Teile Ostbrandenburgs seit einem Jahr seuchenfrei
Seit über drei Jahren kämpfen Behörden und Anwohner in Brandenburg gegen die Afrikanische Schweinepest. In einigen Teilen sogar mit großem Erfolg. In Oder-Spree wurde ein Jahr lang kein Fall mehr festgestellt. Jetzt sollen weitere Einschränkungen fallen.
Die Afrikanische Schweinepest (ASP) scheint in Brandenburg auf dem Rückzug zu sein. Seit Ausbruch der Tierseuche im September 2020 hat das Land aktuellen Angaben zufolge 133 Millionen für die Schutzmaßnahmen ausgegeben. Dazu zählen beispielsweise Schutzzäune, die sogenannte Fallwildsuche oder Jagdprämien. Konfliktfrei lief das alles nicht, wie das Beispiel eines Betriebs in Birkholz in der Nähe von Beeskow (Oder-Spree) in den vergangenen Jahren gezeigt hat.
Auf dem Gut Hirschaue wird unter anderem eine seltene Schweinerasse in Freigehegen gehalten. Mittlerweile gibt es dort aber nur noch 13 von einst über 100 Sattelschweinen. Der Grund: Das Gut liegt am Rand eines sogenannten gefährdeten Gebiets der Afrikanischen Schweinepest - also im Radius von 25 Kilometer um einen Fundort. Ein Jahr lang durften die Sauen deshalb nicht gedeckt werden. So fehlt eine Generation, sagt Halter Michael Staar.
Zeitweise mussten die Schweine in eine Art "Exil-Gehege" ins rund 25 Kilometer entfernte Fürstenwalde. Sie galten als Übertragungsrisiko. Das war übertrieben, so Staar heute. "Es ist sehr bitter, dass man so stark kämpfen musste und dass man auch diesen Schaden akzeptieren muss. Es gab keine Entschädigung."
Über 100.000 Euro habe der Bio-Hof durch die ASP-Maßnahmen verloren, sagt der Landwirt. Da das Gut aber eine eigene Schlachtung und Verarbeitung hat, sei die Aussicht gut, als regionaler Betrieb wieder auf die Beine zu kommen.
Exportabhängige konventionelle Schweinemäster haben es da schwerer. Nach dem Ausbruch der ASP bei Wildschweinen hatten zahlreiche Länder zwischenzeitlich mit einem Einfuhrverbot für deutsches Schweinefleisch reagiert.
Im Seuchengeschehen scheint das Schlimmste jetzt überstanden. Insgesamt wurden nach Angaben des Landesverbraucherschutzministeriums bis heute 3.268 Fälle nachgewiesen [msgiv.brandenburg.de]. Der letzte Fall in Brandenburg ist Anfang Februar im Landkreis Spree-Neiße festgestellt worden. Hier wurde ein infizierter Kadaver bei Rehnsdorf entdeckt, wie der Landkreis dem rbb auf Nachfrage mitteilte. In Sachsen, in der Region Bautzen, tobt die Schweinepest noch immer.
Im Kreis Oder-Spree wurde das letzte an der Krankheit verendete Tier dagegen Ende Januar des vergangenen Jahres gefunden. Seitdem ist die Weste weiß, sagt Veterinäramtsleiterin Petra Senger. "Wir sind nach 3,5 Jahren intensiver Bekämpfung an der Stelle, dass wir eine gute Wirksamkeit erreicht haben. Das heißt, wir haben das Virus getilgt und seit einem ganzen Jahr keine positiven Nachweise mehr."
Das hat Folgen für die Sperrzonen. 2023 konnte die strengere Zone 2 schon ein wenig zurückgesetzt werden. Diese erstreckt sich auf einem Streifen im äußersten Osten Brandenburgs südlich von Frankfurt (Oder) über Märkisch-Oderland, dem Barnim bis in die Uckermark. Noch in diesem Quartal sollen weitere Lockerungen folgen und große Teile in den Status der Sperrzone 1 - der Pufferzone - überführt werden. Diese gilt als seuchenfrei und weist kaum noch Beschränkungen auf. Für Landwirte bedeutet dies ebenfalls weitere Erleichterungen. "Bevor sie ihre Felder bestellen, wird da immer und überall nochmal geguckt. Was insbesondere wichtig ist, ist, dass die Schweinehalter ihre Biosicherheitsmaßnahmen weiter hochhalten", so die Amtstierärztin.
Ein entsprechender Antrag für die Lockerungen ist nach einem seuchenfreien Jahr möglich und wurde bei der Europäischen Union gestellt. Dort werden die Lage und die getroffenen Maßnahmen beurteilt. Erst dann werde entschieden, wo welche Gebiete bleiben und welche Regelungen dort gelten, so Senger.
Kaum Änderungen soll es hingegen im Kreis Spree-Neiße geben. Und auch der strenge Schutzkorridor an der deutsch-polnischen Grenze bleibt. Denn von der polnischen Seite aus, so das Verbraucherschutzministerium, gebe es nach wie vor die Gefahr, dass die Afrikanische Schweinepest wieder neu eingetragen werden könne. Von Sachsen bis nach Mecklenburg-Vorpommern wurde deshalb die sogenannte Weiße Zone nach Polen errichtet, in der die Schwarzwild-Population komplett auf Null gehalten werden soll.
Zwar gebe es dort nach wie vor Wildschweine. Das Gebiet werde aber mit Drohnen überwacht. Bei Tiersichtungen würden unverzüglich Jäger für den Abschuss herangezogen. "Das wird noch eine ständige Aufgabe bleiben", sagt Veterinäramtsleiterin Senger.
Allerdings werden die Zäune manchmal auch zu Todesfallen für andere Tiere. Das zeigen Fälle von verendeten oder verletzten Rehen im Nationalpark Unteres Odertal. Die Seuche deshalb einfach durchlaufen lassen, kommt für Amtstierärztin Senger aber nicht in Frage. "Wenn man das erste Mal in so einer infizierten Rotte drinsteht, die da vor sich hinstirbt, ist das ist mit Sicherheit etwas, was einen mitnimmt. Auch für einen Tierarzt, der in seinem Berufsleben viel gesehen und mit dem Töten von Tieren zu tun hat. Das hat mich zu der Überzeugung geführt, dass man diese Schwarzwild-ASP nicht durch die Wildpopulation einfach durchlaufen lassen darf. Das haben die Schwarzkittel auch nicht verdient."
Die freilaufenden Sattelschweine vom Gut Hirschaue indes sind hinter ihren insgesamt drei Zäunen nicht weniger geschützt als andere Hausschweine. Das haben die Landwirte nun auch schriftlich. Eine neue Leitlinie des Bundesverbraucherschutzministeriums [fli.de] bescheinigt ihnen, dass ihre Haltungsform kein höheres Risiko darstellt als bei Tieren, die im Stall leben.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 07.02.2024, 19:30 Uhr
Von Fred Pilarski mit Material von Tony Schönberg
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