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Audio: Podcast: Geht ein Mann zum Arzt | 27.09.2023 | Raiko Thal | Quelle: dpa/K. Rose

Vorsorgeuntersuchungen

Warum Männer oft nicht zum Arzt gehen

Männer in Berlin gehen nicht so häufig zu Vorsorgeuntersungen wie Frauen - und in Brandenburg zeigt sich der gleiche Trend, wie aktuelle Zahlen von Krankenkassen zeigen. Dafür gibt es viele Gründe. Von Ursula Stamm

In Berlin gehen deutlich weniger Männer zu Vorsorgeuntersuchungen als Frauen. Das ergibt eine aktuelle Auswertung der Versichertendaten der Techniker-Krankenkasse von Berliner Versicherten.

Nach der Auswertung von Ende August nutzt jede zweite Frau ab 20 Jahren (50,05 Prozent) die Krebsfrüherkennung bei ihrer gynäkologischen Praxis und lässt sich dort auf Gebärmutterhalskrebs untersuchen.

Dagegen gehen nur 24 Prozent der Männer zur Krebsfrüherkennung an Genitalien und Prostata, die ab 45 Jahren empfohlen und von der Kasse übernommen wird.

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Geht ein Mann zum Arzt

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Darmkrebsvorsorge schwach nachgefragt

Zahlen der Krankenkasse Barmer weisen in die gleiche Richtung, zum Beispiel bei der Stuhluntersuchung zur Früherkennung von Darmkrebs. Die wird zwar bisher generell von sehr wenig Anspruchsbereichtigten genutzt, die Teilnahme der Männer ist aber noch schwächer als die der Frauen: 2022 nutzten 6,2 Prozent aller Berlinerinnen über 50 Jahren dieses Vorsorgeangebot, aber nur 4,1 Prozent der Berliner in der entsprechenden Altersgruppe.

In Brandenburg ist der Unterschied größer. 7,2 Prozent der Brandenburgerinnen nahmen den Stuhltest in Anspruch, aber nur vier Prozent der männlichen Brandenburger.

Warum viele Männer sich eher schwer tun, wenn es um ihre eigene Gesundheit geht, ist immer wieder Gegenstand von Befragungen und Studien. Verschiedene Krankenkassen, das Robert-Koch-Institut oder die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben dazu geforscht. Die Erklärungen sind vielfältig.

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Alte Rollenbilder stehen im Weg

"Viele Männer verstehen sich immer noch als das 'starke Geschlecht'", sagt Thomas Fydrich, emeritierter Professor für Gesundheitspsychologie an der Berliner Humboldt-Universität. Damit verbunden sei ein anderes Verständnis des eigenen Körpers, als es bei Frauen der Fall sei. Solange alles funktioniere, gebe es keinen Anlass, sich mit einem möglichen "Versagen" zu beschäftigen.

"Sich mehr um seine Gesundheit zu kümmern, erachten viele Männer als nebensächlich und überflüssig oder empfinden es als Schwäche", sagt auch Kurt Miller von der Stiftung Männergesundheit.

Viele Männer gehen erst spät zum Arzt

Frauen seien oft schon als Teenager daran gewöhnt, zur Gynäkologin zu gehen - auch wenn sie sich gesund fühltensagt Psychologe Fydrich. Viele Männer machten erst dann Bekanntschaft mit einem Hausarzt, wenn die Partnerin dränge oder wenn sie so starke körperliche Beschwerden hätten, dass sie ihr Alltagspensum nicht mehr bewältigen könnten. Männer hätten ein grundsätzlich starkes Vertrauen in die eigene Gesundheit. "Das ist ein ungesunder Optimismus, der gefährlich werden kann. Denn manche Sachen erkennt man nicht, ohne dass man sie medizinisch untersuchen lässt", so Fydrich weiter.

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Männer sagen deutlich häufiger Vorsorgetermine ab als Frauen, wie eine Studie der AOK zur so genannten "Aufschieberitis" von 2022 ergab. Danach gaben 20 Prozent der Männer an, einen Termin zur Krebsfrüherkennung schon einmal abgesagt zu haben. Bei den Frauen waren es nur acht Prozent. Als häufigste Gründe für die ersatzlose Terminabsage wurden genannt: mangelnde Motivation, Zweifel am Nutzen des Termins, Zeitmangel aus beruflichen oder privaten Gründen sowie Angst vor der Untersuchung.

Angst vor den Untersuchungen

Obwohl in der Untersuchung der AOK zur "Aufschieberitis" rund die Hälfte aller Befragten Angst vor einer Krebserkrankung äußerten, zögern viele, die Früherkennungsuntersuchungen in Anspruch zu nehmen, die dieses Risiko minimieren könnten. Mehr als einem Drittel von ihnen hilft es allerdings, wenn der Hausarzt oder die Hausärztin auf die Vorsorgeuntersuchungen hinweisen, so die AOK-Studie.

Was ebenfalls motivieren könne, diese Angst zu überwinden, sei eine von Krebs betroffene Person im nahen Umfeld, sagt Fydrich. "Die Gefahr ist plötzlich greifbarer, wenn sie mit einer Person verbunden wird." Dann würden viele Männer doch mal zur Vorsorge gehen.

