Einigung von Bund und Ländern
Ab dem Sommersemester 2024 sollen Studierende ein günstigeres Deutschlandticket bekommen. Darauf haben sich Bund und Länder geeinigt. Doch die Studierendenvertretungen in Berlin haben Bedenken, was Preis und Zeitplan angeht. Von Franziska Hoppen
Studierendenvertreter in Berlin haben die Einigung von Bund und Ländern auf ein vergünstigtes Deutschlandticket für Studierende grundsätzlich begrüßt. Gleichzeitig wiesen sie in dem Zusammenhang auf mehrere Herausforderungen hin: Der Zeitplan sei ambitioniert, die rechtliche Lage unklar. Ab dem Sommersemester 2024 sollen Studierende einheitlich für 29,40 Euro in ganz Deutschland Bus und Bahn fahren können - mit einem vergünstigten 49-Euro-Deutschlandticket.
Dennoch nennt Gabriel Tiedje, Sprecher des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Technischen Universität (TU), das Angebot "vergiftet" und fürchtet rechtliche Unwägbarkeiten. Denn wenn Berlin im Sommer kommenden Jahres für alle Bürgerinnen und Bürger das 29-Euro-Ticket einführt, wäre das Semesterticket der Studierenden 40 Cent teurer.
Im Berliner Hochschulgesetz ist jedoch festgehalten, dass das Semesterticket als Solidarmodell "preisgünstig" sein muss, also günstiger als vergleichbare Angebote. Nur so können die Hochschulen rechtfertigen, dass alle Studierenden in das Solidarmodell einzahlen müssen, egal, ob sie die Tickets nutzen oder nicht. Inwiefern das Deutschlandticket-Semesterticket mit seinem bundesweiten Radius vergleichbar ist, sei rechtlich offen, fürchtet Tiedje, denn viele Studierende hätten schlicht keinen Bedarf an deutschlandweiten Reisen. Und was, wenn die Preise in Zukunft noch steigen sollten?
Auch der hochschulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Marcel Hopp, hat gemischte Gefühle. Er freue sich sehr über die Einigung, sagt er auf rbb-Nachfrage. Aber: "Mit etwas Sorge betrachte ich eine Kopplung des Semestertickets an das reguläre Deutschlandticket", so Hopp. "Eine drohende Preissteigerung des Deutschlandtickets würde zulasten von Studierenden gehen, die ohnehin schon finanziell sehr belastet sind." Denn das einheitliche Semesterticket soll 60 Prozent günstiger sein als das Deutschlandticket, würde also teurer werden, je teurer auch das Deutschlandticket wird. Hopp fordert deshalb eine Preisgarantie.
Kritisch sieht Miguel Góngora, Sprecher der AStA der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) auch den Zeitplan. Die Rückmeldezeiträume für das Sommersemester 2024 beginnen in den kommenden Tagen. Dann müssen üblicherweise auch die Beiträge für das Semesterticket feststehen. Der VBB müsste den ASten also bereits in den kommenden Tagen Verträge unterbreiten, die die Studierendenschaften prüfen und im Zweifel zur Abstimmung geben müssten. Weil das kaum zu schaffen sei, habe die HWR ihre Rückmeldefrist in den Januar verschoben und bereits eine Urabstimmung eingeplant. Doch das trifft nicht auf alle Hochschulen zu. Und selbst Góngora spricht von einer "Herausforderung" in Anbetracht der knappen Zeit.
Tobias Schulze, hochschulpolitischer Sprecher der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus, fordert nun: "Der Senat muss heute den Studierendenschaften ein klares Signal geben, ob das bundesweite Semesterticket zum Sommersemester in Berlin angeboten werden soll." Nur dann seien die notwendigen Fristen einzuhalten. Die Verkehrsverwaltung teilt dazu mit: "Ziel ist es, das Angebot schon zum Sommersemester 2024 anzubieten. Hierzu werden aktuell alle nötigen Anstrengungen beim VBB und den Verkehrsunternehmen unternommen." Die Verkehrsverwaltung sieht nun die Studierenden in der Pflicht, für ihre Hochschule jeweils ein Solidarmodell mit dem VBB zu verhandeln. "Wir werden extrem viel Blindflug machen müssen" sagt Tiedje von der TU dazu. Er kritisiert, dass nicht schon früher eine Lösung gefunden wurde - wie von den ASten gefordert.
Tiedje hätte nach eigenen Angaben ohnehin ein anderes Modell bevorzugt. Denn mit dem Deutschlandticket-Semesterticket würden Studierende zwar im Vergleich drei Euro zu ihrem jetzigen Semesterticket Berlin ABC sparen. Nur ein geringer Teil der Studierenden sei aber regelmäßig deutschlandweit unterwegs. Im Gegenzug sei für viele Studierende in Berlin die Fahrradmitnahme wichtig, die im Deutschlandticket nicht vorgesehen ist und obendrauf gekauft werden muss. "Warum gibt es kein 20-Euro-Berlin AB Semesterticket", schlägt Tiedje vor, "auf das Studierende bei Bedarf ein Upgrade fürs deutschlandweite Fahren kaufen können?". Er vermutet, dass Bund und Länder Ausgaben einsparen könnten, wenn alle drei Millionen Studierende in ein Solidarmodell einzahlen, statt sich einzeln die stark subventionierten 49-, oder- 29-Euro-Tickets zu kaufen.
Die Berliner Verkehrsverwaltung hingegen teilt mit: "Die Länder und der Bund gehen davon aus, dass die Preisabsenkung durch die verpflichtende Abnahme aller Studierenden einer Hochschule ausgeglichen wird und somit insgesamt kostenneutral hinsichtlich des Ausgleichsbedarfs zum Deutschlandticket ist."
Die Geschäftsführerin des VBB, Ute Bonde, freut sich auf X über die Einigung und schreibt: "Endlich ist das Deutschlandticket für Studierende da, die Einigung war überfällig. Es trifft die Richtigen, die junge Generation ist unsere Zukunft."
Sendung: Fritz, 28.11.2023, 19:35 Uhr
Beitrag von Franziska Hoppen
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