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Audio: rbb24 Antenne Brandenburg | 29.11.2023 | Lisa Stegner | Quelle: dpa/J. Kalaene

Prozess um Kita "Eichhörnchen" in Neuruppin

Erzieherinnen weisen Nötigungs-Vorwürfe zurück - und sprechen von Intrige

Im Amtsgericht Neuruppin müssen sich eine frühere Kita-Chefin und deren damalige Stellvertreterin wegen Nötigung verantworten. Sie sollen Kleinkinder mit Gewalt oder Drohungen zum Essen oder Schlafen gezwungen haben. Die Angeklagten weisen die Vorwürfe zurück. Von Lisa Steger

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin wirft einer 53 Jahre alten ehemaligen Kita-Chefin und ihrer 61 Jahre alten damaligen Stellvertreterin vor, Kinder in der städtischen Kita Eichhörnchen mit Drohungen oder Gewalt zum Essen oder zum Mittagsschlaf gezwungen zu haben.

Im Sommer 2022 wurden die Vorwürfe bekannt; die Stadt Neuruppin hat die beiden langjährigen Erzieherinnen daraufhin fristlos entlassen. Am Mittwoch hat im Amtsgericht Neuruppin der Prozess begonnen. Der Vorwurf lautet Nötigung. Den Angeklagten drohen bei einem Schuldspruch eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Haft.

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Anklage mit einem Bruchteil der Vorwürfe

Der Verdacht gegen die beiden Erzieherinnen der Kita Eichhörnchen in Neuruppin hatte im Sommer 2022 bundesweit Schlagzeilen gemacht. Von "Gewaltvorwürfen", blauen Flecken, eingesperrten Kindern und "schrecklichen Details" war die Rede, ein Internetmedium schrieb von einer "Horror-Kita". Auch in den sozialen Netzwerken kochte die Stimmung hoch. Einige User hatten den Namen der Kita-Chefin herausgefunden und beleidigten sie.

Es sind fünf Fälle: Immer geht es darum, dass die Frauen Kinder im Alter von gut einem Jahr zum Essen oder zum Mittagsschlaf gezwungen haben sollen. Zweimal soll eine Frau einem Kleinkind den Mund zugehalten haben, damit es schluckte. Bei anderer Gelegenheit soll eine der Angeklagten einem Jungen gegen seinen Willen den Löffel in den Mund geschoben haben. Ein dritter Fall wiederum betrifft ein Kleinkind, das wohl nicht schlafen wollte; daraufhin soll die Erzieherin ihm den Mund zugehalten haben, damit es leise war.

Angeklagt ist auch ein Vorfall, bei dem eine Erzieherin einem Kind die Wange gedrückt haben soll, um es dazu bringen, seinen Mund zum Essen zu öffnen; dabei soll sie das Kleinkind als "sturen Esel" verunglimpft haben. Die Staatsanwaltschaft hat noch zahlreiche weitere Vorwürfe geprüft, aber nicht bestätigt gesehen und daher fallenlassen.

Angeklagte beteuern ihre Unschuld

Die beiden Angeklagten weisen die Vorwürfe zurück, teils heftig weinend. Einmal muss der Prozess deshalb unterbrochen werden. "Ich habe meinen Beruf immer gern und mit Leidenschaft gemacht, die Kinder kamen gern zu mir", erklärt die 61 Jahre alte frühere Stellvertreterin, Christina W. "Die Anschuldigungen haben mich aus den Schuhen gehauen, ich habe immer alles für die Kita getan", betont ihre damalige Chefin, Kathrin S. "Niemand kam je auf mich zu, auch nicht der Personalrat".

Nach Darstellung der Angeklagten gab es schon vor diesen Anschuldigungen monatelang Konflikte im Kollegium. Dabei aber sei es um Arbeitszeiten und Dienstpläne gegangen. Der Erziehungsstil sei kein Thema gewesen. "Es war alles in Ordnung", fasst Christina W. Gespräche mit Untergebenen zusammen. "Außer, dass wir zu viel verlangen würden von ihnen".

Christina W. und Kathrin S. beteuern, sie hätten nie Kinder zum Essen oder Schlafen gezwungen. Höchstens gefragt, ob die Kleinkinder nicht doch mal probieren wollen. Die Kinder waren aber erst ein Jahr alt und viele hätten noch gefüttert werden müssen, so die Angeklagten. Beide sehen sich als Opfer einer Intrige. Kathrin S. denkt daran, gegen die Stadt Neuruppin vorzugehen - sie fühlt sich vorverurteilt. "Wir wurden abgeführt wie Verbrecher".

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Personalrätin unterstützte die fristlose Kündigung

Seit der fristlosen Kündigung sind beide Frauen ohne Job. Christina W. ist krankgeschrieben, Kathrin S. auf Arbeitslosenunterstützung angewiesen.Im Arbeitsgericht konnten sich die beiden kürzlich durchsetzen. Denn das urteilte: Die fristlosen Kündigungen waren nicht rechtens. Die Stadt Neuruppin hat den Frauen daraufhin ordentlich gekündigt.

Erste Zeugin im Prozess ist Sabrina S., Personalrätin und selbst Kita-Leiterin. Erzieherinnen aus der Kita hätten sich im vorletzten Sommer bei ihr gemeldet, berichtet die 39-Jährige. Um Kinder sei es zunächst nicht gegangen; vielmehr hätten sich die Erzieherinnen beklagt, sie seien überlastet, sie fühlten sich ständig unter Druck. Und wenn sie einmal freihaben wollten, würden die Chefinnen das im Dienstplan nicht berücksichtigen, fasst Sabrina S. die Beschwerden zusammen. Von schlechter Behandlung der Kinder sei erst später die Rede gewesen, so die Personalrätin.

Angeklagte lehnen Deal ab

Bereits nach den Aussagen der beiden Angeklagten zum Prozessauftakt schlägt die Amtsrichterin eine Absprache vor: Geständnis gegen Strafrabatt. Sie deutet an, dass sie die zur Last gelegten Taten für weniger gravierend hält.

Doch die Angeklagten wehren sich vehement. Öffentlich, so sagen sie, seien sie an den Pranger gestellt worden, doch sie hielten und halten sich für unschuldig. Daher möchten sie auch öffentlich rehabilitiert werden. Auch die Staatsanwältin besteht darauf, den Fall gründlich aufzuklären. Sechs Zeugen sind bisher geladen und die Verteidiger haben Beweisanträge angekündigt.Der Prozess sollte eigentlich am 13. Dezember zu Ende gehen. Danach sieht es jetzt nicht mehr aus.

Sendung: rbb24 Antenne Brandenburg, 29.11.2023, 07:31 Uhr

Beitrag von Von Lisa Steger

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