Tarifzone AB
Von den einen angepriesen, von den anderen als zu teuer verschmäht: Der VBB-Aufsichtsrat wird nach rbb-Informationen das Berliner 29-Euro-Ticket am Donnerstag beschließen. Kritisiert wird das Vorhaben nicht nur von der Opposition, sondern auch von Brandenburg.
Der Aufsichtsrat des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg befasst sich am Donnerstag mit der Zukunft des Berliner 29-Euro-Tickets. Nach rbb-Informationen aus Aufsichtsratskreisen zeichnet sich ab, dass es für die Wiedereinführung des Fahrscheins eine Mehrheit gibt.
Der Vorsitzende des Landkreistages Brandenburg, der parteilose Landrat von Oberspreewald-Lausitz Siegurd Heinze, sagte im rbb24 Inforadio, die allgemeinen Fahrpreise müssten dafür aber erhöht werden. "Wir wollen als kommunale Auftraggeber eine allgemeine Tarifanpassung, das wäre vielleicht eine Möglichkeit, einen Ausgleich zu finden." Nur so könnte den Berlinern das 29-Euro-Ticket ermöglicht werden, ohne dass für Brandenburg Mehrkosten entstehen.
Das Ticket dürfte demnach, wie zuletzt bis Ende April, für den Tarifbereich AB gelten. Eine Erweiterung auf den Tarifbereich C, der das unmittelbare Berliner Umland umfasst, ist nicht absehbar. Dazu hatte es in den vergangenen Monaten vertrauliche Gespräche zwischen den Landesregierungen von Berlin und Brandenburg gegeben. Für eine Erweiterung müsste auch Brandenburg Haushaltsmittel bereitstellen. Bislang hatte es aus Brandenburg dazu öffentlich nur ablehnende Äußerungen gegeben.
Die vorherige rot-grüne-rote Koalition hatte das 29-Euro-Ticket im vergangenen Herbst gegen Widerstände aus Brandenburg im VBB-Aufsichtsrat durchgesetzt. Es galt von Oktober 2022 bis Ende April dieses Jahres und war ein Rabatt auf bestehende VBB-Umweltkarten im Tarifbereich AB. Die SPD hatte die Beibehaltung beziehungsweise Wiedereinführung des Tickets zu ihrem zentralen Wahlkampf-Versprechen erhoben. Auch die CDU hatte in ihrem Wahlprogramm ein vergleichbar günstiges 365-Euro-Jahresticket gefordert. Beide Parteien haben die Wiedereinführung des Tickets in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart.
Das 29-Euro-Ticket ist in mehrfacher Hinsicht umstritten. Brandenburger Kommunen kritisieren, Berlin setze im Verkehrsverbund immer wieder Sonderwünsche durch und verweisen dabei unter anderem auch auf das nur in Berlin geltende kostenlose Schülerticket. Einige Landräte kritisieren außerdem, dass bei einer "Insellösung", die nur für Berlin gelte, pendelnde Reisende zwischen beiden Ländern nicht von dem Rabatt profitieren würden.
Aber auch in der Berliner Landespolitik wird das Angebot kritisch gesehen. Grüne und Linke bemängelten wiederholt, dass das Ticket damit in teilweiser Konkurrenz zu dem seit Mai geltenden bundesweiten 49-Euro-Ticket stehen würde. Gleichzeitig müsse Berlin dafür Geld ausgeben, dass anders besser investiert werden könnte.
Nach Angaben der Senatsverwaltung für Mobilität vom August würde das 29-Euro-Ticket pro Jahr zwischen 250 und 335 Millionen Euro kosten. Würde dagegen das bestehende Deutschlandticket für einzelne Gruppen wie Auszubildende oder Senioren auf 29 Euro rabattiert, lägen die Kosten für das Land lediglich bei 27 bis 50 Millionen Euro. Eine solche Lösung ist aber vor allem von SPD-Seite nicht gewünscht, weil sie im Wahlkampf ein "29-Euro-Ticket für alle" versprochen hatte.
Wenn das Ticket in seiner bisherigen Form wiedereingeführt würde, wäre es zu den Bedingungen der VBB-Umweltkarte erhältlich. Das bedeutet: Anders als das Deutschlandticket wäre es übertragbar und nicht an eine einzelne Person gebunden. Außerdem könnten abends um am Wochenende weitere Reisende kostenlos mitgenommen werden.
Ein weiteres Berliner Rabattangebot wird voraussichtlich ebenfalls verlängert werden: Das derzeit bis zum Jahresende geltende Neun-Euro-Sozialticket wird nach rbb-Informationen auch darüber hinaus angeboten werden dürfen. Dieses Ticket richtet sich an alle Berlinerinnen und Berliner, die Sozialleistungen beziehen. Es wurde ebenfalls im vergangenen Oktober als rabattierter Fahrschein erstmals angeboten.
Beschließen will der VBB-Aufsichtsrat außerdem Tariferhöhungen für das sonstige Fahrscheinsortiment zum 1. Januar. Es handelt sich dabei um Preisanhebungen, die turnusmäßig zum Jahreswechsel vollzogen werden.
Zuletzt waren die Tariferhöhungen Anfang des Jahres allerdings vom 1. Januar auf 1. April verschoben wurde. Begründet worden war das mit der unklaren Lage vor der Einführung des bundesweiten 49-Euro-Tickets. Im April waren die Fahrpreise im Schnitt dann um 5,6 Prozent angehoben worden.
In welchem Umfang es nun zu Erhöhungen kommen wird, wurde bislang nicht öffentlich. Vor allem die Kommunen drängen immer wieder auf eine Erhöhung der Fahrpreise, weil zahlreiche kleine Verkehrsunternehmen in den Landkreisen auf das Geld dringend angewiesen sind.
Sendung: rbb24 Abendschau, 28.09.2023, 19:30 Uhr
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