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Audio: rbb24 Abendschau | 22.01.2024 | Laurence Thio | Quelle: dpa/AP/Markus Schreiber

Tarifstreit mit der Deutschen Bahn

GDL ruft von Mittwoch bis Montag zum Streik auf - S-Bahn legt Notfahrplan vor

Mit einem neuen Tarifangebot wollte die Deutsche Bahn die Gewerkschaft der Lokführer wieder an den Verhandlungstisch holen. Daraus wird erst einmal nichts: Die GDL ruft vielmehr für sechs Tage zum Streik im Personenverkehr auf.

Die Lokführergewerkschaft GDL hat die Beschäftigten der Deutschen Bahn zum nächsten Streik aufgerufen. Dieser werde im Personenverkehr am frühen Mittwochmorgen um 2 Uhr beginnen und bis Montag kommender Woche, 18 Uhr dauern, teilte die Gewerkschaft in der Nacht zu Montag mit.

Die Gewerkschaftsmitglieder bei der für Güterverkehr zuständigen DB Cargo sind bereits ab Dienstag, 18 Uhr, zum Streik aufgerufen. Für Pendlerinnen und Pendler stehen damit erneut schwierige Tage mit absehbar Tausenden Zugausfällen bevor. Neben dem Fernverkehr werden erneut auch Regionalzüge sowie die Berliner S-Bahn von den Arbeitsniederlegungen betroffen sein. Die S-Bahn kündigte am Montagmorgen auf X "massive Fahrplaneinschränkungen" an.

Notfahrplan der S-Bahn vorgestellt

Die S-Bahn bietet während des Streiks einen Notfahrplan an. Der sieht von Mittwoch, 2 Uhr, bis Montagabend, 18 Uhr, einen 20-Minuten-Takt auf folgenden Strecken vor:

Folgende Linien fahren während des Streiks nicht: S1, S2, S25, S26, S41, S42, S45, S47, S7, S75, S8, S85

Der Bus-Ersatzverkehr der S1 fährt wie sonst auch. Außerdem fahren im 20 Minuten-Takt Ersatzverkehr-Busse auf der Strecke der S25 zwischen Hennigsdorf, Tegel, und U Paracelsius-Bad. Zwischen Teltow-Stadt und Lichterfelde-Ost sowie auf der Strecke der S2 zwischen Südkreuz und Blankenfelde fahren sie alle zehn Minuten. Die S-Bahn wies am Montag daraufhin, dass Fahrgäste auch nach Streikende am Montagabend noch mit Einschränkungen rechnen müssten. Die BVG ist von dem Bahnstreik erneut nicht betroffen.

Odeg will Angebot aufrecht erhalten

Die privat betriebene Verkehrsgesellschaft Odeg teilte wie schon bei den vorangegangenen Bahnstreiks mit, sie halte ihr Regionalangebot in Brandenburg und Berlin aufrecht. "Auch wenn die ODEG nicht direkt bestreikt wird, kann es zu Störungen und Unregelmäßigkeiten im Betriebsablauf auf allen Linien der ODEG kommen", teilte das Unternehmen gleichwohl auf seiner Internetseite [odeg.de] mit.

Die Ostdeutsche Eisenbahn nutzt die Infrastruktur der Deutschen Bahn und bedient in Berlin und Brandenburg 15 Linien, darunter die RE1 von Brandenburg / Havel über Potsdam, Berlin, Frankfurt (Oder) bis Cottbus. Fahrgästen wird empfohlen, vor Reiseantritt auf aktuelle Informationen zu achten.

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Bahnvorstand reagiert mit scharfer Kritik

Die Deutsche Bahn (DB) kritisierte die erneute Streikankündigung scharf. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Richard Lutz, sagte am Montag in Berlin, die Bahn habe der Gewerkschaft erst am Freitag ein neues Angebot vorgelegt, setze auf Kompromisse und wolle an den Verhandlungstisch zurückkehren. Dort würden Tarifverträge gemacht, verhandelt und gefunden. Aber anstatt endlich zu verhandeln, stürze sich die GDL in den nächsten langen Streik, unter dem das ganze Land leide. Die GDL verschärfe den Konflikt und setze auf Eskalation. Lutz forderte die Gewerkschaft auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Das am Freitag vorgelegt Angebot sah unter anderem eine Option zu einer Stunde weniger Arbeitszeit für Lokführer und Zugbegleiter ab dem 1. Januar 2026 vor. Für neue Verhandlungen reichte dies aber offenbar nicht aus. "Mit dem dritten und angeblich verbesserten Angebot hat die Deutsche Bahn AG erneut gezeigt, dass sie ihren bisherige Verweigerungs- und Konfrontationskurs unverdrossen weiter verfolgt - von Einigungswillen keine Spur", hieß es in der GDL-Mitteilung.

Der nun angekündigte Arbeitskampf wäre der vierte im laufenden Tarifkonflikt. Vor dem Jahreswechsel legte die GDL bei zwei Warnstreiks große Teile des Personenverkehrs lahm, im Januar folgte dann ein dreitägiger Streik mit ähnlicher Wirkung. DB-Personalvorstand Martin Seiler kritisierte am Freitag, dass die GDL Streiks nicht als letztes Mittel einsetze, sondern als Mittel der Selbstinszenierung.

Protestforscher zu Radikalisierung

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DB-Angebot hat 32-monatige Laufzeit

Das am Freitag präsentierte Angebot der Bahn sieht 4,8 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten ab August und weitere 5 Prozent mehr ab April 2025 vor. Zudem ist die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie gleich nach einem möglichen Tarifabschluss vorgesehen. Die Laufzeit soll dem DB-Angebot zufolge bei 32 Monaten liegen.

Lokführern und Zugbegleitern bietet die Bahn darüber hinaus an, ab dem 1. Januar 2026 die Arbeitszeit bei gleichem Gehalt von 38 auf 37 Stunden zu reduzieren. Wer sich gegen die Absenkung entscheidet, bekommt gemäß dem Angebot stattdessen 2,7 Prozent mehr Geld. In Summe erhielten die Beschäftigten, die bei der aktuellen Arbeitszeit bleiben, mit dem Angebot brutto 13 Prozent mehr Geld als jetzt. Die GDL fordert 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie bei 12 Monaten Laufzeit.

Bildergalerie

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Keine Verhandlungen seit 24. November

Viel wichtiger ist der Gewerkschaft den öffentlichen Aussagen zufolge aber eine Arbeitszeitreduzierung für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich. Die Forderung hält die Bahn in diesem Umfang für unerfüllbar, auch weil dann zu viel neues Personal gebraucht werde. Schon jetzt gibt es bei Lokführern und auch in anderen Bahn-Berufen einen Fachkräftemangel.

Der Tarifkonflikt zwischen der Bahn und der GDL läuft seit Anfang November. Die GDL erklärte die Gespräche bereits nach der zweiten Verhandlungsrunde für gescheitert. Seit dem 24. November wurde daher nicht mehr verhandelt. Nach einer Urabstimmung unter den GDL-Mitgliedern sind auch unbefristete Streiks möglich.

Sendung: rbb24 Inforadio, 22.01.2024, 07:40 Uhr

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