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Video: rbb Der Tag | 08.02.2024 | Cenan Köhler | Quelle: rbb/Julian von Bülow

Kostümtrends zu Karneval

"Superman ist nicht tot zu kriegen"

Am Sonntag geht es mit dem Zug der fröhlichen Leute in Cottbus los, ehe am Montag bundesweit die Kamellen fliegen. Jecken und Jeckinnen schmeißen sich in Schale, doch was sind die aktuellen Trends und welche Kostüme sind nie wegzudenken? Von Julian von Bülow

Kurzarbeit startet

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Der Streik in Hollywood lähmt eine ganze Branche. Große Produktionen finden nicht statt. Das wirkt sich auch auf das traditionsreiche Studio Babelsberg aus - nun geht ein Teil der Belegschaft in Kurzarbeit. Von Jacqueline Piwon

Bunt, grell, glitzernd soll es sein. Abba sowie Barbie und Ken sind derzeit besonders gefragt. Das hänge vermutlich mit der holografischen Welttournee der Band und dem prämierten Kinofilm des Kultspielzeugs zusammen, erzält Susane Hildebrand-Potthoff. Sie betreibt den Kostümverleih Schnick Dee in Berlin-Schöneberg. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Kostümgeschäftkette Deiters mit 30 Filialen in Deutschland: Barbie, Ken und glänzende Kostüme im 'Metallic'-Look stehen ganz oben auf der Trendliste des Unternehmens.

Auch Willy Wonka aus der Neufassung von Charlie und die Schokoladenfabrik sei wieder hoch im Kurs, sagt Hildebrand-Potthoff. Superhelden hingegegen erlebten eine kleine Durststrecke, vermutlich auch wegen des vergangenen Autorenstreiks in Hollywood, vermutet die Ladeninhaberin. Gleichzeitig deute das darauf hin, dass bald die nächste Superheldenwelle kommen könnte.

Ute Kurze in ihrem Fundus | Quelle: rbb/Jannis Byell

In Cottbus kleidet Schneidermeisterin und Kostümverleiherin Ute Kurze die Karnevalist:innen mit bis zu 500 Kostümen ein. In dieser Saison seien neben Glitzerklamotten auch Tierkostüme und die Garderobe aus den 1920ern sehr gefragt. Häufig geben Karnevalsvereine auch ein Motto vor, das schlage sich dann auch in der Kostümwahl nieder, sagt sie. Ihr Schatz: Ein Schneewittchen-Kostüm. "Aber das muss eine große, kräftige Dame tragen. Gern wird das Kostüm auch von Herren genutzt, die sich einfach einen Spaß machen oder irgendwo ein Märchen aufführen", erzählt Kurze.

Für ein Kostüm 20 bis 50 Euro

Wer jetzt noch ein Kostüm brauche, finde auf jeden Fall noch etwas. Die Preisspanne für Kostüme liege meist bei 20 bis 55 Euro je nach Ausstattung, sagen die beiden Kostümverleiherinnen in Berlin und Cottbus. Nach drei Tagen, meist nach dem Wochenende, müsse man die Stücke dann wieder zurückbringen. Dann würden sie gewaschen, um für das nächste Wochenende bereit zu liegen, erklären die beiden.

Praktisch für Johannes, der gerade in den Schöneberger Laden kommt. Den habe er vorher per Google Maps gefunden. "Eigentlich ist Karneval für mich kein Thema, eher für meine Freundin", sagt er. Zusammen fahren sie zu einer Geburtstagsfeier nach Köln, da sollen alle im 20er-Jahre-Look erscheinen. Deswegen habe er sich für ein Kostüm aus der Serie Peaky Blinders entschieden, die in jener Zeit spielt.

Susanne Hildebrand-Potthoff hilft bei der Kostümanprobe | Quelle: rbb/Julian von Bülow

Seit rund 22 Jahren hat Susanne Hildebrand-Potthoff ihr Kostümgeschäft, da merkt sie auch so manche dauerhafte Veränderung: "Früher ging man in die Karnevalssitzungen gerne barock mit preußischem Blaurock gekleidet. Heute darf es auch ruhig ein bisschen glitzerig oder an den Zirkus angelehnt sein", sagt die Schönebergerin. Auch verblassen manche Helden von einst: "Harry Potter ist ein bisschen aus der Mode gekommen, weil die Fans jetzt ein entsprechendes Alter erreicht haben." Und die Kundschaft achte mehr auf Nachhaltigkeit: Lieber gute Qualität leihen, statt günstige Polyester-Kostüme kaufen, die nach zweimal tragen in der Tonne landen.