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Scham spielt auch eine Rolle

"Vielen Männern ist ein Arztbesuch unangenehm, ganz besonders, wenn es sich um vermeintlich heikle Probleme handelt", sagt Simon Senner, Oberarzt für Psychiatrie im Klinikum rechts der Isar der TU München. Oft helfe es, mehr Informationen über die Untersuchung zu haben.

Aber auch das ist für Männer wohl oft schwierig, weil sie seltener an Angeboten zur Gesundheitsförderung teilnehmen, wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung feststellt.

Unwissenheit und falsche Vorstellungen

Mangelndes Interesse und Uninformiertheit führen oft zu Unwissenheit über medizinische Zusammenhänge – und auch darüber, was den Einfluss des Lebensstils auf die Entstehung von Krebserkrankungen angeht. Oftmals gibt es wohl auch falsche Vorstellungen darüber, wie bestimmte Früherkennungsuntersuchungen ablaufen.

Eine Tastuntersuchung der Prostata etwa ist nicht schmerzhaft, das gilt auch für das Hautkrebsscreening. Auch eine Darmspiegelung laufe heutzutage schmerzfrei ab, es könne ein leichtes Narkosemittel eingesetzt werden und auch die Vorbereitung (Darmreinigung) sei längst nicht mehr so belastend wie noch vor einigen Jahren, sagt Philip Grunert, Oberarzt in der Klinik für Innere Medizin des Universitätsklinikums Jena.

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Männer sterben oft früher

Männer sterben laut der AOK-Studie im Durchschnitt nicht nur fünf Jahre früher; sie leiden auch häufiger unter Übergewicht (61,6 Prozent Männer; 46,7 Prozent Frauen), werden häufiger wegen eines Herzinfarktes behandelt (142.470 Männer, 69.752 Frauen) und rauchen öfter (26,4 versus 20,2 Prozent).

Dabei gibt es laut des "Public Opinion Survey on Cancer von 2020" der Union for International Cancer Control einen klaren Zusammenhang zwischen Lebensstil-Faktoren und der Wahrscheinlichkeit, an Krebs oder einer Herz-Kreislauferkrankung zu sterben. "In Deutschland gelten an die 40 Prozent aller Krebsfälle als vermeidbar – durch einen gesunden Lebensstil und die Nutzung von Impfungen", sagt Pricivel Carrera vom Krebspräventionszentrum in Heidelberg. "Doch die besten Empfehlungen zur Krebsprävention nützen nichts, wenn Menschen nicht danach handeln."

Die wichtigsten Vorsorgeuntersuchungen

Check-up 35

Diese Vorsorgeuntersuchung wird ab dem 35. Lebensjahr alle drei Jahre von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Dabei fragt der Arzt nach Beschwerden, Lebensgewohnheiten und Erkrankungen in der Familie, untersucht wichtige Organe und nimmt Blut ab. Ziel ist es, gesundheitliche Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen.

Prostata

Ab dem 45. Lebensjahr zahlen die gesetzlichen Krankenkassen jedes Jahr eine Tastuntersuchung der Prostata. Dabei tastet der Arzt tastet über den Enddarm die Größe der Prostata. Je nach Lage und Größe können so bösartige Veränderungen entdeckt werden. Da nicht alle Tumoren auf diese Weise entdeckt werden können, raten manche Expertinnen und Experten zusätzlich dazu, das Prostata-spezifische Antigen (PSA) zu bestimmen. Dieser Wert kann aber auch durch andere Faktoren (Medikamente, Sex, langes Radfahren, Harnwegsentzündung) erhöht sein. Außerdem bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen die Untersuchung im Rahmen der Vorsorge nicht.

Hautkrebs

Bei der Hautkrebsvorsorge sucht der Arzt oder die Ärztin mit bloßem Auge die Haut nach verdächtigen Stellen ab. Verdächtige Stellen sind häufig Leberflecken, die in Asymmetrie, Begrenzung, Farbe (Color), Durchmesser und Erhabenheit (ABCDE-Regel) auffällig sind. Dabei wird der gesamte Körper untersucht, zum Beispiel auch die Kopfhaut, die Fußsohlen und der Schambereich. Diese Früherkennungsuntersuchung wird alle zwei Jahre von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt.

Darmkrebs

Es gibt zwei Formen von Früherkennungsuntersuchungen auf Darmkrebs. Die Darmspiegelung und der immunologische Stuhltest (IFOBT) auf Blut im Stuhl. Anspruch auf eine Darmspiegelung haben Männer ab dem 50. Lebensjahr und Frauen ab dem 55. Lebensjahr, und zwar alle zehn Jahre. Dabei betrachtet die Ärztin mit Hilfe eines Endoskops die Darmwand und kann gleichzeitig verdächtiges Gewebe entfernen. Den immunologischen Stuhltest kann man zu Hause selbst machen, indem man eine Stuhlprobe in ein kleines Röhrchen füllt und beim Arzt abgibt. Dieser Test wird ab dem 55. Lebensjahr alle zwei Jahre von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt, wenn keine Darmspiegelung in Anspruch genommen wird.

Sendung: rbb Praxis, 27.09.2023, 20:15 Uhr

Beitrag von Ursula Stamm

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