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Traditionskaufhaus

Die bewegte Geschichte des KaDeWe

Seit 117 Jahren begleitet das KaDeWe die Berliner Stadtgeschichte. Es war und ist ein Symbol - für wirtschaftlichen Aufstieg, für Vertreibung und Enteignung, für den freien Westen, für eine geteilte und wiedervereinte Stadt. Ein Rückblick.

"Wat Lage ist, bestimme icke!" soll KaDeWe-Gründer Adolf Jandorf einmal auf den Spott seiner Konkurrenz erwidert haben, als diese im vorschlugen, sein Kaufhaus doch lieber "Jot We De - Janz Weit Draußen" zu nennen. Bis heute ist unklar, ob der Satz tatsächlich vom deutsch-jüdischen Kaufmann Jandorf stammt. Doch er erzählt die Geschichte eines entschlossenen Unternehmers, der neue Wege ging, gegen den Strom schwamm und damit Erfolg hatte.

Heute krönt das KaDeWe im Berliner Westen mit der Tauentzienstraße einen der beliebtesten Einkaufboulevards der Stadt. Dass der sich überhaupt als solcher entwickeln konnte - darauf hatte die Eröffnung des KaDeWe maßgeblichen Einfluss. Zum Zeitpunkt des Starts im März 1907 war dieser Teil von Schöneberg noch eine ruhige Vorstadt-Gegend. Die etablierten, großen Warenhäuser jener Zeit fand man eher in der Stadtmitte.

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Die Wiege des Neuen Westens

Gründer Adolf Jandorf war bis zur Eröffnung seines Warenhauses auch als der "billige Jakob" bekannt - hatte er in seinen fünf Kaufhäusern bisher doch eher günstige Produkte für die ärmeren Leute im Angebot - anders als seine Konkurrenten Tietz und Wertheim im Osten der Innenstadt. Das neue Warenhaus an der Tauentzienstraße eiferte nun den ganz Großen wie Harrods in London nach.

Der Bauplatz im Bayerischen Viertel war günstig gelegen - vor allem mit seiner Nähe zum Wittenbergplatz, einem der ersten U-Bahnhöfe der Stadt. Jandorf hatte den richtigen Riecher, denn mit der Stadterweiterung wurde der Bereich um die Gedächtniskirche zum Knotenpunkt im "Neuen Westen" mit den Bezirken Tiergarten, Charlottenburg und Wilmersdorf. Nach gerade einmal einem Jahr Bauzeit stand das neue Kaufhaus des Westens, ein Warenhaus im neoklassizistischen Stil mit über 24.000 Quadratmetern Einkaufsfläche.

Dem Viertel tat es gut: Nach Eröffnung des KaDeWe siedelten sich hier zum Beispiel mehrere Theater an, die Tauentzienstraße entwickelte sich zum Einkaufsboulevard, und auch als Wohngebiet wurde das Gebiet um den Kurfürstendamm immer beliebter.

Fortan verdiente sich das KaDeWe durch seine riesige Produktauswahl einen hervorragenden Ruf inner- und außerhalb Berlins. Noch im Eröffnungsjahr 1907 kaufte der König von Siam, Chulalongkorn, an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im KaDeWe ein. 250.000 Reichsmark soll er damals ausgegeben haben - in einer Zeit, in der das Durchschnittsgehalt in Deutschland bei 1.000 Mark im Jahr lag.

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Symbol für Vertreibung und Enteignung

Mit dem Erstarken des Nationalsozialismus in Deutschland brach auch für das KaDeWe eine neue Epoche an. Seit den 1920er-Jahren mehrten sich die antisemitischen Anfeindungen gegenüber der Familie Jandorf - noch vor der Machtübernahme der Nazis verließen zwei der vier Brüder von Gründer Adolf Jandorf das Land.

Im Dezember 1926 verkaufte Jandorf sein Unternehmen an den Warenhauskonzern und ehemaligen Konkurrenten Hermann Tietz OHG. Bis 1930 wurde das Kaufhaus umgebaut und erweitert - unter anderem um vier neue Innen- und zwei Dachgeschosse. Ab 1929 entstand unter Tietz in einem Erweiterungsbau außerdem die bis heute weltbekannte Feinkostabteilung.

Nach der Machtübernahme Hitlers drohte zunächst die Zerschlagung des Unternehmens, denn zur politischen Agenda der Nazis gehörte auch die Kommunalisierung oder Auflösung der großen Warenhäuser. Der Schutz von Kleinhändlern hatte Priorität. Stattdessen wurde das Unternehmen allmählich "arisiert" und enteignet - auch auf Druck mehrerer Banken, die ihre Kredite bedroht sahen. 500 nicht-arische Mitarbeiter wurden entlassen. An die Stelle von Tietz trat die neu gegründete Hertie GmbH.