Es gibt aber auch Konstanten im Kostüm-Business: "Superman und Spiderman sind nicht tot zu kriegen!", sagt Hildebrand-Potthoff. "Und die 1920er waren immer Top-Thema in Berlin - seit ich den Laden aufgemacht habe. Das wird auch immer so bleiben. Berlin und die 1920er Jahre, das ist so ähnlich wie Paris und die Liebe." Generell bleibe die Mode der vergangenen Jahrzehnte für ihre Kundschaft attraktiv, allein wegen der vielen Motto-Partys.

Kindheitsträume verwirklichen

Neben dem besten der 60er, 70er und 80er gehören laut Hildbrand-Potthoff Kapitän, Matrose oder orientalische Prinzessin unbedingt zum Fundus dazu. Mit den Figuren können laut der Ladeninhaberin die Kund:innen Kindheitsträume ausleben. Denn die Verkleidung habe eine befreiende Wirkung: "Viele Menschen merken plötzlich: Boah, ich kann mit lauter Stimme reden, singen, tanzen. Ich kann viele Dinge machen, die ich mir im Alltag eigentlich nicht zutrauen würde", sagt Hildebrand-Potthoff. Diesen Entdeckungen beizuwohnen möge sie sehr.

Gelegenheiten dafür gibt es übers Jahr gesehen häufiger als man vielleicht denkt. Bei Kostümen haben viele schnell Karneval und Halloween im Kopf. Dabei mache das nur ein Teil der Saison aus, so die Kostümverleiherinnen. Es gibt 30 bis 35 Weihnachtsmann-Kostüme für Weihnachtsfeiern, die Schlagermoves, Christopher-Street-Day-Paraden und Oktoberfeste, so Susanne Hildebrand-Potthoff.

Und es kommen bei Weitem nicht nur Veranstaltung in der Region in Frage: Viele Berliner:innen etwa würden auch zum Kölner Karneval oder auf die Müchner Wies'n fahren. Die Cottbuserin Ute Kurze verlieh schon ein Kostüm, das dann in Malaysia getragen wurde. "Die Leute wohnen hier, arbeiten hier, machen dort Urlaub und werden von Freunden eingeladen", erklärt Kurze sich das.

Die Menschen machen den Beruf interessant

Das Schöne daran, einen Kostümverleih zu betreiben, sei, dass jeden Tag schön Dinge passierten, sagt Hildebrand-Potthof. "Letztens hatte ich einen Mann da, der war als Herr aus der Jahrhundertwende bekleidet. So im Gehrock mit hohem Zylinder. Er traf sich am Sonntag mit seinen Tennis-Kollegen in einem Café. Da saß eine ältere Dame und sagte: Dass ich das mit meinen trüben Augen noch sehen darf. Ein Herr - so elegant gekleidet wie Sie. Der erste Cappuccino geht auf mich." So habe er ihr das geschildert, das sei doch süß.

Natürlich sei das Leben als Selbstständige nicht immer einfach, sagt die mittlerweile 60-jährige Ladeninhaberin. Es gebe immer mal Phasen, wo sie keine Lust habe, Knöpfe für Oktoberfest-Lederhosen anzunähen. Sich verwirklichen in selbstgemachten Kostümen gehe kaum, dafür sei der Aufwand zu groß, die Preise dann zu hoch. Und monotone Hausarbeit wie Waschen und Bügeln gehöre nun mal auch zum Betrieb dazu.

Aber dann gebe es doch die inspirierenden, kreativ-herausfordernden Begegnungen mit Kund:innen. Am Nachmittag käme etwa ein junger Mann aus Hamburg, der im Tegeler Fließ einen historischen Film dreht. "Da gehe ich gedanklich mit und frage: Wo denn da? Dann stehen sie bis zu den Knien im Matsch. Es hat doch viel geregnet." Aber er meinte: "Da ist eine Sandfläche. Wie können wir das hinkriegen mit dem und dem Kleid?" Mit solchen Fragen komme sie wieder raus aus ihrem Alltag.

Mitarbeit: Jannis Byell

Sendung: rbb Der Tag, 08.02.2024, 14 Uhr

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