Deutsch-polnische Grenze
Nach und nach setzt die Bundespolizei die von Bundesinnenministerin Faeser bei der EU angemeldeten stationären Kontrollen an der polnischen Grenze durch. In Frankfurt (Oder) hat sich aber bislang wenig verändert.
Die Bundespolizei setzt seit Montagabend die neuen Grenzkontrollen an der deutsch-polnischen Grenze um. In einer ersten Bilanz hat die Bundespolizei in Frankfurt (Oder) und in Ortschaften in Südbrandenburg rund 45 unerlaubt Einreisende festgestellt. Zudem seien die durch die Kontrollen entstandenen Verkehrsbeeinträchtigungen überschaubar gewesen, hieß es. Es habe bislang keine Rückstaus an der Grenze gegeben, sagte Bundespolizei-Sprecher Jens Schobranski dem rbb.
Mit der Einrichtung fester Kontrollen soll die Schleuserkriminalität an der Grenze zu Polen zurückgedrängt werden. Generell sei ab sofort davon auszugehen, dass an allen Grenzübergängen der Fokus nun auf festen Kontrollen liege, betonte Schobranski.
An der Frankfurter Stadtbrücke hat sich auf den ersten Blick zum bisherigen Prozedere wenig verändert. Die ersten Bundespolizeiposten stehen auf der Brücke, schauen sich die durchfahrenden Fahrzeuge an und geben ihren Kollegen einige Meter weiter in Frankfurt - an einer Verkehrsinsel postiert - entsprechende Infos über Funk, welche Fahrzeuge und Personen überprüft werden sollten.
Wichtig sei, dass der Grenzverkehr möglichst wenig beeinträchtigt werden solle. "Wer über die Stadtbrücke läuft, merkt bestenfalls keine Veränderung. Es wird nicht jeder kontrolliert - nur Stichproben sollen vorgenommen werden", erklärte Schobranski.
Teils werde, wie an der Frankfurter Stadtbrücke, stationär an ehemaligen Grenzübergängen kontrolliert, teils nur temporär. Genaueres wollte Schobranski aus taktischen Gründen nicht dazu sagen. Man müsse sich an der deutsch-polnischen Grenze aber "überall auf Kontrollen einstellen. Der Fokus liegt auf internationalen Verkehrsachsen."
Eine solche Achse ist die Autobahn A12. Aktuell gebe es bei Einreise nach Brandenburg noch keinen Kontrollpunkt, sagte Schobranski. Polizeistreifen stünden parat und zögen verdächtige Fahrzeuge zwischen der Grenzbrücke und der Anschlussstelle Frankfurt-Mitte heraus. Es solle jedoch ein Kontrollpunkt nahe der Grenzbrücke auf deutscher Seite enstehen. Hierfür wird laut Schobranski das Fahrtempo auf zwei Fahrspuren demnächst heruntergeregelt. "Dann wird stichprobenartig auf die Standspur rausgewunken und kontrolliert.
In Guben wurde am Dienstagmorgen laut Bundespolzei stichprobenhaft kontrolliert. Kleinere Übergänge wie hier würden nicht permanent überwacht. An der A15 sei dies etwas anderes.
Feste Kontrollen seien aber nur ein erster Schritt, sagte der Gubener Bürgermeister Fred Mahro (CDU). "Wir müssen sehen, dass wir in der EU die Außengrenzen sichern." Für ihn sei es ebenso wichtig, dass den Menschen in den Herkunftsländern erklärt werde, dass es in Deutschland und Europa keine Bleibeperspektive gebe, so dass sich diese nicht erst auf den Weg machten.
Zuspruch kam auch aus Märkisch-Oderland. "Ich finde es erstmal richtig, dass wir an der Grenze Kontrollen einführen. Am Ende sind die Landkreise, Städte und Gemeinden in Brandenburg die, die die Last der ungeordneten Zuwanderung tragen müssen", unterstrich Landrat Gernot Schmidt (SPD).
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht die Maßnahme derweil weiter kritisch. Der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, sagte am Dienstag im rbb24 Inforadio, er hoffe, dass die festen Kontrollen kein Dauerzustand werden. Er nannte es wenig effektiv, Kräfte 24 Stunden am Tag an einem Ort zu binden.
Ähnlich äußerte sich auch Roßkopfs regionaler Amtskollege Lars Wendland. Die festen Kontrollen würden keinen deutlichen Effekt zur Senkung der irregulären Migration beitragen, sagte der GdP-Vorsitzende für Bundespolizei und Zoll in Berlin und Brandenburg. Mindestens 90 bis 95 Prozent der Migranten, die über die Grenze kämen, stellten einen Asylantrag. Sie könnten damit nicht abgewiesenwerden. "Von daher wird das, was alle hoffen, nicht einsetzen", so Wendland.
Jens Schobranski erklärte in diesem Zusammenhang, dass man mit den Grenzkontrollen Menschen einfacher zurückweisen könne. So spricht die Bundespolizei bei den Kontrollen in Grenznähe von einer "fiktiven Nichteinreise", so dass die Kontrollierten noch nicht als eingereist gelten. Allerdings gelte diese Praxis nicht für Schutzsuchende. Für sie gelte das Asylrecht weiter, bestätigte auch Schobranski. Somit bleibe abzuwarten, "inwiefern sich damit die Einreisezahlen verändern", so der Bundespolizeisprecher.
Auch die Güterverkehrsbranche sieht die neuen festen Kontrollen an der Grenze zu Polen kritisch. Die Grenze weise "ein hohes Verkehrsaufkommen sowohl durch gewerbliche Transporte als auch durch Pendlerverkehre auf", sagte eine Sprecherin des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) am Dienstag. Von der Grenze zu Österreich, wo Deutschland bereits seit 2015 wieder stationäre Grenzkontrollen dauerhaft vornehme, sei bekannt, dass diese Kontrollen zu zähflüssigem Verkehr und auch Staus sowie Unfällen auf den Autobahnen führen könnten.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am Montag nach längerem Zögern stationäre Kontrollen für die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz bei der EU-Kommission angemeldet. Die Bundespolizei könne künftig "flexibel, je nach aktueller Lage das gesamte Bündel an stationären und mobilen grenzpolizeilichen Maßnahmen einsetzen", erklärte sie am Montag. Die festen Kontrollen der Bundespolizei sind zunächst auf zehn Tage angelegt.
Sendung: Antenne Brandenburg, 17.10.2023, 15:10 Uhr
Beitrag von G.S. Russew, Martina Rolke und iris Wußmann
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