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KaDeWe als "Schaufenster des Westens"

Im Zweiten Weltkrieg stürzte ein amerikanisches Flugzeug ins Dach. Das KaDeWe brannte komplett aus und eröffnete erst wieder nach Kriegsende im Jahr 1950. Der vollständige Wiederaufbau aller sieben Etagen dauerte aber noch bis 1956. Am ersten Verkaufstag 1950 strömten 180.000 Besucher in das Warenhaus - sie kauften vor allem Fett und Würstchen. Und tatsächlich deckte das Kaufhaus in der Nachkriegszeit vor allem die Grundversorgung der Berlinerinnen und Berliner ab.

Durch den Bau der Berliner Mauer und die Abschottung West-Berlins ab 1961 konnten mehrere Hundert Verkäuferinnen aus der DDR nicht mehr im Kaufhaus arbeiten. Auch ein erheblicher Teil des Kundenstamms fiel weg. Die Regierung in Bonn unterstützte die nun entstandende Enklave West-Berlin mit Subventionen, Steuererleichterungen und finanziellen Hilfen wie der sogenannten "Berlinzulage". Die Folge war ein Bau-Boom in weiten Teilen West-Berlins - auch in unmittelbarer Nähe des KaDeWe.

Bis zum Ende der 70er-Jahre nahm das KaDeWe wieder Luxuswaren ins Sortiment auf. Ein grundlegender Umbau zwischen 1978 und 1980 ließ die Verkaufsfläche auf nun über 44.000 Quadratmeter ansteigen. Das Kaufhaus galt künftig als "Schaufenster des Westens" - in dieser Zeit erlangte auch die Feinschmeckerabteilung im sechsten Stock wieder ihren alten Ruhm.

Das KaDeWe wird Karstadts Flaggschiff

Der Beiname "Schaufenster des Westens" sorgte dann auch für den größten Besucheransturm der Unternehmensgeschichte. Am Tag nach dem Mauerfall 1989 wollten 200.000 Menschen an einem einzigen Tag hier einkaufen. Viele, um ihr Willkommensgeld für die westlichen Luxus-Produkte auszugeben.

In den 90er-Jahren übernimmt die Karstadt AG (später: Arcandor) das Haus und macht es zum Luxus-Flaggschiff seiner Kaufhausflotte. Ab 2004 wird noch einmal umgebaut und erweitert - dazu kommen unter anderem ein Beauty Department und ein Gourmet-Restaurant. Mit der Jahrtausendwende rückt das 100-jährige Jubiläum des KaDeWe immer näher, das dann im Jahr 2007 gebührend gefeiert wird - inklusive sechs Meter hoher Geburtstagstorte und Galanacht mit prominenten Gästen.

2009 meldet Acandor nach Umsatzeinbrüchen in ihren Warenhäusern Insolvenz an. Das KaDeWe sei trotzdem sicher, heißt es damals. Im Haus selbst spürt man die schwierige wirtschaftliche Lage unter anderem an der Schließung des Restaurants "Silberterrasse" im fünften Stock.

2013 geht die Karstadt Premium Group, zu dem neben dem KaDeWe auch das Alsterhaus in Hamburg sowie der Oberpollinger in München gehört, an die Signa Holding des österreichischen Investors René Benko. Seit 2014 gehörten diese drei Edel-Häuser dann der von Karstadt getrennten KaDeWe Group an.

2015 übernimmt die thailändische Central Group mit 50,1% die Mehrheitsverhältnisse. Es folgt ein weiterer großer Umbau für 180 Millionen Euro, der 2022 abgeschlossen wird. Im Januar 2024 meldete das KaDeWe nun offiziell Insolvenz an.

Spiegel der Berliner Stadtgeschichte

Heute besuchen laut Unternehmensangaben täglich bis zu 50.000 Menschen das KaDeWe - in der Weihnachtszeit sind es doppelt so viele. Jeden Tag um 10 Uhr hebt sich für die Kundschaft das originale Eisengitter aus dem Jahr 1907. Wie damals ist das KaDeWe auch heute ein Konsumtempel der Superlative. Die legendäre Feinkostabteilung gilt mit ihren 34.000 Produkten auf einer Einkaufsfläche von über 7.000 Quadratmetern als größte ihrer Art in Europa.

Das KaDeWe hat sein Antlitz in den zwölf Jahrzehnten seines Bestehens immer wieder verändert. In jeder Epoche spiegelt sich auch ein Teil der Berliner Stadtgeschichte.

Sendung: rbb24 Inforadio, 29.01.2024, 18:00

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