Wenig Wechselmöglichkeiten
Leere Wohnungen machen Umzüge möglich. Sind alle bewohnt, friert der Markt ein. So ist die Situation in Potsdam und Berlin: Dort gibt es nur wenig freien Wohnraum. In einigen Brandenburger Landkreisen ist die Lage aber anders.
Wegen der hohen Nachfrage nach Wohnraum stehen in Deutschland immer weniger Wohnungen leer. Das zeigt eine am Montag veröffentliche Analyse des Beratungsinstituts Empirica und des Immobilienspezialisten CBRE.
In der Region Berlin-Brandenburg waren Ende 2022 leere Wohnungen demnach vor allem in Potsdam (300) und im Hauptstadtgebiet (5.900) rar. In beiden Städten betrug der "marktaktive Leerstand" zu dem Zeitpunkt nur 0,3 Prozent. Der Berliner Wert hatte ein Jahr zuvor bei 0,8 Prozent gelegen, im Jahr 2003 bei 5,1 Prozent - seitdem ist er kontinuierlich gesunken.
"Wünschenswert sind 3,0 Prozent Leerstand", sagte Empirica-Vorstand Reiner Braun dem rbb auf Nachfrage. "Diese leeren Wohnungen dienen als sogenannte Mobilitätsreserve – denn ohne leere Wohnungen sind keine Umzüge möglich." Er herrsche vielerorts riesige Wohnungsknappheit. "Gerade in Berlin und Potsdam ist der Mietwohnungsmarkt quasi eingefroren, keiner zieht mehr um", so Braun weiter.
Auch in Dahme-Spreewald (400 leere Wohnungen/1,3 Prozent), Potsdam-Mittelmark (500/1,6), im Barnim (700/1,7) und in Oberhavel (1.000/2,3) gab es zum Ende des vergangenen Jahres den Angaben zufolge nur wenige leere Wohnungen.
Die niedrigsten Leerstandsquoten gab es deutschlandweit laut der Analyse in München (0,1 Prozent), gefolgt von Frankfurt am Main, Münster und Freiburg (je 0,2 Prozent).
In Leipzig ist die Quote seit 2017 um 1,9 Prozentpunkte am stärksten geschrumpft. Einen hohen Rückgang gab es seitdem auch in Brandenburg an der Havel (- 1,1 Prozent).
Gezählt werden in dem Leerstandsindex von Empirica und CBRE Geschosswohnungen, die "unmittelbar vermietbar oder mittelfristig aktivierbar sind".
Im Land Brandenburg gab es allerdings auch Regionen, in denen besonders viele Wohnungen leerstehen: so der Landkreis Prignitz mit einer Leerstandsquote von 10,5 Prozent (2.000 leere Wohnungen) und Spree-Neiße mit 10,4 Prozent (2.900). Deutschlandweit gab es nur sieben Landkreise mit einer höheren Quote. Auch in Elbe-Elster (9,4), Frankfurt/Oder (8,4) und Oberspreewald-Lausitz standen laut Analyse Ende 2022 verhältnismäßig viele Wohnungen leer.
"Diese Werte sind dagegen schon wieder zu hoch", erklärt Braun. "Die Mieten sind in diesen Regionen dann im Zweifel zu niedrig, der Vermieter macht keine Überschüsse und eine Renovierung ist dann auch sinnlos." Es gebe strukturellen Leerstand.
Auf ganz Deutschland geschaut lag der der "marktaktive Leerstand" Ende 2022 geschätzt bei 2,5 Prozent oder rund 554.000 Wohneinheiten. Die sei ein Rückgang von 53.000 zum Vorjahr, hieß es. Empirica-Vorstand Braun sprach vom größten Rückgang seit mehr als 20 Jahren. "Die Leerstandsentwicklung im Jahr 2022 war geprägt durch die Zuwanderung von rund einer Million Menschen aus der Ukraine", hieß es. Da sich die Fluchtbewegung viel gleichmäßiger übers Land verteilt habe als frühere Zuwanderungen, gebe es erstmals in keinem einzigen der 400 Kreise einen Anstieg des Leerstands.
Der Wohnungsleerstand ist in Ostdeutschland (ohne Berlin) allerdings weiter deutlich höher geblieben als im Westen (Ost: 5,8 Prozent - West: 1,9 Prozent). In Brandenburg lag er mit 26.900 leeren Wohnungen bei 4,2 Prozent. Ende 2021 hatte der Wert bei 4,6 Prozent gelegen, Ende 2002 bei 7,6 Prozent.
Bis 2025 werde sich die Lage eher verschärfen, so Brauns Ansicht. Zwar habe sich der Druck auf den Wohnungsmarkt durch Zuwanderung aus dem Ausland gelegt. Doch die Zahl der fertiggestellten Wohnungen werde wegen des Anstiegs der Zinsen und Baukosten voraussichtlich zeitverzögert einbrechen. Damit seien eine weitere Verknappung und in der Folge weitere Mietanstiege zu erwarten.
Empirica berücksichtigt den marktaktiven Leerstand, keine "Ruinen" oder dysfunktionalen Leerstände. Der gesamte Leerstand fällt höher aus und liegt nach jüngsten Zahlen von Ende 2021 bei 1,18 Millionen Geschosswohnungen und 0,55 Millionen Wohnungen in Eigenheimen.
Sendung: Fritz, 18.12.2023, 14 Uhr
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