Interview | Planetarium Potsdam
Um Polarlichter zu sehen, muss man nicht mehr nach Norden reisen. Es gibt sie nun auch in Brandenburg. Das liegt daran, dass die Sonne besonders aktiv ist. Und das wird sie auch erst einmal bleiben, sagt Simon Plate vom Urania-Planetarium in Potsdam.
rbb|24: Herr Plate, viele Menschen buchen eigens eine Norwegen-Reise, um einmal im Leben Polarlichter zu sehen. Das ist aber offenbar gar nicht mehr nötig – denn wir haben sie ja zum wiederholten Male hier bei uns in der Region. Wie kommt das?
Simon Plate: Das hat mit der derzeit erhöhten Aktivität unserer Sonne zu tun. Polarlichter sind zunächst einmal ein atmosphärisches Phänomen. Sie sind ein Leuchten innerhalb unserer Erdatmosphäre. Und dieses Leuchten hat viel mit unserem Heimatstern, der Sonne, zu tun. Sie befindet sich in 150 Millionen Kilometer Entfernung und schickt permanent einen Strom geladener Teilchen in ihre Umgebung. Der verteilt sich in ihrer Umgebung. Das ist der Sonnenwind.
Der weht mal gemächlicher und mal intensiver. Wenn er besonders intensiv weht, ist das im Grunde wie bei einem Ausbruch oder einer Eruption solcher geladener Teilchen auf der Sonne. Er ist von der Richtung her auch noch Richtung Erde ausgerichtet. Dann machen sich die Teilchen auf den Weg zu uns. Sie erreichen uns im Schnitt nach zwei bis drei Tagen und bewegen sich dann entlang des Magnetfelds der Erde. Und dann eben besonders am Nord- und Südpol, wo das Magnetfeld auch mit der Atmosphäre zusammentrifft. Dort bewegen sich die Teilchen in die Atmosphäre der Erde hinein.
Dort wechselwirken sie mit den Atmosphären-Molekülen und regen sie letzten Endes zum Leuchten an. Das sind dann die Polarlichter, die wir sehen.
Und zurzeit ist die Sonne eben ganz besonders aktiv. Deshalb gibt es häufiger Polarlichter.
Hat es mit dem Klimawandel zu tun, wenn die Sonne so besonders aktiv ist?
Nein, da gibt es keinen Zusammenhang. Es handelt sich um etwas, das in der sehr hohen Atmosphäre stattfindet. Die Polarlichter leuchten mehr als 100 Kilometer über der Erdoberfläche. Da ist per Definition eigentlich schon der Weltraum. Aber da gibt es noch Rest-Atmosphäre – und dort leuchten die Atmosphären-Moleküle.
Wird sich das noch wiederholen oder ist das eine einzigartige Situation?
Das wird sich wiederholen in den nächsten Jahren. Denn tatsächlich ist die Sonne gerade auf dem aufsteigenden Ast ihres Aktivitätszyklus. Sie macht das alle elf Jahre durch. Das Maximum am Polarlichtern wird für das Jahr 2025 erst erwartet. Wir dürfen uns also auf noch mehr Polarlicht-Nächte über Brandenburg freuen.
Wo und unter welchen und Bedingungen kann man möglichst sicher auch Polarlichter sehen, wenn sie angekündigt werden?
Was man unbedingt braucht, ist ein freier Blick Richtung Norden – möglichst weit bis zum Horizont runter. Da sind also viele städtische Gebiete ausgeschlossen – oder man braucht dort einen sehr hohen Punkt. Und man braucht in jedem Fall einen dunklen Himmel. Denn die städtische Lichtverschmutzung kann diese doch eher subtilen Leuchterscheinungen ganz leicht überstrahlen. Hat man aber einen dunklen Standort auf dem Land und die Augen sind gut an die Nacht angepasst, dann fallen die Polarlichter, wenn man bewusst danach schaut, auch sofort ins Auge.
Das Kniffelige ist immer das Timing. Ich muss zugeben, dass ich die Polarlichter vergangene Nacht auch verpasst habe. Sie waren überraschend heftig – so intensiv waren sie gar nicht vorhergesagt. Auch für die Forschung gibt es da in Sachen Vorhersage immer wieder neue Herausforderungen.
Berliner müssen also rausfahren, wenn sie was davon sehen wollen?
Ja, in Berlin ist definitiv das Thema Lichtverschmutzung ein Problem. Nur wenn das Leuchten einmal ausgesprochen hell ist, kann es sich gegen die städtische Lichtglocke vielleicht einmal ein wenig durchsetzen.
Fährt man in Brandenburg besser in die Lausitz oder in die Uckermark?
Je weiter nördlich, desto besser. Da wäre die Ostsee fast schon am besten. Wenn man in Richtung der Polarlicht-Aktivität schaut, muss man immer nach Norden schauen. Denn es geht ja um den Bereich um den Nordpol herum. Entgegengesetzt auch um den Südpol herum. Die Polarlichter tanzen wie in einem Oval um den jeweiligen Pol herum. Je weiter wir uns aus Berlin und Brandenburg kommend Richtung Norden bewegen, je näher ist man auch geografisch. Und desto höher rückt das ganze Gebilde auch über den Horizont.
Polarlichter sind also dasselbe wie Nordlichter?
Ja, es sind zwei Namen für dasselbe Himmelsphänomen.
Wie genau kann man Polarlichter denn vorhersagen für bestimmte Orte?
Die Vorhersage ist sehr herausfordernd für die Forschenden, die sich damit beschäftigen. Für Interessierte gibt es im Internet durchaus – englischsprachige – Vorhersagen mit groben Wahrscheinlichkeiten. Unter "spaceweather.com" teilen beispielsweise Sonnenphysiker ihre aktuellen Messdaten.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Sabine Priess.
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