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Quelle: dpa/Wüstenhagen

Interview | Hundetrainer Martin Rütter

"Dass Hunde nicht in die Stadt gehören, ist absoluter Blödsinn"

Kann ein Hund in einer Metropole wie Berlin ein glückliches Leben führen? Aber natürlich, sagt Hundeprofi Martin Rütter - und erklärt, welches Verhalten Mensch und Tier für ein gelungenes Zusammenleben an den Tag legen sollten.

rbb24: Herr Rütter, es gibt häufig diese Aussage: Hunde gehören nicht in die Stadt. Wie sehen Sie das?

Martin Rütter: Die Theorie, dass Hunde nicht in die Stadt gehören, ist wie die Theorie, dass die Erde eine Scheibe sei - absoluter Blödsinn. Hunde sind unglaublich anpassungsfähig. Auf der ganzen Welt, in jedem Kulturkreis, in jeder Nische finden wir Hunde. Es ist nur wichtig, dass sie an das Stadtleben gewöhnt werden. Wenn ein Hund zehn Jahre lang auf dem Land gelebt hat und Stadtgeräusche nicht kennt, dann wäre ein Umzug in die Stadt Folter. Wenn er die Stadt aber von Anfang an kennt, ist das überhaupt kein Problem.

Zur Person

Welche Missverständnisse zu Hunden gibt es noch?

Ich höre oft, dass Hunde ein großes Haus mit großem Grundstück brauchen. Ich habe als Student mit einem Freund und zwei Hunden auf 16 Quadratmetern gelebt. Ich gebe zu, das war eine Geruchsbelästigung. Aber wir waren den ganzen Tag mit den Hunden draußen unterwegs, sind Radgefahren und haben Sport gemacht. Was passiert, wenn ein Hund ausgelastet ist? Der liegt zu Hause rum und schläft. Deswegen kann man, wenn man dem Hund alles bietet, was er braucht, auch auf 40 Quadratmetern mit zwei Hunden in der Innenstadt leben.

Was raten Sie für eine gelungene Hundehaltung in der Stadt?

Man muss sich darüber im Klaren sein, dass der Hund Grünflächen braucht – auch wenn man sehr zentral in einer Großstadt lebt. Einmal kurz zum Pinkeln in den Park gegenüber gehen reicht nicht aus. Man muss bereit sein, den Mehraufwand zu leisten, mit dem Hund immer wieder rauszufahren und den Hund viel zu bewegen, zu beschäftigen und ihm Sozialkontakte zu ermöglichen. Ein Hund in der Stadt darf nicht heißen, dass der Hund nur angeleint ist, dem Nachbarshund zweimal guten Tag sagt, man kurz vor die Tür geht und dann wieder rein. Man muss die Bedürfnisse des Hundes stillen, ihn geistig und körperlich auslasten.

Gibt es Hunderassen, die mehr und andere die weniger für die Haltung in der Stadt geeignet sind?

Ich würde das nicht an Hunderassen ausmachen, ob diese für die Haltung in der Stadt geeignet sind oder nicht. Aber: Der Aufwand ist ein anderer. Wer in der Innenstadt zwei Huskys hält, muss bereit sein, jeden Tag 20 Kilometer mit dem Rad zu fahren. Das muss bei Wind und Wetter geschehen – auch im Winter. Und selbst im Hochsommer müssen die Hunde vor Sonnenaufgang zwei Stunden raus, weil die sonst ein Riesenproblem mit der Wärme bekommen. Wenn man bereit ist, diesen Aufwand zu betreiben, ist jeder Hund glücklich.

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Gibt es Kommandos und Verhaltensweisen in der Stadt, die Halter und Hund können sollten?

Wenn man mit dem Hund in der Stadt lebt und dort unterwegs ist, muss man wissen, dass der Anspruch an die Erziehung noch größer ist, als wenn man auf dem Land lebt. Wenn der Hund auf dem Land bellt, ist nicht gleich die Hölle los. In der Stadt muss der Hund aber funktionieren. Die Repressalien sind viel größer. Der Hund muss mit der Straßenbahn und dem Taxi fahren können, der darf niemanden anbellen, im Haus nicht laut sein. Ich sag’s nochmal: Der Erziehungsanspruch ist wesentlich höher.

Ab wann und wofür geht man in eine Hundeschule?

Leider ist das Thema Hundeschule bei vielen negativ besetzt. Die sagen: Ich habe doch kein Problem, warum soll ich in die Hundeschule gehen? Das ist aber wie bei Kindern. Die werden nicht in die Schule geschickt, weil sie Probleme haben. Sondern weil sie da Dinge lernen, die sie später vielleicht auch im Leben brauchen. So sehe ich das bei Hunden auch. Mit einem Hund würde ich direkt in der ersten Woche in die Hundeschule gehen. Einfach um zu vermeiden, dass sich Dinge einschleichen, die wir gar nicht benötigen. Eigentlich ist das Wort Hundeschule auch falsch: Es ist eine Menschenschule. Der Mensch lernt und wird erzogen. Das kann jeder von Anfang an gebrauchen. In Hundeschulen gibt es außerdem sehr viele Kurse und Angebote, die gar nichts mit Problemen zu tun haben. Da geht es um schöne Beschäftigungsformen für Hunde und Menschen.

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Woran erkennt man einen guten Tierarzt, eine gute Tierärztin?

Erstmal muss man sagen: Das Bildungsniveau der Tierärzte ist in Deutschland sehr hoch. Guter oder schlechter Tierarzt - das hängt oft von den persönlichen Befindlichkeiten ab. Ich persönlich habe zwei Tierärzte, auf die ich schwöre. Da waren aber auch schon Menschen, die gesagt haben: Mit denen komme ich nicht klar. Wenn wir von einem Haustierarzt sprechen, hängt sehr viel von dem persönlichen Verhältnis ab. Mir ist wichtig, dass der Tierarzt sich Zeit nimmt und ich das Gefühl habe, dass mir zugehört wird. Grundsätzlich kann man sagen: Wenn man in Deutschland in einer durchschnittlichen Praxis landet, ist man gut aufgehoben.

Sie kommen nächstes Jahr mit Ihrem Live-Programm nach Berlin. Was darf Ihr Publikum erwarten?

Man kann auf jeden Fall erwarten, dass da zwei Stunden Halligalli in der Bude ist. Mein Programm ist lustig und unterhaltsam, ich bin aber kein Comedian und erzähle Hundewitze. Neudeutsch würde man mein Programm als Infotainment bezeichnen. Ich möchte Wissen vermitteln. Es sind die klassischen Dinge: Warum bellt der Hund, wenn es an der Tür klingelt? Warum zieht er an der Leine? Warum kommt er nicht, wenn ich ihn rufe? Aber auch: Warum muss ein Mann, der Zwiebeln gegessen hat, auf der Couch schlafen? Und warum darf ein Hund, der Pferdeäpfel gefressen hat, mit ins Bett? Es ist ein buntes Gemisch. Wir werden zwei Stunden Spaß haben, und alle werden mit besserer Laune gehen, als sie gekommen sind.

Danke für das Gespräch.

Das Interview führte Sebastian Goddemeier.

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