rbb24 Recherche
Unter den im Landeskriminalamt (LKA) Berlin liegen gebliebenen Fällen mutmaßlich rechtsextremer Straftaten sind auch Gewaltdelikte. Das haben die Berliner Polizei und die Berliner Staatsanwaltschaft auf Anfrage von rbb24 Recherche bestätigt.
Ende November war bekannt geworden, dass beim Berliner Staatsschutz etliche Fälle mutmaßlich rechtsextremer Straftaten nicht ermittelt worden sind. Die Zahl der liegen gebliebenen Fälle bezifferte die Polizei auf 387. Die Staatsanwaltschaft hat deswegen ein Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung im Amt eingeleitet.
Bei der Mehrzahl der nicht bearbeiteten Verdachtsfälle rechtsextremer Straftaten handelt es sich nach Angaben einer Polizeisprecherin um Sachbeschädigungen, um das Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie Beleidigungen, etwa bei Demonstrationen von Corona-Leugnern. In dem Zusammenhang werde gegen einen früheren Kommissariatsleiter und einen Sachbearbeiter ermittelt, sagte die Sprecherin weiter. Einer der Beamten soll auch an den Ermittlungen in dem bisher unaufgeklärten Neuköllner Mordfall Burak Bektas beteiligt gewesen sein.
Berliner Oppositionspolitiker und Neuköllner Betroffeneninitiativen befürchten, die ungeklärten Straftaten könnten mit politischen Motiven zu tun haben. Dem entgegen steht die Vermutung, die Beamten könnten schlicht überlastet gewesen sein. Ob in diesem Zusammenhang Überlastungsanzeigen oder so genannte "Liegevermerke" hinterlegt worden sind, ist noch Gegenstand der Ermittlungen.
"Bearbeitungsverzögerungen können unter anderem durch das Warten auf Untersuchungsergebnisse anderer Dienststellen, verzögerte Rückläufe von Geschädigten oder Zeugen oder auch durch Bearbeitungserfordernisse von Polizeien anderer Bundesländer (Amtshilfeersuchen) entstehen", heißt es dazu von Seiten der Polizeipressestelle.
Für die Staatsschutzabteilung des Berliner LKA hätten aktuell 3.110 Ermittlungsvorgänge mit Liegevermerken recherchiert werden können. Unterdessen betonte ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, zur weiteren Aufklärung bedürfe es noch umfangreicher Auswertungen und Abgleiche: "Dies alles dürfte", so der Sprecher weiter, "sehr zeitintensiv und ermittlungsaufwändig sein, so dass es sicherlich noch einige Zeit dauern wird, bis mitteilungsfähige Erkenntnisse vorliegen."
Sendung: rbb24, 13.12.2023, 21:45 Uhr
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