Berliner Polizei verzeichnet deutliche Zunahme von Klima-Blockaden
Nicht nur gefühlt gab es im vergangenen Jahr deutlich mehr Aktionen von Klima-Aktivisten in Berlin. Die Polizei hat nun Zahlen veröffentlicht, die auch von einer enormen Belastung der Sicherheitskräfte Zeugnis ablegen.
Aktionen von Klima-Aktivisten haben 2023 um 80 Prozent zugenommen
Polizeipräsidentin Slowik sieht veränderte Taktik der "Letzten Generation"
Nächster Massenprotest in Berlin für den 3. Februar angekündigt
Slowik fordert, finanzielle Quellen abzustellen
Die Berliner Polizei hat im vergangenen Jahr deutlich mehr mit Protest-Aktionen von Klimaschutzorganisationen zu tun gehabt als noch im Jahr zuvor. "Wir haben 550 Aktionen bewältigt, das sind 80 Prozent mehr als im Vorjahr", sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik der Deutschen Presse-Agentur. In den Jahren 2022 und 2023 wurden in Berlin insgesamt 6.130 Strafanzeigen im Rahmen von Klima-Protesten gestellt - dabei habe die Zahl der Strafanzeigen 2023 deutlich zugenommen, so Slowik.
Teil der großen Gesamtzahl der Anzeigen, die vor allem die Gruppe "Letzte Generation" betrafen, seien auch 138 Menschen, die gegen die Demonstranten vorgingen, also zum Beispiel Autofahrer, die verbal oder körperlich übergriffig wurden und etwa Blockierer von der Straße zerrten.
Slowik sagte weiter: "Die Qualität der Proteste hat sich nicht verändert. Es bleibt weiterhin vor allem bei Vorwürfen der Nötigung, des Widerstandes gegen die Polizeikräfte und Sachbeschädigungen." Die Gesamtzahl der Verdächtigen liege bei 1.158. Viele davon seien mehrfach aktiv geworden.
"Zuletzt änderte sich die Taktik: weg von vielen kleinen Blockaden hin zu wenigen größeren Aktionen, sogenannten Massenprotesten", sagte die Polizeipräsidentin. So hätten sich am 28. Oktober 600 Demonstranten an einem Protest beteiligt und 154 von ihnen auf der Straße festgeklebt. Dabei sei die "Letzte Generation" zum Teil auch von ausländischen Gruppen unterstützt worden, etwa aus den Niederlanden. "Zuletzt wurden die Aktionen weniger, es ist für uns schwer zu sagen, ob das am Winter liegt oder eine Entwicklung auf Dauer ist, weil sich inzwischen weniger Unterstützer mobilisieren lassen", sagte Slowik.
Den nächsten Massenprotest in Berlin hat die "Letzte Generation" derweil für den 3. Februar angekündigt. Erwartet würden 1.000 Menschen, der genaue Ort werde noch bekannt gegeben, heißt es auf der Internetseite der Gruppe.
Die Farbattacke auf das Brandenburger Tor hatte viel Kritik zur Folge und hinterließ großen Schaden. Das Berliner Wahrzeichen ist inzwischen wieder sauber. Nun beginnt die juristische Aufarbeitung.
Hunderttausende Arbeitsstunden für die Polizei
Die Polizei sei durch die Straßenblockaden und andere Aktionen massiv belastet worden, insgesamt komme man im vergangenen Jahr auf 320.000 Arbeitsstunden auf der Straße - und da sei die Bearbeitung der Anzeigen durch die Sachbearbeiter noch nicht mitgerechnet, sagte Slowik. "Zum Vergleich eine Größenordnung: Das ist so viel wie die 1.800 Polizisten der Berliner Einsatzhundertschaften im Jahr 2022 im Bereich der Verkehrssicherheit unterwegs waren."
Mit Blick auf im Vorjahr mit Farbe besprüht Wahrzeichen sagte Slowik: "Wir müssen realistisch bleiben. Ein kompletter Schutz von Denkmälern wie dem Brandenburger Tor rund um die Uhr ist angesichts der Vielzahl in unserer Stadt nicht möglich." Allein für das Brandenburger Tor bräuchte man rund um die Uhr mehrere Dutzend Polizisten.
Polizeipräsidentin fordert Einstufung als kriminelle Vereinigung
Effektiver wäre es, bei Gruppen wie der "Letzten Generation" den Geldzufluss zu stoppen, sagte Slowik. Mit Spendengeldern und anderen Einnahmen zahlten die Gruppen den Lebensunterhalt von Aktivisten und Aktivistinnen sowie Strafen und Schadensersatzforderungen.
Um die Finanzströme zu unterbinden "müsste die 'Letzte Generation' durch die Staatsanwaltschaft rechtlich als kriminelle Vereinigung bewertet werden", betonte Slowik. "Auch schnelle Entscheidungen von Gerichten über hohe Schadenersatzforderungen, etwa von Fluggesellschaften oder Einkaufszentren nach Beschädigungen, würden helfen und die Aktionsmöglichkeiten der Gruppe einschränken."
Die Berliner Staatsanwaltschaft sieht keinen Anfangsverdacht, dass es sich bei der "Letzten Generation" um eine kriminelle Vereinigung handelt. Generalstaatsanwältin Koppers will das jetzt neu prüfen - auch wegen kürzlicher Aktionen der Gruppe.
Die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) hatte bereits im vergangenen Sommer in ihrem Haus prüfen lassen, ob die Gruppe als kriminelle Vereinigung einzustufen ist. Anlass war damals, dass das Landgericht Potsdam im benachbarten Brandenburg den Anfangsverdacht gesehen hatte, dass es sich bei der Klimagruppe um eine kriminelle Vereinigung handeln könnte. In Berlin wurde der Anfangsverdacht von der Staatsanwaltschaft verneint.