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Super.Markt | Alternativen zum Tierheim
Manchen Tierhaltern fehlt die nötige Zeit, andere müssen umziehen und dürfen im neuen Domizil kein Tier halten: Es gibt viele Gründe, die eine Abgabe des Haustiers nahelegen. Doch das Tierheim sollte dabei die letzte Option sein. Von Marina Wenk
Es wird voll: 2023 gab es 3.700 Abgabeanfragen im Berliner Tierheim, darunter neben Hunden und Katzen auch Wellensittiche, Meerschweinchen oder Exoten wie etwa Schlangen. Insgesamt waren das fast 25 Prozent mehr Anfragen als im Vorjahr. Platz hat das Berliner Tierheim auf seinem 16 Hektar großen Gelände aber nur für 1.300 Tiere, davon rund 300 Hunde. In Cottbus und auch in kleineren Tierheimen der Region sind die Kapazitäten ähnlich ausgereizt.
Wer sich also ein Tier anschafft und dieses wieder abgeben muss oder möchte, könnte Schwierigkeiten bekommen. Manchmal bleibt allerdings keine andere Wahl – so wie bei einer Berliner Alleinerziehenden, die durch eine Eigenbedarfskündigung vor dem Problem stand: Hund oder Wohnung? Der Eigentümer der neuen Wohnung duldete keine Hundehaltung, eine andere Wohnung fand die alleinerziehende Mutter aber nicht.
Fünf Monate lang suchte die Frau, die dem rbb bekannt ist, aber anonym bleiben möchte, nach einem neuen, liebevollen Zuhause für ihre Englische Bulldogge Paco. Als der Umzug anstand, hatte sie für Paco immer noch keinen Platz gefunden. Das Tierheim Berlin sprang in der akuten Notsituation ein. Seitdem lebt Paco im Hundehaus – schmerzlich vermisst von seiner alten Familie: "Es hat uns quasi das Herz gebrochen, unser Tier in die Obhut von anderen Menschen abzugeben", sagte die Halterin dem rbb.
Grundsätzlich sollte das Abgeben im Tierheim immer die allerletzte Option sein. Eva Rönspieß, Vorstandsvorsitzende des Tierheims Berlin, klopft bei Abgabeanfragen deshalb gemeinsam mit den Tierhalter:innen erst einmal andere Möglichkeiten ab, etwa, ob das Tier nicht auch bei Freunden oder in der Familie unterkommen könnte.
Gerade bei akuten Notsituationen könne es aber auch eine Option sein, das Tier mittelfristig in einer Tierpension unterzubringen, so Eva Rönspieß. Diese Option kostet allerdings zwischen 600 und 900 Euro für einen Monat Aufenthalt. Lässt sich ein längerer Aufenthalt in einer Tierpension nicht vermeiden, sollte vorab mit dem Hund geübt werden. Alleinlebende Menschen können vorsorgen, indem sie vorab eine passende Tierpension aussuchen und auch Geld dafür zurücklegen. So kann im akuten Notfall die Pension einspringen. Und auch für die Urlaubszeit ist sie eine verlässliche Option.
Einige Kund:innen des Hundehotels kommen schon vor dem Hundekauf vorbei, um die Betreuung sicherzustellen. Neben Langzeitaufenthalten gibt es auch Tagesgäste. Die Kosten für einen Tag Betreuung im Hundehotel liegen in der Regel zwischen 25 und 35 Euro.
Tierheimleiterin Rönspieß hat öfter Diskussionen mit Menschen, die es nicht akzeptieren wollen, dass das Tierheim keinen Platz für ihr Tier hat. "Wir merken im Gespräch mit den Personen oft: Die sind einfach völlig überfordert. Die haben sich das mit dem Tier ganz anders vorgestellt." In der Corona-Pandemie ist die Zahl an Hundehaltern massiv angestiegenen. Laut Expert:innen wurden Hunde oft unüberlegt angeschafft, die Halter:innen gingen nicht ausreichend auf die Bedürfnisse der Tiere ein.
Hunde können aber zum Beispiel aus einer Unterforderung heraus aggressiv werden, viele Rassen, gerade Hüte- oder Wachhunde, brauchen also nicht nur Futter und Gassirunden, sondern immer wieder auch eine Beschäftigung.
Die Statistik verzeichnet einen Anstieg der Beißvorfälle bei Hunden - sogar von Rassen wie Golden Retrievern, die eigentlich als sehr friedfertig gelten. Laut Experten ist das vielfach auf eine falsche Haltungsweise und mangelnde Erfahrung der Besitzer:innen zurückzuführen. Deshalb bleibe immer die Frage, ob auch alles getan wurde, um mit dem Tier wieder klarzukommen, sagt Tierheim-Chefin Rönspieß. Wenn ein Hund auffällig ist, können Tiertrainer helfen. Einzeltrainings kosten zwischen 50 und 200 Euro für eine Einheit.
Wenn die Abgabe des Tieres die einzige verbleibende Option ist, können in Notfällen das Veterinäramt oder die amtliche Tiersammelstelle helfen. Dabei geht es dann etwa um Tiere, deren Betreuung nicht mehr sichergestellt werden kann, zum Beispiel, weil jemand verstorben ist, erläutert Rönspieß.
Wenn ein Halter selbst nach einer Unterbringungsmöglichkeit sucht, um sein Tier komplett abzugeben, muss mittlerweile deutschlandweit nach einem Platz im Tierheim gesucht werden. Vereinzelt haben Tierheime noch Plätze frei. Eine Übersicht gibt es zum Beispiel beim Deutschen Tierschutzbund. Manche Tierheime vermitteln auch Pflegestellen und bieten an, das Tier auf ihren Vermittlungsseiten einzustellen.
Wenn es nur um die zeitweilige Betreuung eines Hundes oder einer Katze geht, helfen Dog- oder auch Cat-Sharing: Freunde oder Nachbarn teilen sich die Betreuung eines Tieres. So teilt sich nicht nur die Arbeit auf mehrere Personen auf, sondern auch die Freude an dem Tier. Geeignete Partner oder Partnerinnen für die Tierbetreuung finden sich in verschiedenen Foren wie Hundelieb oder Apps wie Patzo oder Dogshare, die allesamt Dogsharing-Partner:innen zusammenführen.
Am besten sei es, wenn sich Menschen vor der Anschaffung von Tieren Gedanken darüber machten, ob sie dem neuen Familienmitglied ein Leben lang ein Zuhause geben können, sagt Rönspieß. "Ich muss darüber nachdenken: Habe ich eine Urlaubsvertretung, habe ich eine Krankenvertretung?", so Rönspieß. Tierheime helfen bei der Beratung.
Viele Leute dächten auch vorher nicht darüber nach, dass Tierhaltung auch eine finanzielle Belastung sein kann, sagt Rönspieß. "Der Deutsche Tierschutzbund hat mal ausgerechnet, dass ein Hund in seinem Leben zwischen 10.000 und 17.000 Euro kostet."
Pacos Bedürfnisse wären mit einem gemütlichen Sofa und einem Garten vollends gedeckt. Die Hoffnung ist jetzt, dass er schnell vermittelt wird. Das geschieht nach Angaben des Tierheims meist innerhalb von einigen Wochen oder Monaten. Die, die in dieser Zeit nicht vermittelt werden, bleiben oft über Jahre im Tierheim - manche bis zu ihrem Tod.
Sendung: Super.Markt, 15.01.2024, 20:15 Uhr
Beitrag von Marina Wenk
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