Berliner Kammergericht
Oben ohne durfte sie nicht am Wasserspielplatz sitzen - dagegen hatte eine Frau geklagt. Das Landgericht wies die Klage ab. Jetzt hat das Berufungsverfahren dagegen begonnen - mit nach wie vor offenem Ausgang.
Im Rechtsstreit um nackte Brüste auf einem Berliner Wasserspielplatz und eine mögliche Diskriminierung der Frau ist eine Entscheidung des Gerichts aufgeschoben worden.
Die betroffene Frau, die sich im Juni 2021 oben ohne sonnte und deswegen den Wasserspielplatz in Berlin-Plänterwald verlassen musste, lehnte am Freitag bei der Verhandlung vor dem Kammergericht ein Vergleichsgespräch mit den Vertretern des Landes Berlin ab.
Das Land hingegen will nun klären, ob es die Forderung der klagenden Frau teilweise anerkennt. Das hatte die Richterin angeregt. Sollte das Land das ablehnen, wird das Gericht entscheiden.
In der ersten Instanz hatte das Landgericht im September 2022 die Klage der Frau auf eine Entschädigung nach dem Antidiskriminierungsgesetz des Landes Berlin (LADG) abgewiesen. Gabrielle L. hatte wenigstens 10.000 Euro vom Land Berlin verlangt. Die Klägerin sei nicht unrechtmäßig wegen ihres Geschlechts diskriminiert worden, argumentierte das Gericht damals. Das Verhalten von Sicherheitsleuten und Polizei sei rechtmäßig gewesen. Die Frau war gegen diese Entscheidung in Berufung gegangen, worüber nun das Kammergericht entscheiden muss.
Die Klägerin hatte im Juni 2021 den Wasserspielplatz "Plansche" im Bezirk Treptow-Köpenick besucht und oben ohne auf einer Decke gesessen. Sicherheitskräfte forderten sie auf, ihre Brust zu bedecken oder den Platz zu verlassen. Als sie sich weigerte, wurde die Polizei gerufen. Die Beamten forderten die Frau ebenfalls mit Nachdruck auf, ein T-Shirt anzuziehen - oder zu gehen.
Die für das Antidiskriminierungsstelle zuständige Ombudsstelle, die die Klägerin eingeschaltet hatte, ging von einer Diskriminierung aus. Auf deren Empfehlung hat der Wasserspielplatz seine Nutzungsordnung ergänzt. Danach gilt für alle Geschlechter, dass die Badebekleidung die primären Geschlechtsorgane vollständig bedecken muss. Die weibliche Brust gilt als sekundäres Geschlechtsorgan.
Zu Beginn der neuen Verhandlung stellte die Richterin fest: "Rein äußerlich betrachtet ist sie als Frau anders behandelt worden als als Mann. Das war schon eine ungleiche Behandlung." Man könne schon auch von einer "Schlechterbehandlung" sprechen. Die rechtliche Frage sei aber, ob diese Behandlung gerechtfertigt gewesen sei oder eine Einschränkung.
Zugleich machte sie klar, dass die geforderte Summe von 10.000 Euro viel zu hoch sei. Das sei weit mehr als das Gesetz vorsehe. Angemessenen sei eher eine Summe im dreistelligen Bereich, also mehrere Hundert Euro. Es gebe deutlich schlimmere Formen von Diskriminierungen. "Wir müssen es ins Verhältnis setzen."
Die Anwältin der Klägerin, die sich selbst nur kurz äußerte, betonte, es habe sich um eine Diskriminierung gehandelt, weil sie nach Geschlecht erfolgt sei. "Es ging um das Frausein." Die klagende Frau wurde von einer "Gesellschaft für Freiheitsrechte" unterstützt, etwa 20 junge Frauen hatten sich als Zuschauerinnen im Gerichtssaal versammelt.
Sendung: rbb24 Inforadio, 28.09.2023, 10 Uhr
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