maximalhöhe", sagte ein Sprecher der Berliner Feuerwehr dem rbb. "Hier am Einsatzort war es das zwölfte Stockwerk, das sind über 30 Meter. Da kommt man dann hier auch an die Grenzen des Möglichen eines solchen Rettungsgerätes." Die Feuerwehr begründet die Grenzen ihrer Ausstattung mit den geltenden Brandschutzbestimmungen: Eine Rettung aus dem Fenster sei bei Hochhäusern nicht vorgesehen.

Aus dem 12. Stock gesprungen

Todesopfer nach Hochhausbrand in Kreuzberg unter Verdacht der Brandstiftung

Zwei Menschen sind bei einem Hochhausbrand in Berlin-Kreuzberg ums Leben gekommen. Sie sprangen aus dem 12. Stock, die Feuerwehr konnte sie nicht retten. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts der Brandstiftung. Im Verdacht: die beiden Toten.

Welche Rettungswege vorgesehen sind

Zwei Rettungswege müssen Gebäude vorweisen können. Das regelt die Berliner Bauordnung. Der erste Rettungsweg ist das Treppenhaus. "Der zweite Rettungsweg kann über Leitern der Feuerwehr bis zu einer Brüstungshöhe von 23 Metern sichergestellt werden", teilt die Berliner Feuerwehr rbb|24 mit. Weiter führt sie aus: "Gebäude, die höher sind, gelten als Hochhäuser. Bei diesen wird der erste und zweite Rettungsweg baulich sichergestellt, etwa durch zwei voneinander unabhängige Treppenräume oder einem Sicherheitstreppenraum." In diese kann kein Brand ausbrechen und kein Rauch eindringen. Die Rettung durch Fenster ist bei Hochhäusern nicht vorgesehen.

Zusätzlich zu den Treppen gebe es spezielle Feuerwehraufzüge, die im Brandfall noch genutzt werden können, erklärt Brandschutz-Prüfingenieur Helmuth Bachmann. Jene seien für moderne Hochhäuser vorgeschrieben. Damit könne die Feuerwehr zum Brandort vordringen und Menschen in Sicherheit bringen, etwa Rollstuhlfahrer:innen.

Doch für Bachmann wären Aufzüge ohnehin nicht das Mittel der Wahl: "Mit der Treppe können schlicht am meisten Menschen in kürzester Zeit ein Gebäude verlassen", sagt er. Die Treppen seien in der Regel aus Beton, moderne Häuser hätten zudem qualitativ bessere Türen als unrenovierte Altbauten. Und selbst wenn das Treppenhaus bereits verqualmt sei, könne die Feuerwehr Menschen mit Schutzmasken nach draußen führen. Dies sei auch im brennenden Kreuzberger Hochhaus mit einer Person geschehen, so ein Sprecher der Berliner Feuerwehr.

Bilanz für 2022

Berliner Feuerwehr rückt im Schnitt einmal pro Minute aus

Öfter als je zuvor ist die Berliner Feuerwehr im vergangenen Jahr ausgerückt: mehr als eine halbe Million Mal. Das ist rund doppelt so oft wie noch vor 20 Jahren. Dafür gibt es laut der Feuerwehr verschiedene Gründe.

In Altbauten gilt alter Brandschutz

Der Fluchtweg über Leitern sei meist problematischer, sagt Brandschutz-Prüfer Bachmann. Die Höfe der vielen Berliner Altbau-Hinterhäuser seien oft recht klein, dort stünden Mülltonnen und Fahrräder. Die könnten das Aufstellen von tragbaren Feuerwehrleitern blockieren.

Mit denen kommt die Feuerwehr etwa bis zum dritten Stock eines Hauses. Da meist nur ein Treppenhaus existiert und die Feuerwehr nicht mit Drehleitern anfahren kann, heißt das: Der zweite Rettungsweg ist für Menschen in Altbauten möglicherweise nur eingeschränkt verfügbar. Das liegt daran, dass der Brandschutz zum jeweiligen Bauzeitpunkt gilt und das ist im Zweifel dann auch mal das Jahr 1900.

Zu dem Fall, dass in einem modernen Hinterhaus etwa im sechsten Stock ein Feuer ausbreche, sagt die Berliner Feuerwehr: "Dann muss eine Aufstellfläche für die Drehleiter oder eine Außentreppe vorhanden sein. Wenn für die Bewohnenden der Treppenraum aufgrund von Rauch oder Feuer nicht mehr zugänglich ist, sollte man bis zum Eintreffen der Feuerwehr in der Wohnung, etwa am Fenster oder auf dem Balkon verbleiben." Bei Eintreffen der Feuerwehr solle man deren Anweisungen Folge leisten.

Dann können etwa auch Sprungpolster zum Einsatz kommen, wie sie die Feuerwehr auch im Falle des Kreuzberger Hochhausbrandes einsetzte. Jene sind aber nur bis zu einer Fallhöhe von 16 Meter ausgelegt – das ist bei einem Sprung aus dem zwölften Stock aber kaum eine Hilfe.

Elektrizität häufigste Brandursache

Rund 529.000 Einsätze hatte die Berliner Feuerwehr im vergangenen Jahr. Den Großteil (77 Prozent) machten Rettungseinsätze aus, in die Kategorie Brandbekämpfung fielen 9.578 Einsätze, so die Berliner Feuerwehr. Brände wurden in den vergangenen 20 Jahren am häufigsten ausgelöst durch Elektrizität, menschliches Fehlverhalten sowie Brandstiftung und Überhitzung, wie das Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer bekanntgab.

Sendung: rbb24 spät, Sa., 29.07.2023, 21:45 Uhr

Beitrag von Julian von Bülow

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