Studierende auf Wohnungsuche
In anderen Ländern ist es normal, dass mehrere Studierende in einem Zimmer schlafen, in Berlin eher nicht. Dafür sind die Zimmer in den Wohnheimen häufig zu klein, so das Studierendenwerk. Die meisten wollen das außerdem auch nicht. Von Anna Bordel
Kein Stress bei der Wohnungssuche haben und dazu noch wenig für das Zimmer bezahlen. Für diesen Luxus in Norwegen muss sich die Berliner Erasmus-Studentin Maria ein recht kleines Zimmer in Bergen mit einer weiteren Studentin teilen. Den Platz im Wohnheim bekam sie garantiert, unter der Voraussetzung, dass sie bereit sei, auch zu zweit ein Zimmer zu beziehen. Ihre Mitbewohnerin kannte die Medizinstudentin vorher nicht, trotzdem findet sie es in Ordnung. "Ich mache hier Erasmus, alles ist viel lockerer, man ist ja auch irgendwie hier um Spaß zu haben und sozial zu sein. Für ein Semester ist das okay", sagt sie.
Dass sich mehrere Studierende ein Zimmer teilen, ist in vielen anderen Ländern wie Frankreich, Polen, Italien aber auch China und den USA völlig normal. Ein Ausweg, um weniger Miete zu zahlen und außerdem allen Interessenten ein Wohnheimzimmer anbieten zu können. In Berlin hingegen trägt diese Option kaum dazu bei, die Wohnungssuche für Studierende zu entspannen. Und die kann momentan anstrengend sein.
4.900 Menschen stehen laut Studierendenwerk auf der aktuellen Warteliste für einen Wohnheimplatz in Berlin. In ganz Berlin gibt es insgesamt 9.200 Plätze. Die sind alle belegt. Teilen kommt trotzdem bei den meisten nicht in Frage.
Die meisten Zimmer seien baulich nicht dafür ausgelegt, so Jana Judisch, Sprecherin des Studierendenwerks Berlin. Allerdings würden sich hier auch die wenigsten Studierenden wünschen zu zweit in einem Zimmer zu schlafen. "Es ist nicht zeitgemäß, dass Leute zwangsweise zu zweit in einem Zimmer leben." Die Möglichkeit gibt es dennoch seit einigen Jahren.
"Fairteilen" heißt das Projekt des Studierendenweks, das Studierenden offiziell erlaubt, gemeinsam ein Wohnheimzimmer zu beziehen, sofern es groß genug für zwei Betten ist. 75 Euro mehr Betriebskosten sind im Monat dafür fällig. Während in anderen Ländern wie bei Maria in Norwegen die Tatsache, ob die künftigen Mitbewohner:innen sich kennen, offenbar keine Rolle spielt, ist das für Jana Judisch vom Berliner Studierendenwerk Voraussetzung. "Und das ist, wenn jemand neu nach Berlin kommt, eher selten der Fall". Keine zehn Parteien leben derzeit gemeinsam in einem ihrer Zimmer, wie sie erzählt.
Die meisten der Zimmer der landeseigenen Studentenwohnheime sind auch schlicht zu klein. "Man darf das nicht romantisieren", so Judisch, "in die meisten Einzelbettzimmer passt kein zweites Bett rein". Wohnheimzimmer in den USA seien ihr zufolge darauf ausgelegt, dass vier Menschen dort wohnen können, in Berlin sei das nicht der Fall.
Das ist auch beim Studentenwohnheim Schlachtensee, das privat getragen wird, der Grund, weshalb die Zimmer immer nur an einen Menschen vermietet werden. Ein Einzelzimmer dort kostet 506,76 Euro im Monat. Die Anfragen, sich ein Zimmer zu teilen, gebe es schon, so Markus Gödeke, Mitarbeiter des Studentenwohnheims Schlachtensee. Meist von internationalen Studierenden. Zuletzt seien es Zwillinge gewesen, die ihn gefragt hätten. Erlauben könne er das wegen der zu kleinen Zimmer aber selbst in dem Fall nicht.
Judisch vom Studierendenwerk sieht auch nicht, dass in geteilten Wohnheimzimmern viel Potential für die Zukunft steckt. Und das liege nicht nur an den zu kleinen Zimmern, sondern auch an den Interessen der Studierenden. Die landeseigene Wohnungsgesellschaft Berlinovo, die derzeit Tausende Wohnheimplätze in Berlin baut, will laut Judisch nur Single-Apartments vermieten. "Das ist einfach die Wohnform, die von den Studierenden am meisten nachgefragt wird", so Judisch. Laut Berlinovo soll ein 17 Quadratmeter großes Apartment 490 Euro kosten.
Auch Erasmus-Studentin Maria versteht das Bedürfnis ein eigenes Zimmer zu haben, gerade mit ihrer Erfahrung zu zweit. "Ein Semester kann man sowas mal machen. Längerfristig kann ich mir das nicht vorstellen", berichtet sie, "ich merke auch, wie meine soziale Batterie jetzt schon leidet - und ich freue mich schon wieder auf Zeit alleine."
Beitrag von Anna Bordel
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