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Quelle: rbb24/Bordel

Emmaus-Kirchhof

Berliner Senat übernimmt Entscheidung über Neuköllner Bauvorhaben vom Bezirk

Der Bebauung des neuerdings größten Waldstück Neuköllns hat der Bezirk nicht zugestimmt. Jetzt hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eingegriffen und die Entscheidung darüber an sich genommen. Sie möchte die Bebauung verwirklichen. Von Anna Bordel

Ob auf einem ehemaligen Friedhof in Neukölln gebaut werden darf, entscheidet in einem konkreten Fall nun nicht mehr der Bezirk selbst, sondern der Berliner Senat. Die Senatsverwaltung für Bauen und Stadtentwicklung hat die Entscheidung um das Bauvorhaben auf einem Teilstück des Emmaus-Kirchhofs dem Bezirk Neukölln abgenommen. "Die Realisierung des Projektes liegt im Gesamtinteresse des Landes Berlin. Deswegen ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen (…) in das Bebauungsplanverfahren eingetreten", teilte Martin Pallgen, Pressesprecher der Senatsbauverwaltung, rbb|24 auf Nachfrage mit.

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Rund 600 Wohnungen sind geplant

Eine Besonderheit bei dem Gelände ist, dass es sich dabei nicht einfach um ein ehemaliges Friedhofsgelände, sondern mittlerweile um einen offiziell anerkannten Wald handelt - den größten Neuköllns. Das 3,8 Hektar große Waldstück steht unweit des S-Bahnhofes Hermannstraße. Bereits 2016 erwarb das Immobilienunternehmen Buwog das Grundstück, um dort Wohnungen zu bauen. Die Baugenehmegiung dafür zu erteilen ist an sich Aufgabe des Bezirks, das hat Neukölln aber bis heute nicht getan.

Diese Entscheidung liegt seit einigen Tagen auch nicht mehr in der Verantwortung des Bezirks. Wenn eine Angelegenheit berlinweites Interesse erlangt, kann der Senat Gebrauch vom Eingriffsrecht machen und die Verantwortung für ein Bauvorhaben übernehmen. Das geht beispielsweise, wenn ein Wohnbauprojekt von relevantem Interesse für den Berliner Wohnungsmarkt ist, weil es mehr als 200 neue Wohnungen vorsieht. Das ist bei dem Bauvorhaben der Buwog auf dem Emmaus-Kirchhof der Fall. Laut Senatsbauverwaltung sollen auf dem Gelände rund 600 neue Wohnungen entstehen.

Bebauung keine Mehrheit im Bezirk

Der Bezirk stimmte dem Vorhaben bislang nicht zu. Das Bauvorhaben hätte laut dem Neuköllner Stadtrat für Stadtentwicklung, Jochen Biedermann (Grüne), in der Bezirksverordnetenversammlung keine Mehrheit. Dass es sich bei dem Baumbestand um einen Wald handelt, wurde ihm zufolge von den Berliner Forsten erst Ende Juli per Gutachten festgesetzt. Dieser Neubewertung führt laut Biedermann ebenfalls dazu, dass er das Bauverfahren nicht ohne Weiteres durchwinken könne.

Genau das habe die Senatsverwaltung von ihm in einem Schreiben von Ende Julie aber gefordert: "Mit Schreiben vom 28.07.2023 wurde das Bezirksamt durch den Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen angewiesen, das Bebauungsplanverfahren zur Wahrung dringender Gesamtinteressen des Landes Berlins fortzusetzen und bis Ende dieses Jahres zum Abschluss zu bringen", teilte Biedermann in einer Beantwortung einer mündlichen Anfrage Ende August mit. Er habe die Senatsverwaltung auf die Wald-Thematik und das Meinungsbild im Bezirk verwiesen. Mittlerweile hat die Senatsverwaltung die Angelegenheit selbst in die Hand genommen.

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Wenig Wald in Neukölln

Der Senatsverwaltung zufolge plant die Buwog auf dem Gelände rund 600 Wohnungen zu bauen, von denen rund 30 Prozent mietpreisgebenden sein sollen. Außerdem soll sich das Unternehmen laut Senatsbauverwaltung an den Kosten für einen Schul- sowie einen Kitabau beteiligen. Das Unternehmen selber äußert sich auf Nachfrage von rbb|24 nicht zu dem geplanten Bauvorhaben.

Derzeit ist das Gelände noch von einem Metallzaun umgeben. Buwog-Schilder weisen darauf hin, dass das Waldstück nicht betreten werden darf. Löcher in den Zäunen und ausgetretene Pfade zwischen den Bäumen weisen daraufhin, dass es dennoch manche Menschen tun. Nadel- und Laubbäume von miniklein bis weit über haushoch wachsen dort.

Laut den Berliner Forsten, die Biedermann in seiner Antwort auf die mündliche Anfrage zitiert, handelt es sich dabei vor allem um "Linden, Eichen, Ahorn, Birken und Spitzahorn (…). Im Mittelteil befindet sich ein Douglasienbestand". Mit weniger als einem Prozent Wald auf der Fläche gilt der Bezirk Neukölln den Berliner Forsten zufolge als ausgesprochen waldarm.

Die Auszeichnung des Emmaus-Walds als Wald verdreifache demnach die Waldfläche des Bezirks. "Der Verlust dieser Waldfläche würde sich daher voraussichtlich besonders negativ auf das Stadtklima auswirken", zitiert Biedermann aus einem Schreiben der Forsten.

Alte Bäume und Friedhofsstruktur in Neubau berücksichtigen

Diese Ansicht unterstützt auch eine Initiative "Emmauswald bleibt". Eine Gruppe aus Aktivisten, die sich für den Erhalt des Baumbestand einsetzen. "Wir sind nicht gegen das Bauen. Wir sind sogar für neuen Wohnraum. Aber warum muss dafür der größte Wald Neuköllns gerodet werden? Man könnte auch eine der zahlreichen Brachflächen in Neukölln bebauen", sagt Judith König, die in der Gruppe aktiv ist.

Der alte Baumbestand sowie die ehemaligen Friedhofsstrukturen sollen laut Senatssprecher Pallgen in der Bebauung berücksichtigt werden. "Die besondere Freiraumqualität und Historie des Ortes als ehemaliger Friedhof mit wertvollem, altem Baumbestand und markanten Baumreihen und Alleen sowie der charakteristischen, orthogonalen Struktur dient als Grundstruktur für die Bebauung", so Pallgen.

Um einen Wald zu fällen, muss nach Berliner Recht an anderer Stelle ein neuer Wald gebaut werden. Dafür müsse in diesem Fall laut Bezirksstadtrat Biedermann erst einmal ein Gutachten erstellt werden, um festzulegen, in welchem Umfang als Ausgleich neu aufgeforstet werden müsste. Dieses Gutachten zu beauftragen ist jetzt nicht mehr seine Aufgabe, sondern die der Senatsbauverwaltung.

Beitrag von Anna Bordel

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